- 87. Ausgabe, Sommer-LUST 06
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- Berlin, 13. Juni 2006
Deutscher nach CSD in Warschauer Untersuchungshaft
Unterstützer der Parade für Gleichberechtigung
ohne diplomatischen Schutz
Seit Montag, dem 12.Juni 2006, befindet sich ein junger Mann
aus einer Berliner Reisegruppe, die an der Parade für sexuelle
Gleichberechtigung teilnahm, in Untersuchungshaft in Warschau.
Der Staatsanwalt verschleiert das Verfahren und die Deutsche
Botschaft weigert sich den Angeklagten zu unterstützen.
Bereits am Samstag, den 10. Juni 2006, wurde Rene K. bei der
Abschlusskundegebung der Parade in Warschau von Polizeikräften
niedergeschlagen und festgenommen. Die Mitglieder seiner Reisegruppe
bemühten sich vergeblich bei der Polizei in Erfahrung zu
bringen, was ihm vorgeworfen werde. Nachdem auch am Folgetag
keinerlei Informationen in Erfahrung zu bringen waren, wieso
Rene K. immer noch in Haft verblieben ist, wurde ein polnischer
Anwalt eingeschaltet und die Deutsche Botschaft informiert. Rene
K. wird vom Staatsanwalt vorgeworfen, sich gegen seine Festnahme
gewehrt zu haben. Warum es zu der Festnahme kam, ist dabei scheinbar
völlig irrelevant.
Alarmierend bei diesem Fall ist auch das Vorgehen des Staatsanwaltes.
Zunächst unterließ es die Staatsanwaltschaft, anders
als das gewöhnliche Verfahren es vorsieht, die Deutsche
Botschaft selbst von der Arrestierung des Berliners zu informieren.
Der Haftrichter entschied, dass Rene bis auf weiteres in Untersuchungshaft
zu verbleiben habe, ohne dass Renes Anwalt bei dem Prozess zugegen
war. Der Staatsanwalt verweigerte widerrechtlich dem Anwalt von
Rene K. die Erlaubnis den Berliner vor dem Prozess zu sprechen,
so dass Rene ohne rechtlichen Beistand abgefertigt wurde. Erst
nach der Anordnung der Untersuchungshaft gelang es dem Anwalt
am Dienstag, den 13. Juni, Kontakt zu Rene K. aufzunehmen und
erforderliche Anträge zu stellen und rechtlichen Beistand
zu leisten.
Zwar wurde die Deutsche Botschaft in Warschau von Angehörigen
der Reisegruppe informiert, dass ein Deutscher Staatsangehöriger
inhaftiert wurde. Doch trotz solcher Anschuldigungen und einem
solch widerrechtlichen Vorgehen gegen einen Teilnehmer einer
friedlichen Demonstration, schaltete sich die Deutsche Botschaft
bei dem Verfahren nicht ein und blieb einem Vorgespräch
mit dem Staatsanwalt fern. Die Botschaft informierte lediglich
die Mutter des widerrechtlich Inhaftierten und teilte Rene Ks.
Mutter noch vor einer Verhandlung vor dem Haftrichter des Warschauer
Bezirksgerichtes mit, dass sie sich darauf einzustellen habe,
dass Rene in Untersuchungshaft verbleiben werde.
Mittlerweile hat das Bündnis Berlin Queer eine Solidaritätsgruppe
gegründet, die sich mit dem Fall von Rene K. beschäftigt.
Diese Gruppe hat bereits verschiedene Institutionen informiert,
damit Licht in den Fall gebracht wird.
Das Verhalten der deutschen Botschaft in Polen ist nicht
sehr rühmlich. Zumal es bei der Gleich-berechtigungsparade
auch um homophobe Einstellungen der polnischen Regierungsvertreter
ging. Eine Kontrolle der polnischen Behörden durch die deutsche
Botschaft und ist daher unbedingt angebracht. Das widerrechtliche
Vorgehen des Staatsanwaltes gegen Rene K. ist alarmierend und
sollte keine sofortige Hilfe Deutscher Behörden erfolgen,
ist nicht auszudenken, was noch folgt., so Martin Seiler,
Sprecher der Reisegruppe Queer-Berlin. Nähere Infos über
warschau_soli@blacksec.org
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