107. Print-Ausgabe, Sommer-LUST 2011
 
Das Coming-out
ist eine entscheidende Situation im Leben eines Menschen, nämlich das zu akzeptieren, was man schon vorher geahnt oder befürchtet hatte: „Ich bin homosexuell“. Und nun muss mann/frau lernen, wie das ist, lesbisch oder schwul zu sein.
 
Hi Gay Guys n´ Girls,
In dieser 107. LUST wiederholen wir den Text der 63. LUST, da sich hier die Dinge nicht verbessert, sondern eher verschlechter haben.

Hier geht es um die Frage, wie man den Demütigungsversuchen entgehen kann. Wir leben ja die meiste Zeit unseres Lebens in einem heterosexuellen Umfeld. Weibliche und männliche (heterosexuelle) Jugendliche wie auch Erwachsene brauchen oftmals für ihre schwache Selbstachtung das Niedermachen anderer Leute. Und wir sind aus ihrer Sicht die dafür dankbaren Opfer, da wir doch ganz still sein sollen, wenn wir schon „so” sind.
Diesen triumphalen Genuss wollen wir ihnen aber nicht gönnen. Und außerdem ist es wichtig, dass sie dabei erkennen, wie mies sie sind, und dass man das mit uns nicht so einfach (mehr) machen kann.
Was bekommen wir von ihnen so zu hören?
 
Homosexualität ist unnatürlich, denn Sexualität dient dem Zeugen von Kindern
Dieses Argument ist sehr leicht zu entkräften. Du fragst einfach den Menschen, der so etwas zu dir sagt, wie viele Kinder er hat und wie oft er schon Sex hatte.

Sexualität „dient” überhaupt nicht, sondern macht Spaß. Es bereitet den Menschen Vergnügen, die Sex haben, zumindest sollte das so sein. Sexualität ist eine genussvolle zwischenmenschliche Kommunika-tionsform. Wenn hier und da mal bei ganz bestimmten Kombinationen und Sextechniken Kinder entstehen, dann ist das nicht immer gewünscht, manchmal aber doch. Das soll aber nicht unsere Sorge sein.
 
Homosexualität ist unnatürlich, denn Tiere verhalten sich nicht homosexuell.
Erstens gibt es in vielen Bereichen Verhaltensweisen, die Menschen an sich haben, die nicht aus der Natur, sondern aus der Kultur stammen. Zweitens gehört Homosexualität zur menschlichen Natur, denn es gab und gibt sie in der ganzen bekannten Geschichte und in allen Kulturen.
Drittens gibt es Tiere, die gelegentlich homosexuell verkehren, bei-spielsweise Löwen, Wölfe, Giraffen, Menschenaffen, Delfine ... Bei der unendlichen Vielfalt der Tieren gibt es unendlich viele sexuelle Praktiken. Viertens, Bei Menschen gibt es auch unendlich viele sexuelle Praktiken, mehr jedenfalls als die reinen Be-gattungsakte. Was spricht dagegen, sie alle auszuprobieren und uns so ein schönes Leben zu machen?
Homosexualität ist krankhaft, denn gesund ist, wenn ein Mann eine Frau liebt und eine Frau einen Mann liebt.
Es fällt schwer, Menschen, die so unvernünftig argumentieren, vernünftig zu antworten. Sex ist einfach gesund, denn es macht uns glücklich, und glückliche Menschen sind gesünder als unglückliche, die durch ihre Selbstunterdrückungen leichter erkranken. Es gibt keinen „krankhaften” Sex, der auf Gegenseitigkeit beruht. Wer mit „krankhaft” argumentiert, will seine schwachen Argumente damit nur künstlich stärker erscheinen lassen. Wenn ein oder mehrere PartnerInnen sexuelle Lust mit sich selbst und/oder anderen empfinden, dann ist das einvernehmlich und geht niemanden außenstehenden an. Wenn überhaupt etwas „krankhaft” ist, dann sind es die Leute, die andere Menschen an ihrem sexuellen Glück hindern wollen.
 
