96. Print-LUST, Herbst 08

Das Coming-out
ist eine entscheidende Situation im Leben eines Menschen, nämlich das zu akzeptieren, was man schon vorher geahnt oder befürchtet hatte: „Ich bin homosexuell“. Und nun muss man lernen, wie das ist, lesbisch oder schwul zu sein.
Hi Gay Guys n´ Girls,
Ihr wisst es also, dass In lesbisch beziehungsweise schwul seid, ob es Euch nun gefällt oder nicht.

Habt ihr Euch denn schon mal überlegt, warum es so viele Idioten und Idiotinnen gibt, die es nötig haben, sich selber dick zu tun, indem sie abfällig über Schwule, Lesben beziehungsweise Homosexualität reden?

Und warum gibt es in so vielen religiös oder nationalistisch geführten Staaten Gesetze gegen Homosexualität, als könne die Homosexualität in Gesetzbüchern lesen, bevor sie sich in uns und unseren Gefühlen meldet?

Da muss doch offensichtlich eine große Schwäche in der Konstuktion des Selbstverständnisses sogenannter „normaler Frauen und Männer“, also heterosexueller Menschen sein, dass die es nötig haben, sich derart von homosexueller Lust abzugrenzen. Direkt lächerlich beziehungsweise erbärmlich ist ihr panisches Bemühen, unser Leben und uns niederzumachen.

Nun gut, schauen wir uns mal beides an, die blöden Hetzer auf der einen Seite und die miesen Staaten auf der anderen Seite.
Zuerst mal zu den Hetzern. Die nennen uns vielleicht „du Schwuler“ oder „du Lesbe“. Das stimmt natürlich, dass wie Schwule und Lesben sind. Aber sie wollen hier nicht sachlich eine Tatsasche beschreiben, sondern das wissen wir genau, sie wollen uns niedermachen. Und im Urteil von Idioten kann offensichtlich jemand niedergemacht werden, wenn er/sie so bezeichnet wird. Das ist zwar idiotisch, doch kommen die sich dabei „normal“, also gut vor.

Oft reicht es aber nicht, zu sagen dass wir schwul oder lesbisch seien, sie sagen zum Beispiel „schwule Sau“ oder „lesbische Fotze“, „Schwanzlutscher, Arschficker“ und „Fotzenschleckerin“.

Ui, da haben sie aber etwas gaaaanz Böses gesagt und können so richtig stolz darüber sein, dass die sowas sagen und zumindest selber darüber lachen können.

Also warum müssen die denn über uns so etwas Böses sagen? Weil sie uns nicht mögen, obwohl sie uns gar nicht kennen.
Im Grunde wissen wir das ja schon, wenn wir erkennen, dass wir selber lesbisch bzw. schwul sind, denn bisher waren das ja auch für uns Schimpfwörter. Und im Grunde wissen wir auch, wie wir uns gefühlt hatten.

Das waren andere, über die wir sprachen, das hatte gar nichts mit uns zu tun. Und so richtig böse hatten wir das auch nicht gemeint. Doch war das für uns einfach ein Joke, solche Wörter zu benutzen.

Wenn wir selber solche Wörter benutzt haben, bevor in uns die Verdacht aufkam, dass wie selber schwul/lesbisch sein könnten.
Dumm nur, dass es uns selber erwischt hat. Und wir wissen heute, dass es eigentlich gar nicht so schlecht ist, lesbisch bzw. schwul zu sein. Im Gegenteil: es war viel öder, „normal“ zu sein.

Doch da gibt es Leute, die über uns hetzen und die es wirklich ernst meinen. Sie hetzen nicht nur über uns, sondern auch über die Juden, die Kanaken, die Türken, und auch das meinen sie ernst.

Und von denen gibt es welche, die gerne mal „Schwulenklatschen“ gehen. Was das ist? Na gegenüber uns Schwulen z.B., so zu tun, als wollten sie was. Und wenn wir dann interessiert sind, wenn wir nett mit ihnen sprechen, kreischen sie los: „Du schwule Sau, Du hast mich angemacht. ...“. Und wenn es mehrere sind, geht das weiter: „Warum hast Du meinen Bruder angemacht, du Sau?“

Es gibt viele zusammengeschlagene schwule Männer, denen es so oder ähnlich ergangen ist. Das schwule Anti-Gewalt-Projekt Maneo hat eine Ausstellung an vielen öffentlichen Orten präsentiert, zum Beispiel im Rathaus Wilmersdorf. Im Oktober wird sie im Foyer des Berliner Polizeipräsidiums zu sehen sein.

