74. LUST, Frühling 03, März/April/Mai
 
Karl Gorath, ehemaliger Rosa-Winkel-Häftling, verstorben
Am 18. März 2003 ist Karl Gorath in Bremerhaven gestorben. Zum Tod des ehemals in deutsche Konzentrationslager verschleppten Mannes erklärt Dr. Jörg Hutter, Vertreter des Schwulen- und Lesbenzentrums im Bremischen Beirat für vergessene Opfer des NS-Regimes:
“Das Bremer Rat und Tat Zentrum für Schwule und Lesben nimmt in Trauer und Dankbarkeit Abschied von Karl Gorath. Der Lebens- und Leidensweg von Karl Gorath zeigt uns exemplarisch, wie das NS-Regime Homosexuelle verfolgt hat und mit welchen Mitteln die strafrechtliche Verfolgung in der jungen Bundesrepublik Deutschland fortgesetzt worden ist. Dieses Lebensschicksal ist uns ein Vermächtnis, welches das Schwulen- und Lesbenzentrum gleichermaßen wie das Washingtoner Holocaust Memorial Museum für zukünftige Generationen in Erinnerung halten wird.
Die Odyssee des am 12.12.1912 geborenen Karl Gorath beginnt 1939 mit seiner Verhaftung und Verurteilung wegen “widernatürlicher Unzucht”. Nach Verbüßung der Haftstrafe in der Strafvollzugsanstalt Celle folgt polizeiliche Vorbeugungshaft im Konzentrationslager Neuengamme, danach Deportation nach Auschwitz. Im Januar 1945 werden die Gefangenen nach der Räumung des Lagers in das Konzentrationslager Mauthausen verschleppt. Von dort geht es bis Kriegsende weiter nach Ebensee im Salzkammergut. Dort stirbt Karl Gorath fast an Ruhr, überlebt aber Dank des Einsatzes eines französischen Arztes.
1947 wird er wegen des gleichen “Deliktes” nach dem selben, von den Nationalsozialisten verschärften Strafgesetz und von dem selben Richter erneut zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, eine Strafe, die er bis zu Ende abgesessen hat. ‚Ich wollte keine Gnade – weder von diesem Staat, noch von dieser Justiz’, so hat er sein Handeln in einem Interview einmal kommentiert. Als Vorbestrafter folgen Arbeitslosigkeit und eine Rente, die unterhalb des Sozialhilfesatzes liegt. Anträge auf Entschädigung haben die zuständigen Behörden stets abgelehnt. Erst Dank des 1989 installierten Bremischen Härtefonds für die sogenannten vergessenen Gefangenen hat Herr Gorath eine monatliche Unterstützungszahlung erhalten.
Es ist der Wunsch von Karl Gorath gewesen, zu Hause zu sterben. Aufgrund großartiger nachbarschaftlicher Hilfe und des unermüdlichen Einsatzes des ambulanten Pflegedienstes der Arbeiterwohlfahrt haben wir seinem Wunsch entsprechen können. Dafür sei allen Beteiligten an dieser Stelle gedankt.”
Die Trauerfeier findet statt am Freitag, den 28. März 2003 um 14.00 Uhr in der Kapelle der Luise Schlange Bestattungen, Adolf-Butenandt-Straße 2 in 27580 Bremerhaven. Statt Blumen bitten wir um eine Spende an das Bremer Rat und Tat Zentrum für Schwule und Lesben, Konto bei der Sparkasse Bremen, Konto-Nr. 1045 4734, BLZ 290 501 01.
Bremen, den 22. März 2003
Rat und Tat Zentrum für Schwule und Lesben e.V., Theodor-Körner-Str. 1, 28203 Bremen