- 83. LUST, Sommerlust 05 (Juni/Juli/August)
-
- Wie die Männermacht über die
Frau den Männern schadet und den Frauen nutzt
Die Macht der Männer über die
Frauen, die schon mehr als 3.000 Jahre anhält, hat sich
mit der Macht einer wirtschaftlich herrschenden Klasse kombiniert.
Frauen und Männer werden ausgebeutet, und Männer üben
Macht über Frauen aus. Gerade die Männer- und die Frauenrolle
machen beide zu Sklaven anderer Interessen, und es ist dabei
nicht ausgemacht, dass Männer wirklich gegenüber den
Frauen den Vorteil haben. Dies meint Warren Farell in der Einleitung
seines Buches Mythos Männermacht
-
- Männermacht
Jede Frau und jeder Mann weiß, dass wir in einer Gesellschaft
leben, die patriarchalisch ist.
Männer sitzen in den gesellschaftlichen Schlüsselpositionen
und erwarten, von ihren Frauen bedient zu werden. In einer ganzen
Reihe von Staaten sind Frauen aus allen gesellschaftlichen Bereichen
ausgeschlossen. Frauen und Männer sehen dies mit offenen
Augen. Aber unter diesen augenfälligen Tatsachen gibt es,
glaubt man dem Autor, noch eine zweite Ebene, die weniger intensiv
untersucht wird.
Männer hörten nicht nur, sondern glaubten auch
all die Behauptungen über die Frauendiskriminierung (Frauen
sind öfter Opfer von Gewalt, die Gesundheit von Frauen wird
weniger wichtig genommen als die von Männern, Frauen bekommen
für die gleiche Arbeit weniger Geld, Ehemänner schlagen
ihre Frauen öfter als umgekehrt, Männer haben mehr
Macht, wir haben in einer patriarchalischen, sexistischen, männerdominierten
Welt gelebt). Viele Männer verurteilten diese Frauendiskriminierung
und stimmten der Notwendigkeit von Diskriminierung
von Männern zu (Frauenförderprogramme, von der Regierung
unterstützte Frauenbeauftragte in fast jedem Staat und Land,
Frauenstudien, Frauenzentrum, Hilfsprogramme der Regierung für
Frauen, Kleinkinder und Kinder ...) (Warren Farell in der
Einleitung seines Buches Mythos Männermacht)
Aus der Betrachtung der Männermacht und der Frauenunterdrückung
heraus ist ein Forderungskatalog von Frauen an Männer entstanden:
* Männer haben nun einmal immer noch die ökonomischen
Mittel, eine Frau als ihren Besitz zu betrachten.
Und wenn Frauen sich ökonomisch unabhängig machen,
werden sie spätestens bei der Geburt eines Kindes wieder
in eine Abhängigkeit vom Mann getrieben, weil sie von der
Gesellschaft, der öffentlichen Meinung und durch ganz handfeste
strukturelle Gegebenheiten nicht nur keine Unterstützung
für ihre Selbständigkeit erfahren, sondern noch dafür
bestraft werden durch offene und verdeckte Diskriminierung.
* Politische Aktivität ist für Frauen noch immer nicht
ganz normal. Dadurch aber können Frauen keinen
Einfluss auf Entscheidungsprozesse ausüben. Die wenigen
politisch hervortretenden Frauen sind außerdem noch oft
frauenfeindlich eingestellt, sie fallen sich selbst und anderen
Frauen in den Rücken.
* Die soziale Ohnmacht der Frauen ist durch ihr Eingebunden-Sein
in Familie und Haushalt gegeben. Die ungeheure soziale Bedeutung
dieser Aufgaben wird ihnen jedoch in keiner Weise angemessen
honoriert. Sie erhalten keine Bezahlung und werden in unserer
monetären Gesellschaft auch noch deshalb dafür gering
geachtet. Die Rosen zum Muttertag haben deshalb für Feministinnen
besonders viele Dornen.
* Psychisch ergibt sich aus allem eine grundlegende Unsicherheit,
ein Gefühl der Machtlosigkeit bei Frauen, das so weit gehen
kann, und meist auch geht, dass sie nicht einmal mehr ihre Unterdrückung
wahrnehmen. Das ist eine Erfahrung, die fast alle Frauen, gleich
welcher sozialen Schicht, machen. Ich selbst habe Jahre hindurch
meine eigene Person ausgenommen, wenn ich von der Unterdrückung
der Frau im Patriarchat sprach. Ich verstand z.B. meine Entscheidung,
acht Jahre lang aus dem Beruf auszusteigen, um Kinder großzuziehen,
als ganz private Angelegenheit. Dass für meinen Mann eine
solche Entscheidung nie anstand, dass ich selbstverständlich
- obwohl ich mehr verdiente als er - meine Stelle aufgab und
mit ihm in eine andere Stadt zog, wo er eine Stelle bekam - all
das schien mir jahrelang nichts mit meiner Rolle als Frau in
der Gesellschaft zu tun zu haben. Das Private ist politisch
war ein Slogan, den ich mir erst sehr langsam zu eigen gemacht
habe.
Und auch in ihrem eigenen Körperbewusstsein sind Frauen
auf den Mann bezogen. Sie soll für ihn reizvoll sein, muss
für ihn attraktiv bleiben, sonst ist sie keine Frau. Das
wird vor allem deutlich im Alter. Während ein 40- bis 50-jähriger
Mann als besonders attraktiv für junge Frauen gilt, ist
die umgekehrte Beziehung einer älteren Frau mit einem jungen
Mann sozial verpönt. Der Körper der Frau ist Gegenstand
besitzergreifender und gewalttätiger Fantasien und Handlungen
von Männern. Man sollte dabei nicht nur an die Prostitution,
an sexuelle Gewalt oder an die Vermarktung des weiblichen Körpers
in der Werbung denken. Dieses Thema ist durchgängig in allen
Bereichen des Gesellschaft zu finden. Der Sexismus macht im übrigen
auch nicht vor dem therapeutischen Bereich Halt, er zeigt auch
hier seine offene oder versteckte Destruktivität.
Soweit also ein Text aus dem Zusammenhang der Auseinandersetzungen
zwischen Frauenmacht und Männermacht. Die Macht des Mannes
über die Frau wird beinahe als ein Naturgesetz angesehen.
Doch es gab auch andere Machtverhältnisse zwischen diesen
beiden künstlichen Geschlechtsrollen, und in vielen Geschichtsfälschungen
werden andere Machtverhältnisse ideologisch einfach umgedreht.
Man denke nur an die Historiker und die Völkerkundler, die
nur das beobachten wollten und konnten, was ihrem Denkmuster
entsprach.
So gibt es das literarische Beispiel bei der Erforschung der
Eskimovölker. Die Forscher und Missionare berichten über
die Ehegattenprostitution der Eskimos. Forscher und Missionare
bekamen von Eskimomännern ihre Frauen angeboten, so schien
es. Da die Eskimofamilien in Wirklichkeit matriarchalisch leben
bzw. lebten und daher bestimmten, mit wem sie Sex hatten, waren
es die Frauen, die ihre Männer anwiesen, den Gast zum Beischlaf
einzuladen. Das konnten die Forscher und Missionare aus patriarchalischen
Gesellschaften so nicht sehen und auch nicht verstehen.
Nun wissen wir ja dass der Staatsbürger wenig macht gegenüber
dem Staat hat wie auch der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber,
egal welches Geschlecht sie jeweils haben. Und so ist zu trennen
zwischen den Machtverhältnissen im Großen und den
im zwischenmenschlichen Bereich, in der direkten Begegnungen
zwischen den Menschen.