Die Maneo-Ausstellung “Zeugnisse schwulenfeindlicher Gewalt” sollte auf Initiative des Reinickendorfer Bezirksparlaments in diesem Sommer im Foyer des Rathauses gezeigt werden. Die zuständige Stadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU) äußerte jedoch Bedenken, die Ausstellung könne für Jugendliche nicht geeignet sein, weil auf den Fotos schwere Körperverletzungen zu sehen sind. Daraufhin beschloss der Kulturaus-schuss, die Ausstellung nicht im Rathaus sondern im Fontanehaus zu zeigen. Aber auch hier wollte das Bezirksamt das Foyer nicht zur Verfügung stellen. Stattdessen sollte die Ausstellung in einen kleinen abgeschlossenen Raum, der nur über lange verwinkelte Gänge zu erreichen ist, abgeschoben werden. Aus diesem Grund sagte dann der Maneo-Projektleiter Bastian Finke die Ausstellung schließlich ab.

Die Ausstellung zeigt Fotos von schwulen Männern, die Opfer homo-sexuellenfeindlicher Gewalttaten wurden. Sie dokumentiert die teilweise lebensgefährlichen Verletzungen der Opfer. Ziel ist es, für das Ausmaß und die Folgen homophober Hassdelikte zu sensibilisieren und solchen Gewalttaten vorzubeugen.

Gut, dass es Plätze gibt (Lokale, Diskotheken, Saunen usw), auf/in denen wir unter uns sein können, um unsere eigenen Angelegen für uns zu regeln.

Klar, gehen wir also in die eigene, in die lesbische bzw. die schwule Szene. Wäre sie nicht da, müsste sie neu erfunden werden. Wir brauchen Orte, in die wir gehen können, wenn uns der Heten-Alltag, die Heten-Welt, wenn uns das mal wieder so richtig auf den Geist geht.

Wir brauchen Plätze, in denen andere Lesben und Schwule zu finden sind. Aber ehrlich, wenn uns danach ist, muss dann auch anderen danach sein?

Wieso glauben wir eigentlich, dass dort nun lauter Leute anwesend sein müssen, nur weil wir endlich mal dort auftauchen?
Wieso glauben wir, dass es gerade für uns solche Plätze gibt, in denen gerade wir glücklich sein können und genau solche Menschen da sind, die wir dort treffen wollen?

Da gibt es eine Reihe von Lesben und Schwulen, die sagen, „In die Szene gehe ich nicht,“ und dann kommen unterschiedliche Begründungen. Z.B. „... Ich habe jetzt eine Freundin, dann brauche ich da nicht hin“. „... dort sind ohnehin nur lauter blöde schwule Leute.“ „... das bringt mir nichts“. „Da sind zu wenig Leute, da ist nichts los.“

Und wenn alle wegbleiben, dann ist natürlich dort auch nichts los. Wenn viele Lesben und Schwule glauben, die Szene bringt ihnen nichts, wird es keine Szene mehr geben.

In vielen kleineren Städten gibt es schon gar kein Lokal mehr. Nur am Wochenende fahren einige des Orts in die nächste große Stadt, dort gibt es dann Lokale, eine Discos, eine Saunen usw.

Es gibt gegenwärtig eine Mode, nämlich, dass es keinen Sinn macht, in der heimischen Szene auszugehen. Und wenn dann der eine oder die andere doch wieder mal ausgehen will, um andere Lesben und Schwule zu treffen, am besten aus der gleichen Stadt, dann ist nichts mehr da.

Ein Lokal zu unterhalten, ist teuer. Dieses Angebot an uns kann nur existieren, wenn wir es auch annehmen. Wenn nicht, dann gibts das auch bald nicht mehr.

Klar, heutzutage hat nicht jeder Geld übrig zum Ausgehen. Andererseits: es gibt eine gute Methode, niemanden kennen zu lernen: zu Hause zu bleiben.

Also Ihr Lieben, lasst Euch in der Szene sehen und beeinflusst mit Eurer Anwesenheit das Leben in „unserer“ Szene, damit wir uns in unserer Szene wohl fühlen können.

Und in unseren Lokalen lernen wir uns gegenseitig immer besser kennen, was doch gut ist.

Die Äußerungen, dass irgendwo „nichts los“ sein soll, gehen von einer merkwürdigen Annahme aus.

Nämlich dass es wichtiger sei, wie viele Leute dort rumhüpfen, statt z.B. ob man gut mit netten Leuten ins Gespräch kommen kann.
Und ob die Leute nett sind, bekommt man ja nur mit, wenn man sie irgendwie kennen lernt.

An der Kleidung usw. kann man das nicht erkennen, auch nicht daran, was für einen Wagen der/die Betreffende fährt. Man will doch den Typ, die Frau und nicht das Auto. Oder?

Wo es denn was gibt? Also, wir wissen ja auch nicht alles. Aber Vieles wissen wir doch, besonders was dort los ist, wo wir wohnen. Na, ruft einfach bei uns an, wir wissen es in der Regel bzw. können weiterhelfen. Euer Info-Team der RoLü