Homosexuelle verführen die Jugend zur Homosexualität. Aus Gründen des Jugendschutzes müssen sie daran gehindert werden.
Homosexuelle sind oft auch selbst Jugendliche oder sie waren es. Es gibt uns in jedem Alter. Und Menschen, die miteinander sexuell verkehren wollen, gibt es folglich auch in jedem Alter zwischen Menschen des gleichen Alters und auch zwischen unterschiedlichen Altersgruppen, denn wer schreibt uns eigentlich vor, nur altersgleiche Part-nerInnen zu suchen?
Sofern es sich hier nicht um Sexualität von Erwachsenen mit Kindern handelt, bleibt das im Bereich des Selbstbestimmungsrechtes der an diesem Spiel interessierten Menschen. Mit dem in der Überschrift genannten Vorwurf wurden die Gesetze gegen homosexuelle Menschen begründet. Wir würden auch Ehe und Familie gefährden, wurde bei der Rechtfertigung der Strafgesetze behauptet.
Gewalt und Nötigung, um sexuelle Handlungen gegen den Willen der PartnerInnen durchzusetzen, sind gegen unsere Interesse gerichtet: Und die sind, dass jeder Mensch so sein darf, wie er nun mal ist. Aber wenn sich jemand bei einem Anbahnungs-spiel „verführen” lässt, dann kann man Neugier und Interesse unterstellen. Das darf nicht mit dem sexuellen Missbrauch gleichgesetzt werden, denn sonst würde man uns grundsätzlich verwehren, Kontaktversuche zu unternehmen. In den 80er Jahren wurde die Ideologie der „Heilige Familie” schwer erschüttert, als offen ausgesprochen wurde, dass nicht „die abartigen Homosexuellen” Kinder missbrauchen, sondern dass dies im engsten Familienkreise geschieht, oft sogar durch nahe Verwandte. Das wollten die heterosexuellen Ehepropagandisten nicht auf sich sitzen lassen. Sie behaupteten, dass durch sexuellen Missbrauch Homosexualität entstehen würde.
Wir haben in unserer Gruppe nachgefragt, ob jemand solche schrecklichen Erlebnisse machen musste. Die Unterdrückung der sexuellen Selbstbestimmung hatten aber einige von uns nur in der Form erlebt, dass die Familie sie an homosexuellen Kontakten zu hindern versuchten und dass altergleiche FreundInnen Homosexualität herabsetzend titulierten.
 
Homosexualität ist unnormal. Wenn das alle machen würden, wäre die Menschheit schon ausgestorben.
Wenn jemand so argumentierst, kann man fragen, ob er oder sie denn schwul oder lesbisch empfinden würde und das andere nur lustlos tut, damit genügend Kinder da sind? Sex haben, heißt doch nicht automatisch Kinder zeugen, auch wenn das dabei natürlich auch vorkommt. Muss wirklich jede Frau eine Mutter werden?
Leiden wir denn an Unterbevöl-kerung? Stirbt denn die Menschheit gerade aus? Aber wenn, was wäre daran schlimm? Und wenn „die Deutschen” wegen dem Sex der Homosexuellen aussterben würden, was übrigens Quatsch ist, wie deutsche Rassisten manchmal argumentieren, dann sollte man sie fragen, ob das wirklich ein Verlust wäre, wenn sie weg wären?
Wenn es tatsächlich auf das Sperma ankäme, das zum Beispiel männliche Homosexuelle nicht zum Zeugen von Kindern benutzen, dann könnten sie ja Sperma für künstliche Befruchtung zur Verfügung stellen.
Aber auch bei Heteros wird viel Sperma mit Kleenex weggewischt, in Pariser eingeknotet und überallhin verspritzt und vergossen, so dass es auf unsere Tropfen wirklich nicht ankommt.
 
Homosexualität ist ekelhaft, ich könnte keinen Menschen des gleichen Geschlechts erotisch finden.
Das bedeutet ja nur, dass diejenige den weiblichen und derjenige den männlichen Körper in erotischer Hinsicht ekelhaft findet, also auch den eigenen Körper. Solche Leute sollten uns leid tun.
Aber wie ist es bei der Selbstbefriedigung? Dort streichelt doch eine Frauenhand einen Frauenkörper beziehungsweise eine Männerhand einen Männerkörper. Ist das ekelhaft? Und im Spiegel, finden sich diese Leute dann selbst ekelhaft? Sie wollen natürlich damit sagen, dass sie uns als ekelhaft empfinden. „Die könntest du mir nackt auf den Bauch binden”, hörten wir z. B. eine lesbenfeindliche Frau sagen. Da wollten wir sie aber beruhigen.
Keine Frau von uns war an ihr interessiert, denn so toll sah sie auch nicht aus, und was ihren Charakter betrifft, ganz zu schweigen. Als wir ihr das sagten, hat ihr das dann auch nicht gefallen.
 