Wollen wir beurteilen, ob in unseren patriarchalischen Gesellschaften
die Männer grundsätzlich Macht über Frauen haben
oder Frauen auch Macht über Männer, benötigen
wir erst einmal die Definition von Macht.
-
- Was ist Macht?
Langjährige LeserInnen der LUST wissen, dass ich zur Beantwortung
von Fragen zur Definition gerne Mayers großes Taschenlexikon
in 24 Bänden benutze, und zwar, weil es mir so vorliegt,
aus dem Jahre 1992. Dort werden die Begriffe, die man begreifen
will, von allen Seiten beleuchtet bzw. von ihrer jeweiligen geschichtlichen
und philosophischen Bedeutung her abgeleitet. Den gesamten Text
des Lexikons unterbreche ich zugunsten von Erklärungen,
die auf unser Thema hinführen. Was wird dort als Macht definiert?
Macht: Verhältnis der Über- und Unterordnung
zwischen Personen, Gruppen, Organisationen oder Staaten. Macht
bedarf im Unterschied zur Herrschaft und zur Autorität nicht
der Anerkennung der von ihr Betroffenen.
- Also, wer Macht hat, kann sie ausüben,
unabhängig vom Willen der Betroffenen. Es ist also, um von
unserem Thema auszugehen, nicht nötig, dass gesetzliche
oder gesellschaftliche Voraussetzungen zugunsten des Mannes oder
der Frau vorhanden sind, wer die Macht zu irgend etwas hat, nutzt
sie.
Nach Max Weber ist Macht die Chance innerhalb einer
sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben
durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht.
- Macht beruht auf ganz verschiedenen unterschiedlichen
Faktoren und/oder Abhängigkeiten, die zugunsten des Machthabers
bzw. der Machthaberin genutzt werden.
Das Widerstreben der Machtbetroffenen, das sich in Widerstandsverhalten
ausdrückt, führt zur Anwendung von Gewalt, mitunter
von den Unterworfenen durch Gegengewalt beantwortet.
- Wer über Macht verfügt, versucht
sie mit allen Mitteln, auch mit selbst ausgeübter oder erkaufter
Gewalt bzw. Brutalität zu erhalten. Wer sich der Macht anderer
entziehen will, benutzt bisweilen Gegengewalt. Es gehört
zu den Machtmitteln der Machthaber, dass sie ihre Gewalt nicht
als solche definieren, und insofern können sie die Gegengewalt
gegen sich als Aggression und Gewalt definieren, den Machthaber
haben meistens auch noch die Definitionsmacht.
Die Verhaltensforschung versucht nachzuweisen, dass die
Erringung von Macht als Bedürfnis nach Selbsterhöhung,
Selbstbestätigung im sozialen Konflikt auch nach Selbstbehauptung
ein allgemeiner Antrieb in den sozialen Beziehung sei.
- In der Verhaltensforschung wird die Ursache
des Machtwillens oder Machstrebens aus der Selbstbehauptung des
Menschens in der sozialen Gemeinschaft abgeleitet.
Die marxistische Theorie der politischen Ökonomie bemüht
sich um den Nachweis, dass Macht aus entgegengesetzten materiellen
(Klassen)inter-essen erwächst und darum jede Erscheinungsform
von Macht auf ökonomische Machtverhältnisse zurückgeführt
werden kann. Wer also im wirtschaftlichen Vorteil ist, so ist
diese Aussage zu verstehen, sorgt dafür, dass es auch so
bleibt und schafft dazu scheinbar unabhängige Strukturen.
Diese Strukturen nutzen ihm nicht nur wirtschaftlich, sondern
auch in anderen Bereichen. Er hat dann also nicht nur wirtschaftliche
Macht über andere, sondern auch gesellschaftliche und persönliche
Macht. Die Ursache gesellschaftlicher und persönlicher Macht
ist daher auch die wirtschaftliche Macht.
Grundlagen von Macht können sein: physische oder psychische
Überlegenheit, Wissensvorsprung, höhere Informiertheit,
überlegene Organisationsfähigkeit und entsprechend
höhere Effizienz, Charisma-Glaube der Machbetroffenen und
Angst bei den Unterworfenen.
- Wer also ein brutalerer Schläger ist,
wer bessere Nerven hat, wer besser weiß, was wirklich abgeht,
wer mehr Leute hinter sich hat, hat auch mehr Macht. Wenn der
Betroffene auch noch Ehrfurcht oder sogar Angst vor dem Machthaber
hat, dann hat der es leichter. Hier würde ich diese Aussage
gerne etwas ergänzen. Im zwischenmenschlichen Bereich können
die o.a. Faktoren Grundlagen von persönlicher Macht sein.
Hinzu kommen hier noch die Faktoren begehrt zu sein, gebraucht
zu werden, die Moral der Gesellschaft interpretieren zu können.
Im gesellschaftlichen Bereich sind das oben im Lexikontext Angegebene
jedoch die Machmittel, die von den Machthabern selber oder durch
ihre bezahlten Kräfte bei Bedarf zum Machtgewinn oder Machterhalt
eingesetzt werden. Grundlagen der Macht kann z-B. das Geld sei,
sich diese Machtmittel zu verschaffen.
In allen auf Demokratie und bestimmte Grundrechte der Menschen
ausgerichteten Gesellschaften besteht das Problem, wie Machtverhältnisse
durch Recht, Gesetz, Verfassung und öffentliche Kontrolle
in institutionalisierte und damit anerkannte und kalkulierbare
Herrschaft überführt werden können (Herrschaft
ist lt. Definition gesellschaftlich oder zumindest gesetzlich
anerkannte Macht, js). Kein Gesellschaftssystem mit komplexer
Sozialorganisation kann zum Schutz seiner Ordnung darauf verzichten,
mit dem Staat ein Monopol physischer Gewaltsamkeit
(Max Weber) zu errichten, um durch Machtmittel staatliche Gewalt
(Gerichte, Polizei, Militär, Strafanstalten), einen politische
ermittelten Allgemeinwillen oder die Rechte von Bürgern
gegen andere Bürger durchzusetzen oder die äußere
Sicherheit des politisch-sozialen Systems zu gewährleisten.
Hier wird also ausgesagt, dass die staatliche Gewalt dazu dient,
die Macht bestimmter gesellschaftlicher Kräfte zu sichern
und die Machtstrukturen zu regeln, also, um es noch genauer zu
sagen: aus faktischer Macht wird anerkannte bzw. legale Herrschaft
gemacht.
Neben den politischen Machtstrukturen in Staat, Wirtschaft,
Gesellschaft bestimmen mannigfache Machtstrukturen die
Behauptung von (z.B. in Rollen von Mann, Eltern, Lehrern, begründeter)
Machtpositionen sowie der Auf- und Ausbau von Machtpositionen
vielfach und wesentlich die Handlungen der Menschen und
die zwischenmenschlichen Beziehungen in allen Lebensbereichen
(Ehe, Familie, Beruf, Kirche, usw.). Überall in der
Gesellschaft finden ständig Auseinandersetzungen um Macht
statt, viele Handlungen zwischen den Menschen und Gruppen in
der Gesellschaft, auch in Freundschaften, Partnerschaften, Familien,
in der Wirtschaft, an Arbeitsplätzen, in den Religionsgemeinschaften
sowie zwischen Religionsgemeinschaften sind Ausdruck von Machterringung,
Machtausübung und Machtauseinandersetzungen.
