71. Ausgabe, Sommer-LUST, Juni/Juli/August 02
Fischerfarbbeutelprozess - Verfassungsbeschwerde
Heute legen meine Anwälte gegen den Beschluss vom 7. Mai
2002 des Oberlandesgerichtes Hamm Verfassungsbeschwerde ein! In
dem Beschluss des Oberlandesgerichtes Hamm wurde die Revision
als unbegründet verworfen und das Urteil (120 Tagessätze
zu je 30 DM) des Landesgerichtes Bielefeld vom 23.05.2001 bestätigt.
Gegenstand der Verfassungsklage ist die Verletzung meiner Grundrechte
nach Artikel 2, Absatz 1 und Artikel 3, Absatz 1 des Grundgesetzes.
Zur genaueren Erläuterung:
Der Angriffskrieg gegen Jugoslawien war völkerrechts- und
grundgesetzwidrig. Deshalb hatten alle StaatsbürgerInnen
das Recht zum Widerstand, da andere Abhilfe nicht möglich
war.
In meiner Prozesserklärung erklärte ich sowohl am 22.12.00
als auch am 23.5.2001 folgendes: Mit dem Farbbeutel auf
den Kriegsaußenminister habe ich Fischer als verantwortlich
für Mord und Vertreibung blutrot markieren wollen. (...)
Ziel war, alles dafür zu tun, den laufenden Krieg zu behindern,
zu stoppen, zu verhindern. Es lag in der Verantwortung eines jeden
einzelnen Menschen, alles dafür zu tun, dass dieser Krieg
sofort beendet wird, und gegebenenfalls auch die Kriegstreiber
Fischer, aber auch Schröder und Scharping und wie sie alle
heißen, aktiv in ihrem Tun zu stoppen.
Das Landgericht Bielefeld unterstellte die in der Einlassung enthaltenen
Tatsachen für meine Motivation als wahr, um dann im Urteil
ein Notwehr- bzw. Nothilferecht dennoch wie folgt abzulehnen:
Der Farbbeutel sollte ein ´Beitrag` im Rahmen der
politischen Willensbildung sein. Die sofortige Beendigung oder
Abschwächung eines gegebenenfalls vorliegenden Angriffes
konnte damit auch nach der Vorstellung des Angeklagten (Hervorhebung
durch mich - S.F.) nicht erzielt werden.
Hinter dieser offenkundigen Verdrehung tritt der politische Charakter
des Prozesses um Fischers Farbbeutel zutage. Das Gericht erkannte
einerseits meine in der Prozesserklärung deutlich formulierten
Motive an, ignorierte und verdrehte sie anderseits im Urteil.
Dadurch hat das Landgericht gegen das Willkürverbot gemäß
Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz und gegen den Anspruch auf ein
faires Verfahren gemäß Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz
verstoßen.
Mit dem blutroten Farbbeutel wurde der Kriegsaußenminister
Fischer während des medial inszenierten Sonderparteitages
von Bündnis 90/Grüne am 13.05.1999 für alle Welt
sichtbar markiert.
Die aktuelle Beteiligung der BRD am globalen Krieg gibt der Aktion
im Nachhinein Recht. Entschlossener Widerstand und Zivilcourage
gegen jeden Krieg und Herrschaft sind notwendig! Ein grundsätzlicher
Widerstand gegen den Krieg überschreitet und bricht bewusst,
mit viel Mut womöglich, mit persönlichen Konsequenzen
sicherlich,
Gesetze, um jede Kriegspolitik zu sabotieren.
Zu dieser menschlichen Haltung gibt es keine Alternative!
Samira F., Berlin den 6. Juni 2002