Homosexualität ist Sünde, denn Sexualität ist nur in der Ehe und zwischen Mann und Frau keine Sünde.
Wir würden mit unserer Sexualität sündigen? Gegen diese Beleidigung müssen wir uns verwahren. Diese anmaßende Verurteilung steht niemanden zu. „Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet”.
Wer an solche Dinge glaubt, mag nach seinen Richtlinien leben, aber uns nicht damit beleidigen oder angreifen. Da sollten wir keinen Spaß verstehen, sondern diese Aussage derart übel nehmen, dass der oder die andere versteht, wie unverschämt er/sie ist.
 
Homosexuelle werden diskriminiert, deshalb sollten möglichst wenig Menschen homosexuell werden.
Das ist ein besonders blödes Argument. Da könnte man auch sagen, wenn dunkelhäutige Menschen diskriminiert werden, muss man dafür sorgen, dass sie keine Kinder mehr bekommen. Übel sind die heuchlerischen Diskriminierer, die nicht mal dazu stehen können, dass sie uns weghaben wollen. Und wir sollen auch noch einsehen, dass wir weg gehören. Wer so redet, sollte mit dem Diskriminieren endlich aufhören, dann gehts uns einfach besser.
 
Homosexuelle können keine normale Freundschaften haben, weil es ihnen immer um Sex geht.
Was ist schon eine „normale” Freundschaft unter Frauen? Etwa, wenn sie die Beziehungen durchhecheln, über Verwandte und Kinder reden und sich über ihre Freunde, Männer und Liebhaber beklagen?
Ist es da nicht besser, wenn wir unser Freundinnen in die Arme nehmen können und einfach küssen? Dann ist der Mund mit anderem beschäftigt. Und das Tratschen, das machen wir Lesben nun auch mit schwulen Männern.
Und was ist eine normale Männer-freundschaft? Über Fußball, Autos und Frauen reden, sich gegenseitig die Schultern blau klopfen, zusammen besoffen pissen gehen und sich gegenseitig mit den Zigaretten Löcher in die Klamotten brennen? Über unsere Männer tratschen, das machen wir dann mit Frauen.
 
Homosexuelle haben unästhetische und ekelhafte Sexualpraktiken. Schwule Männer machen mit ihrem schmutzigen Sex andere Männer zu ihren Frauen, und lesbische Frauen kommen doch ohne Schwanz nicht aus.
Also, da könnten wir viele boshafte Sätze finden, mit denen heterosexuelle Praktiken besonders ekelhaft dargestellt würden. Das muss aber nicht unser Stil sein.
Dass Frauen ohne Schwanz nicht auskommen würden, ist der fromme Wunsch gieriger heterosexueller Männer. Natürlich ist u.a. auch etwas Längliches wie Zunge, Finger oder etwas aus Gemüse oder Plastik bei einigen Praktiken ganz praktisch.
Das ist aber genauso wenig ein Schwanz wie der Schalthebel in einem Sportwagen in der Hand eines heterosexuellen Mannes. An einem Schwanz ist nämlich ein Mann dran, und das macht den Unterschied.
Besonders auch der Analverkehr gehört zu den vielfältigen Praktiken homosexueller Männer. Und gerade dies ist ein Trauma heterosexueller Männer, denn die zusammengekniffenen Arschbacken machen den Helden aus, der seine weiche Stelle nicht mit einem Lindenblatt zudecken kann. Analverkehr ist nicht schmutziger als Vaginalverkehr, denn die Scheiße passiert den Enddarm und lagert dort nicht. Sehr viele empfindliche Nerven befinden sich in der Zone zwischen Schwanz und Loch, und dort lässt sich allerhand fühlen, wenn Mann nicht Angst hat, dadurch unmännlich zu werden. „Gefickt werden” heißt in der Gossen-Umgangssprache auch „gedemütigt werden”. Das will ein heterosexueller Mann den Frauen zumuten und selbst nicht erleben. An Analverkehr ist nichts Erniedrigendes. Wer Lust dran hat, solls ruhig erleben, wers nicht mag, solls halt lassen.
 
Homosexuelle müssen uns Heterosexuelle besonders achten, denn sie sind von einer heterosexuellen Mutter geboren worden.
Sicher ist es angebracht, die eigene Mutter zu achten. Bedeutet das aber, dass wir andere Leute deshalb nicht achten sollen? Aber die, die uns so etwas sagen, haben uns weder gezeugt noch ausgetragen und geboren. Kein Mensch ist aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Gruppe be-sonders achtenswert oder verachtenswert. Man will hier die Heterosexualität heilig sprechen, was wir nicht akzeptieren können, denn auch unsre Sexualität ist uns „heilig“.
 