Die Bewertung der Macht in der Ethik reicht von extremen Positionen
radikaler Ablehnung (z.B. in der Ethik bestimmter Typen des Anarchismus)
über mittlere Positionen, die Macht als ethisch neutral
qualifizieren und zur Aufrechterhaltung der Ordnung für
notwendig erachten, bis zur Extremposition radikaler Bejahung
und Verherrlichung der Macht als obersten Wert in der Wertehierarchie
(z.B. bei Nietzsche Wille zur Macht). Wie man grundsätzlich
zur Machtausübung steht, wird unterschiedlich gesehen. Die
Anarchisten lehnen jegliche Macht über andere Menschen ab,
da sie alle Menschen als gleichrangig ansehen. Demnach darf niemanden
das Recht zugestanden werden, Macht über einen anderen Menschen
auszuüben. Dabei werden oft eigene Machtstellungen meist
übersehen. Klassendünkel, elitäres Denken, die
Menschen in unterschiedlich wertige Gruppen zu sortieren, das
alles dient dem Machtausbau zugunsten der eigenen Person oder
Gruppe. Für die Unterdrückung anderer finden sich dann
immer zahlreiche Gründe. Machtgeilheit wird zur Tugend stilisiert.
Wer nicht machtgierig ist, wird als Versager und als zurecht
zu unterdrückend angesehen. Am wenigsten achten rassistische
Faschisten oder Klerikalfaschisten die Gleichwertigkeit der Menschen.
In der von der scholastischen Philosophie geprägten katholischen
Schultheologie ist die Allmacht Gottes keine Natur-Macht, sondern
die Macht seines personalen Willens, der sich in der Geschichte
offenbart und diese zu seinen Zielen führt. (Da kannste
nix machen, des ist halt so, js.) Sie ist insoweit eine wesentliches
Attribut Gottes weil er allein alles in sich mögliche ohne
Mühe verwirklichen kann. Sofern menschliches Streben nach
Macht in ihrem umfassenden Sinn auf den göttlichen Herrschaftsauftrag
bezogen ist, ist es nach dieser Lehre in sich gut, denn in der
Fähigkeit des Menschen, Macht auszuüben bekundet sich
seine Gottebenbildlichkeit. Macht wird demgegenüber böse,
sofern sie keine gerechte Ordnung anstrebt, sondern in bloßem
Machtstreben oder Eigenmächtigkeit begründet ist. Also
ist nach katholischer Lehre jedes Machtstreben, das ihr nutzt
(also Gott) ein gutes Machtstreben und jedes Machtstreben, das
der kirchlichen Gerechtigkeit widerstrebt (zum Beispiel die sozialistische
Weltanschauung) sündhaft und schlecht.
Allgemein ist in der Öffentlichkeit die Auffassung, dass
dem, der die Macht hat, deshalb die guten Dinge im Leben gehören.
Man kann wirklich nicht behaupten, dass den Männern, die
angeblich grundsätzlich die Macht über die Frauen haben
grundsätzlich auch die guten Dinge des Lebens gehören
und den Frauen nicht.
-
- Literatur zum Thema
Warren Farrell schrieb das Buch Mythos MÄNNERMACHT
(The Myth of Male Power. Why Men are The Disposabel Sex) auf
deutsche Sprache im Verlag Zweitausendeins 1995 erschienen. Nach
unseren Informationen ist es leider inzwischen ausverkauft bzw.
vergriffen.
Vorwort von Marianne Grabdrucker Backlash - Die Männer
schlagen zurück - ist das Stichwort, unter der Susan Falludi
in ihrem gleichnamigen Buch Warren Farrell einordnet. Was ich
dort über Warren Farrell zu lesen bekam, wollte mir nicht
in den Kopf: Farrell, der 25 Jahre lang für die Verwirklichung
der Gleichberechtigung der Frauen gekämpft und auch mich
inspiriert hatte, sollte sich nun plötzlich vom Paulus zum
Saulus gewandelt haben und ein Gegner der Frauenemanzipation
geworden sein? Nein, so einfach und schlicht, wie Falludi sie
darstellt, sind die Dinge nicht!
Das Buch Farrells ist gerade vor dem positiven Hintergrund seiner
Einstellung zur Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse
zugunsten von Frauen und Männern zu sehen. Beide sollen
sich von Rollenzwängen befreien, die, so Farrell, aus einer
Zeit herrühren, in der die ökonomischen Verhältnisse
die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern und eine starre
Geschlechterrollenzuteilung erforderlich machte, damit die Spezies
Mensch überleben konnte. Er nennt diese Zeit das Stadium
I.
Der technische und medizinische Fortschritt hat längst dazu
geführt, dass die Rollentrennungen nicht mehr so strikt
eingehalten werden müssen. Wir leben zwischen Altem und
Neuem. Erzogen nach dem Prinzip ein Junge hat keine Angst
- ein Mädchen macht sich nicht schmutzig und ist immer lieb,
schöpfen wir andererseits aus der Fülle der Möglichkeiten
und der Ansprüche an uns selbst: gleichberechtigte Partnerschaft,
qualifizierter Beruf, sorgfältig erzogene Kinder. Dabei
richtet sich die Sorgfalt unserer Erziehung ganz besonders darauf,
selbstbewusste, starke und tüchtige Mädchen heranwachsen
und ihnen jede Unterstützung zukommen zu lassen, damit sie
frei von Rollenzwängen und Schranken früherer Frauengenerationen
sind.
So weit also ein Auszug aus dem Vorwort einer seiner AnhängerInnen.
Was aber schreibt Farell selbst?
Mythos Männermacht ist keine Rückkehr zum Mann
der fünfziger Jahre, sondern ein Sprung nach vorn, zum Mann
des Jahres 2050. Das Buch handelt davon, warum die männlichen
und weiblichen Geschlechterrollen, die über Millionen von
Jahren für die Spezies zweckmäßig waren, es jetzt
nicht mehr sind.
Der Feminismus hat darauf hingewiesen, dass Gott auch eine Frau
sein kann. Dass möglicherweise auch der Teufel eine Frau
sein kann, wurde aber nie erörtert. Der Feminismus zeigt
nur die Schattenseiten der Männer auf und die Sonnenseiten
der Frauen. Er vernachlässigt die Schattenseiten der Frauen
und die Sonnenseiten der Männer. Er versäumt zu sagen,
dass bei beiden Geschlechtern beide Seiten innerhalb einer Person
vorhanden sind.
Als das Thema der sexuellen Belästigung aufkam, hieß
es, dass Männer das Problem einfach nicht kapieren.
Leider ist es aber so, dass es beide Geschlechter nicht verstehen.
Männer verstehen die Angst der Frauen vor Belästigung
nicht, die ihre Wurzel in der passiven Rolle der Frau hat, und
Frauen verstehen die Angst der Männer vor sexueller Zurückweisung
nicht, die ihre Wurzel in der aktiven Rolle des Mannes hat. Beide
Geschlechter sind so sehr mit der eigenen Sicht der Dinge beschäftigt,
dass jedes die Verwundbarkeit des anderen nicht kapiert.
Der Feminismus rechtfertigte die weibliche Macht des Opfers,
weil er alle davon überzeugte, dass wir in einer sexistischen,
männerdominierten Welt leben. Mythos Männermacht erklärt,
warum die Welt bisexistisch ist, also von Männern und Frauen
dominiert, patriarchal und matriarchal ist, nur jeweils in einer
anderen Weise. Das Buch erklärt, warum die Worte Patriarchat
und Männerdominanz Chiffren für das Opfern
von Männern sind.
Man könnte sagen, Männer sind auf der Suche nach ihrer
inneren Perestroika. Was die Sowjetbürger empfanden, als
die Welt um sie herum freier wurde, empfanden auch die Männer,
als sie merkten, als die Frauen um sie herum freier wurden. So
wie die Sowjetbürger anfingen zu fragen, ob ihr Selbstbild
von der mächtigen Nation nicht von der eigenen
verdeckten Machtlosigkeit ablenkte, so beginnen nun auch Männer
zu fragen, ob ihr Selbstbild vom mächtigen Geschlecht
nicht von ihrer Machtlosigkeit ablenkt.
