73. LUST, Winter 02/03
Das Gesicht der Union
Nach Schwulenhetze: Rosa Liste fordert Rücktritt von Thomas Goppel und Entschuldigung von Edmund Stoiber
Die Hetze von CSU-Generalsekretär Thomas Goppel gegen die Familienpolitik der Bundesregierung vor dem CSU-Ortsverband Aschau gipfelte in dem Ausfall gegen den offen schwulen Berliner Bürgermeister: Wowereit und Partner, die allabendlich versuchen, der Biologie ein Schnippchen zu schlagen und keinen Erfolg haben, würden von der Regierung auf eine Stufe gestellt wie Vater und Mutter, die ein ganzes Leben lang zusammen seien.
Damit greift Goppel nicht nur Wowereit persönlich,
sondern auch alle lesbischen und schwulen Paare mit und ohne Kinder
in einer diffamierenden und diskriminierenden Art und Weise an,
die unerträglich ist., sagt Thomas Niederbühl,
Münchner Stadtrat der schwul-lesbischen WählerInnen-Initiative
ROSA LISTE, fordert Goppels Rücktritt und fragt sich, warum
die Lesben und Schwulen in der CSU sich das gefallen lassen.
Nach der Kommunalwahl im März kündigte die Münchner
CSU an, eine Metropolen-Partei zu werden und auch Lesben und Schwule
in den Blick zu nehmen. Vor der Bundestagswahl hat Stoiber beschwichtigt,
am Lebenspartnerschaftsgesetz für gleichgeschlechtliche Paare
nichts ändern zu wollen. Wenn Stoiber das berechtigte Misstrauen
von Lesben und Schwulen ausräumen will, dann sollte er sich
bei Wowereit und der schwul-lesbischen Community entschuldigen
und endlich Lösungen für die schwierige Realität
von schwul-lesbischen Paaren mit Kindern anbieten. Sonst müssen
wir annehmen, die CSU will mit den Stammtisch-Sprüchen von
Vorgestern Provinz-Partei bleiben. Dann aber müssten wir
dem Ex-Kanzlerkandidaten seine eigenen Postkarten zurückschicken:
«Ätsch, verarscht.»
verantwortlich: Thomas Niederbühl, 0171-8348853
SCHWUSOS HESSEN / FRANKFURT AM MAIN
Arbeitsgemeinschaft lesbischer und schwuler Sozialdemokratinnen
und Sozialdemokraten im Unterbezirk Frankfurt, im Bezirk Hessen-Süd
und im Landesverband Hessen
Kölner Straße 42
60327 Frankfurt am Main
Tel. 069 75001628
Zu den Entgleisungen des Generalsekretärs der CSU, Thomas
Goppel
Die Schwusos haben die jüngsten Eskapaden von Thomas Goppel
mit Interesse zur Kenntnis genommen. Sie zeugen von einer in unserem
Lande erfrischenden Ehrlichkeit in der politischen Auseinandersetzung,
die nach den Einlassungen von Norbert Geis und Martin Hohmann
nunmehr in den Unionsparteien Schule zu machen scheint.
Goppel hat sich endlich von dem lästigen Anschein eines sachlichen
politischen Meinungsstreits gelöst. Wenn es keine Sachargumente
gibt, täuscht er diese auch nicht mehr vor, sondern geht
seine Gegner wie in einem ritterlichen Zweikampf frontal und persönlich
an. Nostalgische Erinnerungen an Konrad Adenauer im Bundestagswahlkampf
1961 kommen auf wie war das mit einem gewissen Herbert
Frahm, dessen Herkunft viel wichtiger als der Mauerbau in Berlin
war?
Aber jetzt ist nicht mehr Willy Brandt Regierender Bürgermeister
von Berlin, sondern Klaus Wowereit. Er ist schwul und verhehlt
dies auch nicht ganz im Gegensatz zu etlichen führenden
Politikern der Unionsparteien, auch Mitstreitern Konrad Adenauers.
Diese fürchten eben nicht zu unrecht Schläge unter der
Gürtellinie von Thomas Goppel und Gesinnungsgenossen und
weichen ihnen aus. Verdenken können wir ihnen dies nicht,
sie verdienen aber unser Mitgefühl, zu einem aufreibenden
Doppelleben verurteilt zu sein.
