- 110. Print-Ausgabe, Frühlings-LUST 2012
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- Das Coming-out
ist eine entscheidende Situation im Leben eines Menschen, nämlich
das zu akzeptieren, was man schon vorher geahnt oder befürchtet
hatte: Ich bin homosexuell. Und nun muss mann/frau
lernen, wie das ist, lesbisch oder schwul zu sein.
- Hi Gay Guys n´ Girls,
Und Du nimmst nun an, lesbisch bzw. schwul zu sein?
am Beratungstelefon werden wir von jungen Mädels bzw. Jungs
manchmal gefragt, ob sie nun lesbisch bzw. schwul sein könnten.
Dies ist sicher die Folge davon, dass in der Öffentlichkeit
von dieser Möglichkeit gesprochen bzw. berichtet wird, was
früher so nicht war. Das war klar, ein Mädel gehört
später einmal zum Mann, ein Junge zur Frau. Doch, ist es
denn erst einmal wichtig, sich selber in eine Schublade zu setzen,
bevor man/frau so richtig weiß, wer frau/man ist? Die
Frage ist auch ein bisschen in die Richtung, wen oder was man
dafür verantwortlich machen kann.
Wir müssen dann sagen, dass man/frau dies erst später
bemerkt, z.B. wenn frau sich z.B. in ihre Lehrerin oder ihre
beste Freundin verliebt, wenn Mann sich entsprechend verliebt.
Anzeichen gibt es allerdings schon vorher. Diese Anzeichen scheinen
bei Jungs stärker zu sein als bei Mädels.
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- Hi Gay Guy,
Am deutlichsten waren es die Sehnsuchtsträume, auch Pol-lutionsträume
genannt, die Dir signalisierten, dass für Dich ein anderer
Junge oder ein Mann in Fragen Sex und Liebe infrage kommt. Und
weil Schwule Sau oder Ähnliches von Deinen gleichaltrigen
Freunden noch in den Ohren klingt, willst Du erst einmal nicht
sein, was Du bist und womit Du glücklich wirst.
Deine sogenannte feuchten Träume sind und waren
Dir schon immer ein Hinweis, wonach Dir gelüstet. Diese
so genannten Pollutionsträume, die zusammen mit einer Samenentleerung
stattfinden, hast Du, bevor Du entdeckt hast, wie Du Dir selber
Erleichterung verschaffen kannst. Dann entsteht in Dir nicht
mehr ein derart großer Anstau von Sekreten, dass Du die
nachts im Schlaf verlierst.
Und wenn Du Dir Luft verschaffst, hast Du ja auch ganz bestimmte
Phantasien. Und diese sind dann auch ganz schön zielgerichtet.
Die müssten Dir sagen können, in welche Richtung Dein
Verlangen geht. Hier zeigt sich auch, ob Du eher der aktive maskuline
Typ bist, nämlich wenn Du eher Jungs in Deiner Vorstellung
hast, oder ob Du eher der passive Typ bist, nämlich wenn
Du eher an muskulöse kräftige oft auch haarige Kerle
denkst.
Diese Zuordnung trifft aber nicht auf alle zu und sie kann sich
auch noch im Laufedes Lebens ändern.
Auf jeden Fall kannst Du nun durchaus annehmen, dass Du wohl
schwul bist. Und Du weißt wohl auch, in welche Richtung
Dein Lebensglück werden oder sein könnte.
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- Hi Gay Girl,
Deine Verliebtheit in Deine Freundin, die mehr ist als nur so
eine Freundin, signalisiert Dir deutlich, dass Du anders bist,
als Deine Freundinnen, die im wesentlichen die Jungs im Umfeld
begutachten und die damit schon den ersten Schritt in die Ehe
mit Kindern usw. auf ihren vorbestimmten Weg machen.