Soweit auszugsweise der Autor. Nun habe ich mich als Mann mein
ganzes politisches Leben lang gegen Macho-Männer gewehrt
und bin für die Gleichstellung der Frau in allen Bereichen
eingetreten, muss aber zugeben, dass ich in meinem konkreten
Leben die schlimmsten und auch traumatischen Unterdrückungen
durch Frauen erlebt habe. Von meinem Vater habe ich brutale Prügel
bezogen, die oft von meiner Mutter angeordnet war, und ich wurde
dann von ihr getröstet, weil ich ohne zu wissen Spielball
des Ehekonfliktes meiner Eltern war. Männer sind aufgrund
ihrer Brutalität das stärkere Geschlecht, das habe
ich gelernt und in vielen Berichten und Darstellungen bestätigt
gefunden. Doch Farell schreibt, dass die Gewaltverbrechen nicht
Ausdruck von Männermacht wären, wie die höhere
Verbrechensrate von dunkelhäutigen Menschen nicht Ausdruck
ihrer Rassenherrschaft über die Weißen. Ist das vergleichbar?
Aber es ist wahr, das angeblich mächtige Geschlecht bringt
den Männern kaum Vorteile, eher den Nachteil, ständig
kämpfen zu müssen und ständig für Frauen
eintreten und sie schützen zu müssen.
Der Mythos über das mächtige Geschlecht
sei also eine Fessel, die den Mann unterwirft? Die beiden Regenbogen-Redakteure
Benjamin Kiesewetter und Sophie Schweinfurth streiten sich über
das Buch Mythos Männermacht von Warren Farrel.
Hieraus einige Zitate, die letztlich aus dem o.a. Buch stammen,
das uns nicht vorliegt:
Ach, und wie stellst du dir dann das Phänomen vor,
dass ich in vier Jahren zur Armee einberufen werde (im Gegensatz
zu dir) - und zwar durch ein ganz klar sexistisches Gesetz, das
gegen die Gleichberechtigung verstößt? In sämtlichen
Postämtern der USA hängt (laut Farrel) eine Erinnerung
an die Wehrpflicht mit dem tollen Spruch Ein Mann tut,
was ein Mann zu tun hat. Farrel bittet die Leser sich ein
öffentliches Plakat mit einer schwangeren Frau vorzustellen
mit dem Spruch: Eine Frau tut.... Solche offensichtlich
diskriminierenden Gesetze wie die Wehrpflicht oder schon allein
diese Plakate gibt es für das weibliche Geschlecht m.E.
nicht (mehr?), weil Frauen ja geschützt werden müssen...
oder siehst du das anders? (...)
Die Frauenbewegung hat es geschafft, die Lebenserwartung
von Frauen seit 1920 zu verdoppeln. Gleichzeitig ist die Differenz
zwischen den Geschlechtern in Sachen Lebenserwartung um 600%
gestiegen - d.h. Frauen leben heute durchschnittlich 7 Jahre
länger als Männer (biologische Gründe gibt es
dafür nachgewiesenermaßen nicht). Seit 1920 haben
Frauen immer mehr Möglichkeiten bekommen, ihre traditionelle
Rolle zu verlassen, Männer haben diese Möglichkeiten
größtenteils noch nicht erkämpft. Oder was ist
deine Erklärung dafür, dass die Selbstmordrate der
Jungen um 25.000% (!) steigt, wenn sie den Druck ihrer Geschlechterrolle
zu spüren bekommen?
Ein Mann tut, was ein Mann zu tun hat... Gründe für
diese brutale Differenz könnten natürlich auch die
Todesberufe sein, die Farrel erwähnt: Von den
25 gefährlichsten Jobs, sind 24 fast reine Männerjobs
- je gefährlicher ein Job, desto höher der Männeranteil
(gefährlich: Feuerwehr 99%, Holzfäller 98%, Kohlebergbau
97% etc. ungefährlich: Sekretär/in 1%, Rezeption 3%
u.s.w.). Und dann beschweren sich die Frauen, dass sie nur schlechtbezahlte
Berufe bekommen, dabei liegt der Hauptgrund dafür in der
Tatsache, dass sichere Jobs und solche, die mehr zur Selbsterfüllung
als zum Überleben dienen, nicht so gut bezahlt werden. Vielleicht
noch ein weiterer Grund für die geringe Lebenserwartung:
Nach einer Umfrage des Justizministerium finden es 41% der USA-Bevölkerung
weniger schlimm, wenn eine Frau ihren Ehemann ermordet als umgekehrt.
Das Leid der Männer ist nicht ihre Sache allein. Der Selbstmord
eines Mannes trifft seine Frau, seine Kinder, Kollegen und Freunde.
Das gilt auch für seinen früheren Alterverfall, seinen
frühen Tod, seinen Alkoholismus, seinen Hang zu schönen
jungen Frauen - all dies sind auch Dinge, die sich auf Firmengewinne
und das Bruttosozialprodukt auswirken. Wenn Männer Opfer
sind, sind alle Opfer. (...)
Ich fand übrigens das Buch vor allem deswegen so gut,
weil wir einen erheblichen Informationsmangel haben und deswegen
oft mit Vorurteilen diskutieren. Ich wusste vor dem Lesen jedenfalls
nicht, dass Männer drei Mal so oft Opfer von Gewalttaten
werden wie Frauen, dass jährlich 1 Mio. Männer allein
in Gefängnissen vergewaltigt werden, und demgegenüber
120.000 Frauen jährlich insgesamt. Ebenfalls hatte ich keine
Ahnung über die Gefährlichkeit des Müllmannjobs
(auch ein Todesberuf) - vielleicht schaue ich Müllmänner
in Zukunft auch eher an wie schwangere Frauen. Müllmänner
machen unseren Dreck weg und gehen dabei ein enormes Risiko ein
- dafür verdienen sie nicht Verachtung sondern Anerkennung.
Soweit also die Diskussion um ein Buch, in dem behauptet wird,
dass nicht nur patriarchale Macht, sondern auch matriarchale
Macht vorhanden ist, die bisher verschwiegen worden sei. Weiterhin
wird behauptet, dass Männer mit dem Mythos ihrer Stärke
ausgebeutet werden wie Frauen mit dem Mythos ihrer Schwäche.
Untersuchen wir also; was da dran sein könnte.
- Machtausübung im Umgang miteinander
Wir geben einem Mitmenschen Macht über uns, wenn wir etwas
von ihm wollen. Besonders in Beziehungsfragen, bei sexueller
Kontaktaufnahme oder bei einer Beziehungsaufnahme unterwirft
sich der Partner, der am stärksten an diesem Kontakt interessiert
ist, der Macht des anderen Partners über ihn. Denn wenn
wir uns in irgendeinem Zusammenhang dem Willen eines anderen
Menschen unterwerfen, geben wir ihm Macht über uns. Im heterosexuellen
Bereich ist es vorrangig der Mann, der etwas von einer Frau will.
Auch heute noch ist es nicht so sehr üblich, dass eine Frau
offen anmacht. Daher muss sich hier also der Mann auf das schwierige
Feld der Anmache begeben (Siehe den Artikel in dieser Ausgabe
der LUST) und die Frau hat die Macht zu werten und zu beurteilen.
Frauen haben es gelernt, ungefragt alles zu werten und zu beurteilen
und Männer, die ihnen wohlgesonnen sind, akzeptieren die
Urteile von Frauen, ohne sie selbst zu überprüfen,
wie sie die Sache beurteilen würden. Männer geben ganz
generell den Frauen das Recht, über sie moralisch zu urteilen,
siehe 59. LUST. Das hat der Mann sicherlich aus der Erziehungsarbeit
seiner Mutter verinnerlicht. Das Interpretationsrecht, wer moralisch
handelt und wer unmoralisch, was überhaupt moralisch ist
und was nicht, das ist ein eindeutiger gesellschaftlicher Machtfaktor.