Lesben sind verklemmte Frauen, die nur mal einen richtigen Mann brauchen.
Was ist das, eine verklemmte Frau? Bestimmt nicht eine Frau, die einen solchen Sprücheklopfer ablehnt. Was ist ein „richtiger Mann”? Einer, der es nötig hat, seine „Männlichkeit” ständig Frauen gegenüber unter Beweis zu stellen? Er hat zu akzeptieren, dass diese Frau diesen Mann nicht will. Über den Grund hat sie ihm keine Rechenschaft abzulegen. Ein Mann, der das nicht akzeptieren kann, scheint allerdings unter einem ganz schönen sexuellen Druck zu stehen, den er auf angemessene Weise nicht bewältigen kann. Er selbst scheint also verklemmt zu sein.
 
Schwule sind sexsüchtig, sie können einfach nicht enthaltsam leben. Selbst die Bedrohung durch Konzentrationslager hat sie nicht von ihrer widernatürlichen Unzucht abgehalten.
Was ist eine Sucht? Bestimmt nicht, wenn man sexuellen Genuss erleben möchte, auch nicht, wenn man ihn öfter, als andere es wollen, erleben möchte. Sexualität bedeutet Lebensglück. Da ist es schon eher seltsam, wenn jemand sexuell enthaltsam leben möchte. Doch das ist die Entscheidung jedes Menschen für sich. Aber was andere Menschen mit anderen Menschen machen (wollen), geht einen dritten nichts an (solange es sich nicht um Nötigung oder einen gewaltsamen Übergriff handelt). Seltsam ist es, dass „Zucht” wie „Zuchthaus” offensichtlich immer noch für gut gehalten wird, wenn man „Unzucht“ für etwas Schlechtes hält.
Was hier aber über Schwule bezüglich Konzentrationslager ausgesagt wird, ist faschistisch, denn es bedeutet in seiner Konsequenz: man kann die Schwulen nur durch Ausrottung an Homosexualität hindern. Wer einen Menschen, mit dem er genussvoll gegenseitige Sexualität erleben kann, kennenlernt, macht sich meistens keine Gedanken über Gefahren und Strafgesetze.
 
Ein Jugendgespräch:
Sabine: „Hallo Irma, wie gehts Dir und Deiner geliebten Freundin Monika?”
Irma: „Ach erinnere mich doch nicht an die. Die hat sich ja sogar einem Mann an den Hals geworfen. Ich bin völlig fertig.”
Sabine: „Iiiiiii, das ist ja ekelhaft. Aber nimm es mir nicht übel, ich habe nie verstanden was Du an der gefunden hat. Dass mit der etwas nicht stimmt, den Verdacht hatte ich schon immer. Die war doch völlig unnormal. Allein wie die so rumgelaufen ist: wie eine Tunte, die von einem Mann genommen werden will.”
Irma: „Jetzt sei aber nicht ungerecht. Du bist ja nur eifersüchtig. Sie war selbstbewusst und hingebungsvoll. Wie konnte man da so etwas erwarten. Wir waren so glücklich miteinander. Was die nur an einem Mann findet? Dieser komische mit Blut gefüllte oder schlapprige Wurmfortsatz am Körper, damit kann man doch überhaupt nichts anfangen. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ich apelliere an Dich als Freundin, das Du diese Geschichte nicht weitererzählst. Monika ist schon gestraft genug. Wenn sie Wert darauf legt, ihr Hetensein jemanden zu gestehen, sollte sie das nur aus freien Stücken tun dürfen.”
Sabine: „Da hast Du natürlich recht. Alle würden sie verachten. Damit muss sie selbst zurechtkommen. Aber die Gerlinde muss ich natürlich warnen, damit die nicht länger hinter der Monika herrennt. Sie würde sich ja zur vollkommenen Närrin machen.“
Irmgard: „Vielleicht ist das ja nur eine Phase, die vorübergeht. Da dürfen wir nicht vorgreifen und ihr Leben ruinieren.”
Sabine: „Das hat sie sich dann selbst zuzuschreiben. Wer so was tut, darf andere nicht verletzen. Aber die ehrliche Liebe einer normalen Lesbe geht vor. Die darf nicht durch so eine irregeführt werden”.
 