Zurück zum persönlichen Kampf Mann gegen Mann: Finten
gehören natürlich auch dazu. Z.B. das Phantom der Familie
Wowereit, die allabendlich versucht, der Biologie ein Schnippchen
zu schlagen und keinen Erfolg hat. Welchem schwulen Paar
blieb diese schreckliche Erfahrung erspart?
Goppels Ausführungen zur einer Familie, in der Vater und
Mutter ein ganzes Leben lang zusammen bleiben, fallen hier aus
dem Rahmen. Leider verrät er uns nicht, von welchem Land
und welcher Zeit er spricht und wer diese Mustergesellschaft regiert
hat. Die Bundesrepublik und die Unionsparteien kann er nicht gemeint
haben, hat sich die schleichende Aushöhlung der traditionellen
Ehe und Familie über 53 Jahre entwickelt, von denen die Union
nur in 17 Jahren nicht die Regierung geführt hat. Die lästige
Wahrnehmung der gesellschaftlichen Realitäten verträgt
sich eben schlecht mit einer (un)politischen Form der Auseinandersetzung,
die auf jeden Anschein argumentativer Sachlichkeit verzichtet.
In Bayern gibt es wohl wirklich eine andere Vorstellung
von der Welt, vor allem von den abendländisch-humanistischen
Werten unserer freiheitlichen Grundordnung. Diskriminierung liegt
bei dieser Form der politischen Auseinandersetzung dann wahrlich
nicht vor, sondern nur ein vordemokratischer, ja vorzivilisatorischer
Schlagabtausch.
Die Schwusos Hessen/Frankfurt gehen indes davon aus, daß
Thomas Goppel die beim klassischen Duell erforderliche Satisfaktionsfähigkeit
abgeht.
Gene Schmidt, Landesvorsitzender Schwusos Hessen
Christoph Schuke, Vorsitzender Schwusos Frankfurt
Schwusos Hessen
Arbeitsgemeinschaft
lesbischer Sozialdemokratinnen
und schwuler Sozialdemokraten Kölner Straße 42, 60327
Frankfurt am Main
www.schwusos-hessen.de Tel. 069 750016 28
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Redaktion,
am Wochenende erreichte uns die Pressemitteilung eines MdB aus
Fulda, Martin Hohmann.
Darin geht es um das Adoptionsrecht von homosexuellen Paaren.
Wir fanden das Werk würdig um eine Presserklärung dazu
abzugeben und möchten Ihnen hiermit beides gerne zur Kenntnis
geben:
Adoptionsrecht für britische Homosexuelle, Rückschlag
für die Familie
Es wird Zeit, die Familie und das Leitbild der Familie klar
und entschlossen zu verteidigen, so kommentiert der Fuldaer
CDU- Abgeordnete Martin Hohmann die Entscheidung des britischen
Oberhauses zu Gunsten des Adoptionsrechts für Homosexuelle.
Die Achse Blair-Schröder und unablässigen Aktivitäten
der deutschen Homosexuellenlobby zur Ausweitung ihrer Rechte lassen
ähnliche Vorstöße in Deutschland befürchten.
Einer solchen Denaturierung des Leitbildes der Familie muss mit
aktiver Zivilcourage´ begegnet werden. Diese
aktive Zivilcourage hatte Bundeskanzler Schröder
in seiner Regierungserklärung in anderem Zusammenhang gefordert.
Wer sich heute mit dem Zauberwort Toleranz über seine
eigenen Bedenken und sein Wegschauen hinweghilft, der wird sich
bald unangenehmen Fragen ausgesetzt sehen. Zweifellos steht nämlich
die Tolerierung und aktive Propagierung der Homosexualität
in kausalem Zusammenhang mit dem größten Problem der
deutschen Gesellschaft, ihrem Bevölkerungsrückgang.
Der breche nicht plötzlich wie eine Naturkatastrophe herein,
sondern greife als von Menschen verursachtes schleichendes Siechtum
um sich.