Das Recht, die Moral ihrer Männer und der Männer überhaupt
zu kontrollieren, führte zu einer großen Distanzlosigkeit
der Frauen gegenüber ihren Männern (und bei Lesben
gegenüber ihren Frauen). Hier wäre zum Beispiel das
Verhalten von Frauen bei unserer Sexumfrage zu berichten. Männer
akzeptierten in der Regel unseren Wunsch, dass jede(r) den Fragenbogen
für sich ausfüllt. Frauen akzeptierten dies nicht,
sondern wollten ständig sehen, was ihr Partner oder ihre
Partnerin einträgt, was sicherlich deren Antworten beeinflusste.
So lange, wie ein Mann um sich sexuell zu erfüllen und als
Mann zu bestätigen, ständig um eine Frau werben muss,
muss er sich also auch ständig ihrem Urteil aussetzen. Diese
Macht der Frau über ihn wird durch ein ihn erotisierendes
Verhalten sowie ihn erotisierendes Outfit noch verstärkt,
dass es sexuelles Begehren weckt, sofern er heterosexuell ist.
Genau an dieser Stelle kann ein Mann auch offene weibliche Schwulenfeindlichkeit
erleben, wenn er eben nicht in die erwartete Bewunderung von
ihr fällt. Du bist wohl schwul ist dann der
Vorwurf, verknüpft mit dem Kommentar, dass er kein richtiger
Mann sei. So wird oft ein Mann genötigt, seine Männlichkeit
(was immer dies auch sei) zu belegen.
Wenn er sie dann allerdings in eine Ehe geführt hat, ist
ihre Macht über ihn in diesem Anmachspiel erst einmal etwas
eingeschränkt. Aber da sie die einzige ist, mit der er sexuell
verkehren darf, und da das auch gesellschaftlich so gesehen wird,
ist er ständig unter ihrer Kontrolle, damit er auch darf,
wenn ihm danach ist. So kann eine Frau ihre sexuelle Gunst von
seinem Wohlverhalten ihr gegenüber abhängig machen.
Dass eine Frau fremd gehen könnte, alleine diese Unterstellung
ist ja schon Beweis des Misstrauens und der Lieblosigkeit. Man
erinnere sich an die Diskussion über die Kuckukskinder und
die heimlichen von Männern veranlassten Vaterschaftstests,
die übrigens nun nach dem Willen der Justizministerin vor
Gerichten bei Alimentenprozessen nicht mehr verwendet werden
dürfen.
In der feministischen Definition wird die Mutterrolle wie folgt
definiert: Persönliche Macht und Gesellschaftliche
Ohnmacht. Mit der Mutterschaft können Männer
in die Ehe gepresst werden, können sie zur Fürsorge
gezwungen werden. Die Gesetze, die dem Mann die Freiheit gaben,
auf die Arbeit zu gehen und die Last der Kindererziehung alleine
der Frau aufbürdeten, sind weitgehend geändert worden.
Die Mutterrolle ist zwischenmenschlich eine Rolle der Machtausübung
gegenüber dem Ehemann und den Kindern. Diese Macht wird
auch vielfältig genutzt, denn Frauen haben natürlich
gelernt, sich in der Familienstruktur in eine Schlüsselsituation
zu bringen.
Die Macht der Mama in den Familien der patriarchalischen Familien
des Mittelmeerraumes mögen Restbestände des Matriarchates
sein, wie oft beschrieben wird, doch ist die persönliche
Macht der Mutter in der Familie auch heutzutage bedeutend. Sie
wird nur dort weniger bedeutend, wo die Mutter einfach eine Arbeitnehmerin
ist und nicht in dem traditionellen Maße in der Mutterrolle
eingerichtet ist.
In der Mutterrolle wie in der Rolle der begehrten Sexpartnerin
wird die angebliche Unselbständigkeit und die besondere
Schutzbefohlenheit der Frau durch den Mann besonders deutlich.
Viele Männer brauchen mehrere Ehen, sich aus der von der
Mutter erzogenen Unmündigkeit gegenüber dem moralischen
Urteil der Frau zu lösen. Gerade bei schwulen Männern
ist häufig zu beobachten, dass sie eine besondere Form der
Frauenverehrung in Form der Freundinnenverehrung und der Mutterverehrung
pflegen, obwohl sie mit Männern zusammenleben.
Um Macht ausüben zu können, ist Abhängigkeit notwendig.
Sicherlich ist die wirtschaftliche Abhängigkeit die stärkste
Abhängigkeit, weil Geld im Kapitalismus eben Leben bedeutet,
Freiheit, Vielfalt an Möglichkeiten. So lange du Deine
Füße unter meinen Tisch stellst... heißt
ein bekannter Spruch, den nahezu jeder Mensch dieser Gesellschaft
in seiner Jugend von seinen Eltern zu hören bekam und bekommt.
In Familien kann auch beobachtet werden, wie Frauen ihre Macht
dadurch immer wieder zu verstärken versuchen, indem sie
bei Familientreffen oder bei Besuch ihre Männer vorführen,
indem sie offen über angebliche Schwächen usw. ihrer
Männer berichten, und das in Situationen, wo sie sich des
Mehrheitsurteils sicher sein können.
Wer das Geld in seinen Händen hat, und sei es nur ein kärglicher
Lohn, der hat damit Macht im zwischenmenschlichen Bereich. In
vielen Ehen aber geben die Männer diese Macht an ihre Frauen
ab, die ihren Mann von der Familienbuchführung entlasten.
Marx und Engels beschäftigten sich ja auch, ausgehend von
ihrer politischen Ökonomie, mit den zwischenmenschlichen
Verhältnissen in sexuellen Beziehungen und Familie und scheiterten
dabei gründlich in der Beurteilung der Homosexualität
als Kinder ihrer Zeit. Die bürgerliche Ehe, in der Frauen
mit Sexualität und anderen Dienstleistungen dem Manne für
ihren Anteil am vom ihm erarbeiteten Familieneinkommen zahlen,
sahen sie als eine Art Prostitutionsverhältnis an.
Er hat also wegen seines Geldes Macht über sie und ihren
Körper. Aber ist das die ganze Wahrheit? Sie hat die Macht,
bevor sie wirtschaftlich von ihm abhängig ist, ihm gegenüber
Bedingungen zu stellen, zumindest heutzutage. Zu diesen Bedingungen
gehört, dass sie die alleinige Verfügung über
seine sexuelle Lust besitzt. Bei diesem Besitz wird sie von der
gesamten Gesellschaft unterstützt. Die Treue,
die sie von ihrem Mann erwartet, wurde ja schon immer auch von
ihr erwartet, damit er auch tatsächlich seinen eigenen Sohn
und Erben ernährt. Sie partizipiert von dem, was er nach
Hause bringt, und will erreichen, dass ihr der Anteil ganz gehört
und dass sie ihn nicht mit einer anderen Frau teilen muss. So
kann man das Machtverhältnis in der Ehe analysieren, wenn
man im wesentlichen das finanzielle sieht.
Aber da schleicht sich doch etwas anderes Patriarchalisches in
diese Gedanken mit hinein. Will denn nur der Mann Sex, für
den er zahlen muss und die Frau muss es widerwillig liefern?