Ein Brief:
Hallo Manfred,
wie geht es Deiner Frau? Ich wollte Dir eigentlich schon immer mal sagen, dass ich Dich achte, obwohl Du an Heterosexualität leidest. Wie ist das eigentlich gekommen? Hast Du ein schlechtes Erlebnis mit einem Mann gehabt?
Ich schreibe Dir, weil ich im Gay-Bild-Blatt erfahren habe, dass es in den USA einen Psychologen gibt, der heterosexuelle Menschen heilen kann, so dass sie wieder normal werden und auch wieder einen Menschen des gleichen Geschlechts lieben können. Wäre es nicht toll für Dich, wieder ganz normal zu sein? Du wärst dann kein Außenseiter mehr.
Es gibt noch einen weiteren Grund, weshalb ich Dir heute schreibe. Du weißt ja, dass ich Dich mit Deiner Neigung toleriere. Ich habe immer vertreten, dass es auch unter Euch anständige Leute gibt. Ihr könnt einfach nichts dazu, dass Ihr so seid. Aber sage nichts davon unseren Vätern. Die sind alte Leute, haben ihr Leben lang rechtschaffen auf anständige Weise gelebt und könnten nicht ertragen, dass ihr Sohn so einer ist. Außerdem, wenn Du mit Deiner Frau wieder zu uns auf Besuch kommst, solltest Du weiterhin verschweigen, dass sie eine Hete ist, und vor allem solltest Du sie nicht wieder vor der Haustüre küssen. Da kann man sich doch etwas zusammennehmen, wenn man schon so ist. Was sollen denn die Nachbarn von uns denken?
Du weißt Manfred, wir haben immer gewartet, dass Du eines Tages mit einem anständigen jungen Mann nach Hause kommst. Dass es nun anders ist, damit müssen wir nun alle zurechtkommen, was nicht leicht ist. Daran solltest Du immer denken.
Ich umarme Dich, Dein brüderlicher Johannes
 
Hallo Gay Guys n´ Girls,
Ihr seht, wir Lesben und Schwule sind keine unterwürfigen Bittsteller um Toleranz, sondern wir können den diskriminierenden Heten-Boys und -Girls selbstbewusst entgegentreten. Es geht uns auch nicht um das gnädige Tolerieren, sondern um das ebenbürtige Akzeptieren. Wir möchten nämlich, wie andere Menschen auch, so akzeptiert werden, wie wir uns unser Leben einrichten wollen, weil es so für uns gut ist.
Beim Tolerieren erwartet man von uns, dass wir uns so lange an das Hetenleben anpassen, bis überhaupt keine „abweichenden” Verhaltensweisen mehr zu erkennen sind, bis wir die anderen also nicht mehr stören.
Ob wir allerdings so offensiv und selbstbewusst auftreten können, wie es selbstverständlich für uns am besten wäre, das kommt ganz auf die Gegebenheiten an.
Wenn man es mit solchen Nazi-Jugendlichen zu tun hat, die Gewalt anwenden, um Recht zu behalten, dann ist natürlich das Argumentieren sinnlos, auch gerade das witzige Argumentieren. Es könnte nämlich sein, dass sie finden, dass Du eigentlich Recht hast, mit dem, was Du sagst. Das kann dann zu einem Gewaltausbruch führen, weil nichts sein darf, was nach ihrem Weltbild nicht sein kann. Wenn sie jemanden verprügeln oder gar umbringen, dann behalten sie natürlich recht, meinen sie. Auch wenn solch ein Verhalten natürlich gerade beweist, dass sie unrecht haben, können sie uns damit gefährlich werden.
Für uns ist eine Menge Feingefühl nötig, wenn wir uns in der Welt, die wir vorfinden, einigermaßen zufriedenstellend einrichten wollen. Gleichzeitig müssen wir mit anderen, die das auch wollen, dazu beitragen, dass die Welt ein Stückchen besser wird, mitmenschlicher, erle-benswerter. Das wäre emanzipatorische Politik. Dafür kann sich jemand entschließen, der Unterdrückung generell abschaffen will und nicht der, der von Unterdrückunng profitieren will. Lesbisch und schwul sein bedeutet nicht automatisch, sich verantwortlich zu verhalten. Wir Lesben und Schwulen hatten in der Geschichte immer dann einen größeren Spielraum zum leben, wenn sich die Welt um uns herum in Richtung Emanzipation bewegte. Und es ging unseren Leuten immer dann schlecht, wenn irgendwelche politischen oder religiösen Fundamentalisten allen Menschen Vorschriften machen wollen, wie sie zu leben haben. Dass die zum Zuge kommen, ist aber kein Naturgesetz. Dagegen können wir mit unseren politischen Bündnispartner-Innen schon zusammen was unternehmen. Und ärgert Euch nicht, wenn unter denen auch homophobe Leute sind.
Es grüßt Euch in diesem Sommer im Jahre 2011 das Beratungsteam der ROSA LÜSTE