Hohmann empfiehlt, vom Kind her zu denken. Die Ansprüche
des Kindes müssen in den Mittelpunkt gestellt werden. Kinder
brauchen zur Entwicklung ihrer Individualität als Frau oder
Mann idealerweise Mutter und Vater. Dies belegt auch eine Fülle
von Studien, insbesondere die Väterforschung der letzten
zehn Jahre. Ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare enthalte
dem Kind das Recht auf Vater oder Mutter vor und sei damit eine
Diskriminierung des Kindes. Für Hohmann ist es daher unbegreiflich,
dass die Mitglieder des britischen Oberhauses mit ihrer gewachsenen
und erlebten Familientradition zu einem solchen Bruch des sozialen
und kulturellen Herkommens ihre mehrheitliche Zustimmung gegeben
haben.
Abschließend warnt Hohmann ausdrücklich davor, Homosexuelle
zu missachten. Hohmann betont, Homosexuellen stünde jederzeit
die Umkehr zu einem Leben nach Gottes Geboten offen.
Pressemitteilung
Martin Hohmann und die Denaturierung des gesellschaftspolitischen
Dialogs
Die Schwusos Hessen/Frankfurt stellen zur Presseerklärung
des Fuldaer Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann vom 08-11-02
fest:
Die Frage, was Familie ist, wird uns in der Tat gerade im Hinblick
auf die Kinder in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen
und verspricht, sich zu einem hochinteressanten gesellschaftlichen
Diskurs zu entwickeln. Begriffliche Nebelkerzen wie das Leitbild
der Familie (wir erinnern uns an die unappetitliche Debatte
um die Leitkultur) zeugen von einer erschreckenden Verwirrtheit
des Disputanten, erst recht, wenn dieses Leitbild denaturiert
worden sein soll der Gebrauch von Fremdwörtern entpuppt
sich als Glücksache.
Martin Hohmanns Konfusion kommt bei der kühnen These vollends
zur Entfaltung, der Bevölkerungsrückgang stehe in einem
kausalen Zusammenhang mit der Tolerierung und aktiven Propagierung
der Homosexualität. Wir resümieren:
Grundübel ist wohl die Aufhebung des § 175, also die
Straffreiheit männlicher Homosexualität. So erfreulich
es ist, daß Martin Hohmann endlich offen ausspricht, was
andere nur zwischen den Zeilen zu denken wagen der Rekurs
auf nationalsozialistisches Unrechtsdenken disqualifiziert seinen
Gedanken von selbst.
Bei der aktiven Propagierung der Homosexualität
finden wir das Muster der haltet-den-Dieb-Argumentation:
Der Verfolgte wird zum Verfolger stilisiert, die Mehrheits-Gesellschaft
muß sich gegen die Machtergreifung einer Minderheit wehren;
in diesem Sinne stellten die Nationalsozialisten die Verfolgung
der Juden als Verteidigung des Deutschtums dar.
Eine aktive Propagierung, sprich Aufforderung zur
Homosexualität, vermag außer Martin Hohmann wohl niemand
auszumachen eine paranoide Wahrnehmungsstörung der
Realität im Dienste einer zelotischen Ideologie.
Der Bevölkerungsrückgang setzte bekanntlich mit dem
Pillenknick in den 60-iger Jahren ein vor der
Teilentschärfung des § 175. Es ist durch nichts belegt,
noch weniger plausibel, daß die mangelnde Bereitschaft zum
Kind in Deutschland wie in vergleichbaren Industrieländern
in irgendeinem kausalen Zusammenhang mit der Praktizierung und
gesellschaftlichen Einschätzung der Homosexualität steht.
Zum Vergleich: In Italien, einem Land mit weitgehender Ächtung
der Homosexualität, ist die Geburtenrate deutlich niedrieger
als in Frankreich, einem Land auch rechtlich abgesicherter Tolerierung
homosexueller Lebensformen.