So sind die eben, währen Du schon deutlich spürst,
dass Du mit einer Frau glücklich werden kannst.
zu den Hinweisen, wem (also welchem Geschlecht) Deine erotische
Aufmerksamkeit letztlich gilt, gehören die Dich sehr stark
beeindruckenden Träume von Gesichtern, also von anderen
Menschen. Solche Träume widerspiegeln in gewisser Weise
schon recht früh die Ausrichtung Deiner körperlichen
sexuellen Objektwahl. Dies mag sich später noch genauer
ausrichten, zum Beispiel wenn Du Dir die Nähe einer ganz
bestimmten Person wünschst.
Dass dies bei Mädchen recht lange eher unspezifisch ist,
mag der Grund sein, warum so viele Mädchen zuerst einmal
erotische Freundschaften mit Jungen pflegen, bevor sie die mit
Mädchen suchen, wie wir aus unseren Umfragen wissen. Diese
Jungs waren entweder blöd oder brutal, andere aber lieb
und gut, dennoch bemerkten die Mädchen, dass dies nicht
ihr richtiger Weg ist.
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- Hi Gay Guy n´ Girl,
selbst wenn man es nun verstanden hat, dass eine Frau eine Frau
begehren kann und ein Mann einen Mann, ist der Weg zum Lebensglück
mit zahlreichen Hürden zugestellt, die den Heten den Weg
weisen sollen. Sie machen es uns schwer, unserer Weg in das Lebensglück
erst einmal zu finden.
lasst Euch noch Zeit mit Eurer Vermutung, welcher sexuellen Ausrichtung
Ihr nun seid. Wir wissen, in Eurem Alter will man es gleich und
ganz und gar wissen, aber das ändert sich alles noch, wir
sagen, das spezifiziert sich noch mit den zunehmenden Erfahrungen,
die Du sammeln konntest.
Wie gesagt, setz Dich nicht zu früh in Deine Schublade rein,
in der Du Dich vielleicht erst später zuhause fühlen
kannst. Das alles findet sich mit gemachten Erfahrungen.
Du könntest zum Beispiel auch bisexuell sein, nämlich
empfänglich für erotische Signale beider Geschlechter.
Wir wünschen Dir also hilfreiche Erfahrungen.
Und dann gibt es auch noch die Idioten, die sich in das Leben
von Lesben und Schwulen einmischen wollen, die oftmals einen
solchen Hass auf uns haben, dass sie sogar gewaltsam gegen uns
vorgehen wollen oder mit übler Nachrede oder so, anstatt
uns das Recht einzuräumen, das jeder Mensch im Prinzip hat:
seinen eigenen Weg zu finden
Solche Menschen, die uns das Leben schwer machen wollen, sind
homophob, als sie fürchten sich in Wirklichkeit, auch wenn
sie es sich nicht eingestehen wollen, vor Homosexualität
und wollen daher die homosexuellen Männer und oft auch Frauen
bestrafen.
Unserem Lebensglück stehen auch Strukturen in der Gesellschaft
gegenüber, die alle für ein heterosexuelles Leben gemacht
wurden, und Leute in der eigenen Lesben- und Schwu-lenszene,
die dies nicht so richtig verstanden haben und die uns mit heterosexuellen
Normen und Werten belästigen und von unseren eigenen Wegen
abzubringen versuchen.
Wenn jemand in unserer Szene keinen guten Ruf hat, sondern eher
von vielen kritisiert wird, dann kann es sein, dass genau der
oder die tatsächlich für sich einen guten Weg gefunden
hat, weshalb ihn viele nicht mögen.
Unterdrückte Minderheiten sind nämlich gerade deshalb
keine besseren Menschen. Da-her ist euer Weg zum Lebensglück
gar nicht so einfach.
Wir leben in einer Zeit, in der die offiziellen Medien weitgehend
auf Homophobie verzichten, in der Homosexuellengruppen zu offiziellen
Anlässen Einladungen erhalten und in denen Mitschüler,
Arbeits-kollegInnen über Euch negativ tratschen, während
Euch andere in Schutz nehmen.