Ein Machtmittel scheint der Mythos zu sein, Männer wollten
immer Sex und Frauen eher liebevolle Zuwendung statt Sex. Und
so gehört zu diesem Mythos die Auffassung, dass Männer
ständig fremdgehen, Frauen indes nicht. Es gehört auch
die Kontrollmacht der Frau zu den weiblichen Machtfaktoren, um
Fremdgehen zu erschweren. Durch Fremdgehen wird ja bekanntlich
der Druck auf den Mann unterlaufen, Sex als Druckmittel einsetzen
zu können.
In einigen Fernsehsendungen, die wir leider nicht aufgezeichnet
haben, weil wir das Folgende nicht erwartet hatten, war Folgendes
zu hören: Bei einer geschlechtgetrennten Umfrage über
das Fremdgehen gab ein hoher Prozentsatz von Männer zu,
schon einmal fremdgegangen zu sein. In der Gruppe der Frauen
war der Prozentsatz der Frauen, die Fremdgehen zugaben, absolut
niedrig. Das änderte sich aber, als ihnen gesagt wurde,
ihre Aussagen würden durch einen Lügendetektor kontrolliert.
Nach dieser Ankündigung waren dann die Geschlechtgruppen
im gleichen Maße fremdgegangen. Eine Agentur wurde befragt,
die Frauen beim Fremdgehen hilft. Hier kam die Aussage, dass
nach ihren Schätzungen nicht 10% sondern über 30% aller
Kinder Kuckukskinder seien. Denn der Mann, den eine Frau als
treusorgenden Mann für sich und ihre wünscht, sei nicht
unbedingt der Mann, den sie für sexuell attraktiv hält.
Ich kann mich auch noch an die Debatte um den Macho und den Softie
erinnern, als es überall Männergruppen gab. Von den
Männern wurde erwartet, zur besten Freundin der Frau zu
werden. Diese Rolle spielen ja für manche Frauen die Schwulen.
Männer kümmern sich auch um die Kinder, da Frauen ja
auch arbeiten gehen. Männer machen auch den Haushalt, weil
Frauen auch den Feierabend bräuchten. Welchen Zorn erregte
da eine Frau besonders bei feministisch denkenden Frauen, als
diese öffentlich äußerte: Also einen Softie,
der mir den Haushalt macht, könnte ich mir schon vorstellen.
Aber für Sex nehme ich mir dann doch einen richtigen Mann.
Und was ist ein richtiger Mann? Jemand, der sich als Macho wie
ein Bulle aufspielt, der dann mit einem Nasenring so gut zu führen
ist?
Bei Frau Kallwas war ein Paar, bei dem der Mann sich angeblich
herausputzt, enge Hosen anhat, so dass alle Frauen und seltsamerweise
auch alle Männer ständig auf seine Hose sahen statt
auf sie und ihre wohlgestalteten Brüste. Er solle das unterlassen,
war die Forderung der Frau, sie fühle sich neben ihn nicht
mehr wohl. Frau Kallwas schloss messerscharf, dass dieses Paar
in einen Wettstreit um sexuelle Attraktivität geraten sei
und riet dem Paar, dies zu lassen, da dies die Ehe gefährde.
Sie sagte nicht ausdrücklich, der Mann solle es lassen,
da dies nicht zu seiner gesellschaftlichen Rolle gehört.
Alle jedoch haben dies wohl verstanden, besonders auch aufgrund
ihrer Anspielungen mit Homosexualität. Manche real gesprochenen
Aussagen bekommen eben erst ihre wirkliche Bedeutung, wenn man
sie in den Zeitgeist einbettet.
-
- Gesellschaftliche Macht
Vorurteile sind mächtige Hilfsmittel zur Macherlangung und
Machtausübung, deren man sich im zwischenmenschlichen und
im gesellschaftlichen Bereich bedienen kann. Der Inhalt von Vorurteilen
ist aber kein Zufall, denn sie bestätigen immer die vorherrschenden
Machtinteressen. Vorurteile bedienen aber auch die Ergebnisse
der vorherrschenden Rollenerwartungen, auch der Geschlechtsrollenerwartungen.
Sie sind ein raffiniertes gesellschaftliches Machtinstrument.
Im Streit zwischen zwei Menschen, Gruppen, Parteien erscheint
uns eine Seite als glaubwürdiger, wenn deren Position durch
Vorurteile bestätigt wird.
Die gesellschaftlichen Rollenbilder vom starken Beschützer-Mann
und der schutzwürdigen Frau entmündigen die Frau und
lassen den Mann gerne als Versager an dieser Beschützer-Rolle
erscheinen. Männer sind qua Rolle dazu da, ihr Leben für
das Leben der Frau aufs Spiel zu setzen und alles zu tun, damit
es ihr gut geht. Scheinbar ständig hilflos wird sie durch
den Mann mehr oder weniger stark beschützt und versorgt.
Im o.a. Buch wird darüber Folgendes ausgesagt:
-
Die unsichtbaren Opfer der Gewalt
BEISPIEL: Als Rodney King von der Polizei zusammengeschlagen
wurde, nannten wir es Gewalt gegen Schwarze, nicht Gewalt gegen
Männer. Wäre eine Regina King zusammengeschlagen worden,
hätte dann niemand von Gewalt gegen Frauen gesprochen?
MYTHOS: Alte Frauen sind am meisten gefährdet, Opfer von
Gewaltverbrechen zu werden.
TATSACHE: Alte Frauen sind am wenigsten gefährdet. Das US-Justizministerium
stellt fest, dass eine Frau über 65 Jahre weniger gefährdet
ist, Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden, als irgend jemand
sonst in jeder anderen Kategorie. Und sie ist halb so gefährdet
wie ein Mann gleichen Alters.
MYTHOS: Frauen sind gefährdeter als Männer, Opfer von
Gewalt zu werden.
TATSACHE: Männer sind doppelt so gefährdet wie Frauen,
auch wenn Vergewaltigung mitgezählt wird (Trifft die
Angabe von 14 Prozent zu, dann werden jährlich rund eine
Million Männer in Gefängnissen und Haftanstalten vergewaltigt.
Zum Vergleich: Rund 120 000 Frauen werden jährlich Opfer
einer Vergewaltigung oder eines Vergewaltigungsversuches
- Warren Farrell a.a.O). Männer werden mit dreimal höherer
Wahrscheinlichkeit Opfer eines Mordes.
Als das Time-Magazin eine Titelgeschichte über die 464 Menschen
brachte, die in einer einzigen Woche erschossen worden waren,
kam es zu dem Schluss: Die Opfer waren meist die verwundbarsten
Mitglieder der Gesellschaft: Arme, Junge, Verlassene, Kranke
und Alte. Wenn Sie das lesen, denken Sie dann an Männer?
Man musste schon die Bilder zählen, um festzustellen, dass
vierundachtzig Prozent der Gesichter hinter der Statistik Gesichter
von Männern und Jungen waren. Tatsächlich waren die
Opfer meist arme Männer, junge Männer, verlassene Männer,
kranke Männer und alte Männer. Und doch war eine Frau
- und nur eine Frau - auf der Titelseite abgebildet. Männer
sind die unsichtbaren Opfer der Gewalt in Amerika.
In den Medien-Darstellungen werden aber immer Frauen als Opfer
gezeigt. Dies entspricht nicht der Realität. Die häufigsten
Gewaltopfer sind mit weitem Abstand Männer.
Die größte Verzweiflung scheint aus dem Dilemma zwischen
Rollenerwartung und gesellschaftlicher Realität zu entstehen.
Im o.a. Buch wird dazu ausgesagt: Selbstmord als Ausdruck
von Machtlosigkeit
So wie die Lebenserwartung einer der besten Indikatoren für
Macht ist, ist Selbstmord einer der besten Indikatoren für
Machtlosigkeit.