Die Einlassung Martin Hohmanns zur Entwicklung der kindlichen
Identität entlarvt einmal mehr seine erschreckende Realitätsverleugnung:
Millionen von Kindern wachsen in unvollständigen Familien
auf - sei es, daß sich Vater oder Mutter schlicht davonstehlen,
seien es ledige Mütter, seien es die Scheidungskinder, deren
Zahl von Jahr zu Jahr anwächst. Von den unsäglichen
Probleme in äußerlich noch intakten BGB-Ehen, bei denen
ein latenter Kriegszustand zwischen den (heterosexuellen) Partnern
aufgrund unterschiedlicher Geschlechtsrollen-Verständnisse
herrscht, ganz zu schweigen: Ein kinderfreundliches Millieu fehlt
in unserer Gesellschaft in der Tat, indes gilt dies für die
BGB-Ehe- und Familie, die von den (heterosexuellen) Beteiligten
in den letzten Jahrzehnten innerlich ausgehöhlt wurde.
Auch besteht keinerlei Zusammenhang damit, daß bereits heute
eine beachtliche Zahl von Kindern in Familien aufwächst,
bei denen ein homosexueller Elternteil mit ihrer gleichgeschlechtlichen
Partnerin bzw. seinem Partner zusammenlebt. Da diese Lebensform
bis 2001 rechtlich nicht abgesichert war und auch heute mit z.T.
erheblichen materiellen Nachteilen verbunden ist, kann aus guten
Gründen angenommen werden, daß dieser Familienrahmen
eher harmonisch eine kinderfreundliche Atmosphäre schafft.
Dies würde in gleicher Weise für Adoptionen gelten,
handelt es sich doch um Kinder, die von ihren (meist heterosexuellen)
Eltern nicht gewollt sind bzw. nicht aufgezogen werden können.
Kinderfreundliche Rahmenbedingungen sind sowenig wie bei herkömmlichen
Adoptionen gewährleistet, aber bisherige Erfahrungen über
den Umgang gleichgeschlechtlicher Paare mit ihren Kindern lassen
ähnlich positive Entwicklungen erwarten, wie sie bei der
Adoption im Rahmen einer funktionierenden BGB-Ehe möglich
sind.
Diese generellen atmosphärischen Aspekte unterschlägt
Martin Hohmann und zielt stattdessen auf die Bedeutung von Vater
und Mutter für die kindliche Entwicklung. Darüber läßt
sich in der Tat trefflich raisonnieren unterschlägt
aber, daß ein gesellschaftlich verbindliches Rollenmuster
für Vater und Mutter längst verlorenging. Man mag dies
bedauern oder nicht, ein Zusammenhang mit der gesellschaftlichen
Einschätzung der Homosexualität besteht auch hier nicht,
und irgendwelche Störungen der kindlichen Entwicklung lassen
sich aus den Ländern, in denen am längsten Erfahrungen
mit dem Aufwachsen von Kindern mit gleichgeschlichen Eltern vorliegen,
nicht belegen. Eine ominöse, nicht näher spezifizierte
Fülle von Studien ... (zur) Väterforschung
entstammt wohl eher dem Dunstkreis Bibeltreuer Christen, als daß
sie zur konkreten Analyse und Lösung familienpolitischer
Probleme beiträgt.
Der zynische Fundamentalismus, uns Schwulen und Lesben stünde
die Umkehr zu Gottes Geboten offen, ist der Gipfel
der atavistischen Abkehr von den abendländisch-humanistischen
Werten einer aufgeklärten, laizistischen Gesellschaftsordnung
so schamlos hat nicht einmal Martin Hohmanns verirrter
Vordenker Norbert Geis das Primat der weltlichen Grundloyalität
unseres Staates auf den Kopf gestellt.
Die Schwusos Hessen/Frankfurt fordern die Fuldaer, hessische und
Bundes-CDU sowie die Bundestagsfraktion der CDU/CSU auf, sich
von diesen Entgleisungen ihres Fuldaer Abgeordneten zu distanzieren,
um jedweden Zweifeln zuvorzukommen, seine unqualifizierten Einlassungen
speziell zur Homosexualität generell - entsprächen
der offiziellen Parteilinie bzw. meinung.
Gene Schmidt
Vorsitzender Schwusos Hessen, Hessen-Süd
Christoph Schuke
Vorsitzender Schwusos Frankfurt