Ihr lebt, so wird Euch ständig versichert in guten Zeiten
und ihr fragt Euch, ob die diskriminierenden Erfahrungen, die
ihr erlebt oder erlebt habt über-haupt nicht zählen.
Es gibt Leute, die halten es überhaupt nicht für verletzend,
wenn in Freundesgesprächen dumme antischwule Anspielungen
gemacht werden. So etwas, das scheint eine weitverbreitete Meinung
zu sein, wäre ja nicht so schlimmt und damit müssten
Schwule schon mal zurechtkommen. Man sei nicht antischwul,
man wolle einfach nur Spaß haben. Und da solle man nicht
noch als Spaßbremse dafür sorgen, dass man ihn nicht
mag.
So ist das also. Die Diskri-minierer wollen auch noch bestimmen,
wann wir uns diskriminiert fühlen dürfen.
Warum scheuen sich viele von uns, offen erkennbar lesbisch oder
schwul aufzutreten? Dafür muss es doch Gründe geben?
Und diese Gründe gibt es, denn wir haben ja in der Zeit,
in der wir unsere Homosexualität noch gar nicht erkannt
hatten, genügend gehört und gesehen, was uns doch vorsichtig
werden lässt.
Außerdem möchten junge Menschen gerne alle Möglichkeiten
des Lebens für sich offenstehen haben und nun nicht ein
für allemal in eine ganz bestimmte Schublade gepackt werden.
Eine bisexuelle Frau äußerte dies einmal in unserer
Gruppe, sie wolle einfach alle Türen für sich offenstehen
haben und nicht deshalb viele verschlossen vorfinden, weil sie
die eine Tür aufgemacht habe.
Das ist natürlich verständlich, dass ein Mensch alle
Möglichkeiten offen vor sich haben möchte. Und wir
bestreiten dies auch niemanden. Die dies bestreiten gehören
aber denen an, denen es eine Lust ist, die Menschen kategorisch
in gut, wie sie es selber sind, und in schlecht einzuteilen.
Ihr seht schon, warum sie andere abfällig behandeln möchten?
Selbstverständlich deshalb, um sich selber zu erhöhen
und größer zu machen.
Im Grunde sind es ja ganz erbärmliche Menschen, die glauben,
dass sie so etwas nötig haben: nämlich andere Menschen
herabzusetzen, damit sie selber größer dastehen.
Es geht im Grunde gar nicht um uns homosexuelle Menschen, wenn
einige Leute ständig andere Gruppen von Menschen niedermachen
müssen, ob es darum geht, dass sie eine andere Hautfarbe,
Sprache, eine andere Gesinnung, eine andere Lebensart haben.
Es geht ihnen gar nicht um die jeweiligen Minderheiten und Gruppen
von Menschen, denn ihr Denken ist einfach so: Ich bin (aus irgend
einem Grund) was Besseres, will es zumindest sein, daher muss
ich andere erkennen und bloßstellen, die aus irgend einem
Grund was Schlechteres sind.
Kann man denn um seinen Platz in der Gesellschaft ringen und
dennoch ein anständiger Mensch bleiben? Selbstverständlich
kann man das, das weißt Du doch.
Besonders wir Lesben und wir Schwulen haben doch schon lange
die Erfahrung gemacht, wie es ist, von anderen benutzt zu werden,
damit die sich groß und toll vorkommen.
Es geht gar nicht nur um uns, es geht um eine diskriminierende
Art, sich als was Besseres darstellen zu wollen.
Sie sind nicht groß, die so etwas tun oder glauben nötig
zu haben. Aber sie sind lästig, besonders wenn sie Leute
finden, bei denen sie damit ankommen. Das müssen aber nicht
unbedingt wir sein.
Es grüßt Euch
Euer RoLü-Team