- Bis zum Alter von 9 Jahren ist die Selbstmordrate von Jungen
und Mädchen gleich;
- zwischen 10 und 14 Jahren ist die Selbstmordrate der Jungen
doppelt so hoch wie die der Mädchen;
- zwischen 15 und 19 Jahren ist sie viermal so hoch und
- zwischen 20 und 24 Jahren sechsmal so hoch.
- Wenn Jungen den Druck ihrer Geschlechterrolle zu spüren
bekommen, steigt ihre Selbstmordrate um 25.000 Prozent.
- Die Selbstmordrate von Männern über 85 Jahren ist
um 1.350 Prozent höher als die von Frauen im gleichen Alter.
Sowohl Frauen als auch Männer haben es gelernt ihre eigenen
Machtmittel einzusetzen. Besonders im häuslichen Bereich
haben Frauen aber ein Refugium umfangreicher Mittel. Um dies
zu überprüfen lohnt es sich bisweilen, zu untersuchen,
ob die gleichen Mittel durch den andersgeschlechtlichen Partner
auch erfolgreich einsetzbar wären.
-
- Das US-Nettoeinkommen
Hier Farells Text über die wirtschaftliche Vormacht der
Frau. Weil das allem widerspricht, was ich vorher gelesen habe,
zitiere ich: Das Statistische Bundesamt der USA stellt
fest, dass Frauen, die einem Haushalt vorstehen, ein Nettoeinkommen
haben, das 141 Prozent über dem von männlichen Haushaltsvorständen
liegt. (Die Statistik des Nettoeinkommens weist aus, was er oder
sie nach Abzug der verschiedenen Verpflichtungen von den verschiedenen
Vermögenswerten übrigbehalten. Das durchschnittliche
Nettoeinkommen einer Frau beträgt 13.885 Dollar, das eines
Mannes 9.883 Dollar. Warum?
Männer als Haushaltsvorstände haben zwar höhere
Bruttoeinnahmen und Vermögenswerte, aber auch viel höhere
Zahlungsverpflichtungen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine
Ehefrau - oder Exehefrau - unterhalten müssen, ist viel
größer, als dass sie von einer Ehefrau unterhalten
werden. Sein Einkommen verteilt sich auf ihn, die Ehefrau und
die Kinder - nicht nur für Wohnung und Ernährung, sondern
auch für Ausbildung, Versicherungen und Urlaube. Scheidung
bedeutet oft, dass die Frau sowohl das Haus bekommt, das der
Mann abbezahlt, als auch das Sorgerecht für die Kinder,
für die der Mann unterhaltspflichtig ist. Die Verpflichtung
einer Frau, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen, hat zur
Folge, dass sie weniger verdient und der Mann mehr, dass er aber
auch mehr bezahlt.)
Unter den 1,6 Prozent der Reichsten in den USA (jenen mit einem
Vermögen von 500.000 Dollar und mehr) ist das Nettoeinkommen
der Frauen größer als das der Männer.
Wie ist es möglich, dass so viele der Reichsten Frauen sind,
wenn keine Spitzenposition der Wirtschaft von einer Frau besetzt
ist? Teils weil sie Männer suchen, die diese Positionen
innehaben und die sie dann überleben, teils weil sie weniger
Zahlungsverpflichtungen haben und deswegen mehr ausgeben können.
Über das Geld verfügen: Eine Untersuchung großer
Einkaufspassagen (Bekleidungsgeschäfte für Männer
und Sportartikelgeschäfte eingeschlossen) hat ergeben, dass
den persönlichen Bedürfnissen von Frauen siebenmal
soviel Verkaufsfläche gewidmet ist als denen der Männer.
Beide Geschlechter kaufen mehr für Frauen. Der Schlüssel
zum Reichtum ist nicht, was jemand verdient, sondern was jemand
für sich selber ausgeben kann, nach eigener Wahl - oder
was für einen ausgegeben wird, auf einen Wink hin. In jeder
Konsumkategorie bestimmen Frauen weitgehend über die Ausgaben.
Mit der Entscheidung, wofür Geld ausgegeben wird, gehen
andere Machtbefugnisse einher. Die Macht der Frauen über
den Geldbeutel gibt ihnen auch Macht über die Fernsehprogramme,
weil diese von der Werbung abhängig sind. Zusammen mit der
Tatsache, dass Frauen zu allen Tageszeiten mehr fernsehen als
Männer, erklärt dies, warum Fernsehsender es sich nicht
leisten können, an dem Ast zu sägen, auf dem sie sitzen.
Frauen sind dem Fernsehen das, was Arbeitgeber den Arbeitnehmern
sind. Und das Ergebnis? Die Hälfte der 250 Fernsehfilme
des Jahres 1991 stellen Frauen als Opfer dar - in irgendeiner
Weise physischer oder psychischer Misshandlung unterworfen.
Zahlungspflichten: In Restaurants zahlen Männer rund zehnmal
öfter für Frauen als umgekehrt - je teurer das Restaurant,
desto häufiger zahlt der Mann. Oft sagen Frauen: Nun,
Männer verdienen mehr. Wenn aber zwei Frauen ein Restaurant
besuchen, gehen sie nicht davon aus, dass die Frau, die mehr
verdient, die Rechnung bezahlt. Die Erwartung an Männer,
mehr für Frauen auszugeben, wird zur Pflicht zum Zahlen.
Sobald ich mit dem Gedanken spielte, mich mit Mädchen zu
verabreden, wurde ich mir dieser Pflicht bewusst. Als Teenager
hatte ich Spaß am Babysitting. (Ich mochte Kinder wirklich,
aber es war auch die einzige Möglichkeit, dafür bezahlt
zu werden, dass ich den Kühlschrank leer aß!) Dann
kam ich in das Alter, in dem man sich mit Mädchen traf.
Babysitting wurde aber leider nur mit fünfzig Cent die Stunde
bezahlt, Rasenmähen dagegen mit zwei Dollar. Ich hasste
Rasenmähen. (Ich lebte damals in New Jersey, wo wegen der
Schwüle und der Insekten in der Mittagshitze Rasenmähen
weit weniger angenehm ist als das Leeressen eines Kühlschranks.)
Doch sobald ich anfing, mich mit Mädchen zu treffen, begann
ich auch, mein Geld mit Rasenmähen zu verdienen.
Für Jungen ist das Rasenmähen eine Metapher dafür,
dass sie bald lernen, Jobs anzunehmen, die ihnen weniger zusagen,
die aber besser bezahlt werden. Etwa im ersten Jahr der High
School fangen Jungen an, ihr Interesse an Fremdsprachen, Literatur,
Kunstgeschichte, Soziologie und Anthropologie zu unterdrücken,
weil sie wissen, dass Kunstgeschichte weniger lukrativ ist als
Ingenieurwissenschaft. Es ist teils eine Folge der zu erwartenden
Ausgaben (die Wahrscheinlichkeit, dass er eine Frau unterhalten
muss und nicht davon ausgehen kann, von einer Frau unterhalten
zu werden), dass 85 Prozent der Studierenden im Fach Ingenieurwesen
Männer sind; über 80 Prozent der Studierenden im Fach
Kunstgeschichte sind Frauen.
Der Einkommensunterschied zwischen der weiblichen Kunstgeschichtlerin
und dem männlichen Ingenieur erscheint als Diskriminierung.
Dabei wissen beide Geschlechter im voraus, dass Ingenieure besser
bezahlt werden. Eine Frau jedoch, die als Anfängerin in
diesem Beruf arbeitet, verdient durchschnittlich 571 Dollar mehr
im Jahr als ihr männlicher Kollege. Kurz, die Zahlungsverpflichtung,
die einen Mann dazu bringt, sich für einen Beruf zu entscheiden,
der ihm weniger zusagt, der aber besser bezahlt wird, ist ein
Zeichen von Machtlosigkeit, nicht von Macht. Wenn er diesen Beruf
ausübt, erwarten Frauen oft, das er bezahlt, weil
er schließlich mehr verdient. So verstärken
die Erwartungen beider Geschlechter männliche Machtlosigkeit.
