95. Print-LUST, Sommer 08
 
Zur LUST im allgemeinen und zur 94. Ausgabe:
Lieber FreundInnen,
ich muss Euch doch mal etwas über meinen Eindruck schreiben, den ich gewonnen habe, als ich Eure Zeitschrift LUST in die Hände bekam.
In dem Buchladen, wo ich sie fand, waren noch einzelne ältere Exemplare, so dass ich mir einen ganz guten Eindruck beziehungsweise Überblick verschaffen konnte.
Also dass ich eine Ausgabe finden kann, die mich etwas mehr anspricht als die anderen, das ist wohl Glücksache.
Ihr beschäftigt Euch nämlich intensiver, als man es in Zeitschriften gewohnt ist, mit einzelnen Themen. Und wenn man gerade an einem dieser Themen Interesse hat, hat man Glück, großes Glück sogar, eben weil Ihr viele Informationen vermittelt und Euch intensiver als andere damit beschäftigt. Ihr versteht also, wo das Problem liegt?
In Eurer Frühlingsausgabe habt ihr Euch nun also an der “gesellschaftlichen Konstruktion des Körpers” festgebissen. Und das war die Hälfte vom ganzen Heft. Genauer gesagt, Ihr habt 3 mehr oder weniger Bemerkenswerte Bücher unter diesem Gesichtspunkt ausgewählt und ausgewertet. Das erste davon fand ich weniger bemerkenswert.
Nun interessiert mich dieses Thema eigentlich nicht besonders. Aber da ich die aktuelle Ausgabe schließlich erworben habe, nahm ich mich zusammen und las diesen Artikel trotzdem.
Und dann habt ihr mich doch erwischt, denn ich von Zusammenhängen erfuhr, die ich vorher nicht kannte, und ihr habt mich damit sozusagen auf eine Spur gesetzt.
Das Filmlexikon habe ich mir übrigens gekauft und dort noch viel mehr Belege in den amerikanischen Spielfilmen gefunden, wie durch die Darstellung der Männer- und Frauenrollen beziehunsweise Typen, die aus den genauen Beobachtungen der Menschen in der amerikanischen Gesellschaft stammen, wie also damit wieder Trends geschaffen werden.
Das ist wirklich hochspannend, da habt ihr absolut recht.
Die von Euch berechtigt so akribisch dargestellten einzelnen Kapitel aus dem Buch “marginalisierte Körper” haben mich tatsächlich in meiner Aufmerksamkeit verändert. Vieles davon wusste ich gar nicht und vieles hat mich wirklich erschüttert
Begriffe wie „normal” usw. erwecken nun viel deutlicher mein Misstrauen und meinen Widerspruch.
Insofern wart Ihr mit einem Thema bei mir erfolgreich, da ich ohne Euch dies wohl nie zur Kenntnis genommen hätte.
Ich nehme an, dass die meisten Menschen sich nicht die Mühe machen werden, etwas zu kaufen, was ihnen nicht beim ersten Blick gefällt und sich dann noch damit zu beschäftigen. Das wird sicher Euer Problem sein.
Ihr macht den Anschein, dass Ihr nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten produziert, und das heißt heutzutage schon was.
Ich aber freue mich darüber, dass es Euch gibt und dass ich Euch entdeckt habe.
Friedhelm H. Mannheim
 
Lieber Friedhelm,
vielen Dank für Dein Urteil. Das ermutigt uns in unserer Arbeit. Noch schöner wäre es ja, wenn sich das Interesse der LeserInnen dennoch wirtschaftlich derart rechnet, dass wir ein bisschen in die Offensive gehen könnten.
Doch da steht der konsumistische Zeitgeist entgegen. Da bleibt die an uns oft gestellte Frage, ob wir nicht der Realität des Zeitgeistes Opfer bringen sollten.
Doch dann würde uns diese Arbeit keinen Spaß mehr machen.
Viel Lesegenuss durch diese neue Sommerausgabe 08 und hoffentlich ermöglicht sie Dir wieder einen persönlichen Gewinn.
Joachim von der LUST

Zum Beitrag über eine Srategie und Taktik für unsere Bewegung in der 94. Ausgabe:
Hallo Ihr Lüstlinge,
muss es denn eine Strategie der Schwulenbewegung geben?
Abgesehen davon, dass es wohl für jede Bewegung richtig ist, die Dinge richtig zu erkennen und zu benennen, muss doch die Frage erlaubt sein, ob eine solche Bewegung beziehungsweise eine Lesben- und Schwulenbewegung überhaupt gibt.
Würde es sie geben, dann bräuchte sie Euren Rat schon gar nicht und würde selbst entscheiden, was sie braucht.
Und ihr, er seid ihr denn eigentlich, dass Ihr Euch anmaßt, solche Thesen aufzubringen. Wollt Ihr denn der Oberguru für Lesben und Schwule werden? Und redet Euch ja nicht raus, das seien nur Vorschläge.
Dass gar nicht dahinter ist, was Ihr so veröffentlicht, ist schon von der Äußerlichkeiten Eures grauen Blattes zu erkennen. Wie sieht das schon aus. Da liest man gar nicht weiter.
Deshalb meine ich, Ihr könnt unter den Schwulen gar keinen Schaden anrichten, weil Euch ohnehin gar niemand zur Kenntnis nimmt. Und daher wäre diese Mail auch nicht notwendig, wenn es mir nicht eine Lust bereiten würde, sie Euch um die Ohren zu schlagen. OldFreddy
 
Du hast ja sooo recht.
Joachim
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