Die von Farell beschriebenen amerikanischen Zustände lassen
sich zwar nicht gradlinig auf Deutschland übertragen, dennoch
sind Parallelen erkennen.
-
- Staatliche Macht
Der Staat hat das Gewaltmonopol. Aber in seinen Gesetzen, die
gewaltsam sanktioniert werden, sind auch wirtschaftliche und
persönliche Interessen eingebunden. In vielen islamischen
Ländern ist die Unterdrückung der Frau durch den Mann
sowohl in der Gesellschaft als auch im zwischenmenschlichen Bereich
in Gesetzen und Bestimmungen eingebaut worden.
Aber auch bei uns gab es bei Neugründung der Bundesrepublik
Gesetze, die eindeutig sexistisch und frauenfeindlich waren.
So musste eine Frau die Genehmigung des Ehemannes einholen, wenn
sie einer Erwerbsarbeit nachgehen wollte. Nur wenn die häusliche
Versorgung der Familie gesichert war, konnte der Mann zustimmen.
Viele sexistische frauenfeindliche Gesetze sind unterdessen verschwunden.
Bei einer ganzen Reihe neuer Gesetze ist nicht immer klar, ob
nicht nun Männerdiskriminierung entstanden ist. Bei fairen
Diskussionen ließe sich so manches erträglicher regeln.
-
- Geschlechtliche Macht, Sexismus
So absolut, wie immer behauptet wird, ist es nicht, dass Männer
die Frauen beherrschen. Doch nutzen sowohl Männer als auch
Frauen ihre jeweiligen Machtmittel. In allen kritischen und krisenhaften
Situationen werden in der Familie die Männer von ihren Frauen
vorgeschickt und Männer müssen und wollen, um ihre
Männlichkeit zu beweisen, nun ihren Mann stehen, um sich
dieser Aufgabe so heldenhaft wie möglich zu stellen.
Die Mächtigkeit des Mannes ist scheinbar gesellschaftlicher
Natur. In Beziehungen und im Hause hat die Frau eine große
Palette von Machtmittel, dies vor allem aufgrund ihrer Rolle.
Männer haben aufgrund ihrer Rolle auch Machtmittel erlernt,
nämlich die der körperlichen Heldenhaftigkeit und Robustheit.
Wenn sie diese in der Beziehung einsetzen, dann ist dies Brutalität,
also ein körperlicher Übergriff, der tatsächlich
nicht geduldet werden kann. Er ist eigentlich, obwohl es anders
aussieht, Ausdruck männlichen Versagens, denn seine Rolle
ist ja Schutz auszuüben. Solche Verhaltensweisen müssen
auch eindeutig als Verbrechen eingestuft werden. Dies trifft
auch besonders auf die Vergewaltigung zu, die nicht nur die Macht
der Frau über die Sexualität des Mannes bricht, sondern
Frauen tatsächlich erniedrigt, demütigt und ihr alle
Souveränität nimmt. Gegen solche Verbrechen muss eindeutig
vorgegangen werden, aber die Ursache dieser Verhaltensweisen
sind damit nicht beseitigt.
Zur Männerrolle gehört es, dass sie brutal gegen sich
selbst und andere sein sollen, sich keine Gefühle anmerken
lassen sollen, schon gar nicht ein Versager in irgendeiner Weise
sein dürfen, denn nur wenn sie keine Versager sind, erringen
sie die Achtung der Frauen und Männer in der Gesellschaft.
Das sind krankmachende Verhaltensweisen, die Männer gegen
sich selbst richten, die sich gegen andere Männer und eben
auch gegen Frauen richten können.
Frauen haben es sich angewöhnt, sexuell attraktiv zu sein,
was ihnen Wohlwollen von Männern einbringt und ihnen Türen
öffnet. Wenn sich Männer sexuell attraktiv geben, werden
sie von (heterosexuellen) Männern wie von Frauen vordergründig
kritisiert, von Frauen und Männern jedoch auch begehrt.
Auch die heutigen jungen Mädchen wenden viel Ehrgeiz auf,
in Sachen sexueller Attraktivität sich gegenseitig zu übertreffen.
Sie wollen auf dieses Machtmittel nicht verzichten. Neu ist,
dass junge Männer dies auch tun.
In wenigen Jahren wurde die Frau zum Mann, wie der Mann
über Jahrtausende zum Manne wurde: durch den Produktionsprozess,
schreibt Brecht über eine Frau, die sich als Mann verkleidet
in einem Männerberuf bewährte und auch privat sogenannte
männliche Züge annahm, in seiner Kurzgeschichte Im
Schweiße deines Angesichts sollst Du kein Brot essen.
Ist es so, dass die heute vorgefundene Männerrolle ein Produkt
der Arbeitswelt ist? Wenn das so wäre, würden wir sicherlich
nach einigen Generationen die weiblichen Produkte der Grausamkeiten
unserer Arbeitswelt vorfinden.
-
- Individuelle Macht
Jeder Mensch scheint sich Machtmittel aus seinen Möglichkeiten
und den Strukturen, in denen er lebt, anzueignen oder aneignen
zu wollen. Und jeder Mensch ist darauf angewiesen, dass andere
ihre Macht nicht voll ausspielen, wenn sie darüber verfügen,
daher gibt es die Staatsmacht, die regelnd eingreift. Keine staatliche
Ordnung ist Interessensneutral, immer profitieren die einen über
die anderen. Wer unter heutigen Bedingungen eine gute Lobby hat,
kann am besten seine Interessen in die staatliche Ordnung mit
einbauen.
Ich kann es mir nicht vorstellen, dass in irgend einer Zukunft
einmal alle Menschen in einer Gesellschaft über gleiche
Machtmittel verfügen. Das Aufrechnen von Männermacht
mit Frauenmacht führt zu nichts, weil der gemeinsame Feind,
der gegenseitige und die gesellschaftliche Unterdrückung
ermöglicht, die Männer- und die Frauenrolle ist.
In Zeitaltern, in denen Kriegen wieder für wirtschaftliche
und politische Vorteile führbar werden, ist die körperliche
Robustheit bei Männern wieder eher gefragt. Das kann dazu
führen, dass unsere Wünsche nach Veränderung der
Männerrolle und der Frauenrolle in der Gesellschaft keine
Resonanz erhalten. Körperliche Robustheit wird eben im wesentlichen
als Stärke angesehen. Und in solchen primitiven Formen der
Auseinandersetzung ist dies dann auch tatsächlich der Fall.
Wäre es anders möglich, hätten wir alle die gleiche
Menge an Machtmitteln, dann wären wir gleichzeitig alle
machtlos, denn niemand könnte einen anderen Menschen dazu
zwingen, etwas zu tun, was der nicht möchte. Deshalb aus
eigenem Interesse an Euch alle ein anders gemeinter Satz aus
der Star-Wars-Serie: Möge die Macht mit Euch sein.
Aber ernsthaft, wenn Männer nicht wollen, dass Frauen auf
die oben beschriebene Weise Macht über sie ausüben,
dann müssen sie sich bemühen, die Männerrolle
zu demontieren, denn das Machtmittel über den Mann scheint
ja, nach Aussage von Farell gerade die Männerrolle zu sein.
Und gerade hiebei hätten wir dann die Feministinnen auf
unserer Seite. Tja, seltsamen Zusammenhänge gibt es. (js)
- Dein Kommentar zum Artikel: hier
-