109. Print-Ausgabe, Winter 2011/2012
 
Karlas Rundschlag:
Jahresrückblicke oder was?
Ein Jahresrückblick ist nicht in der Lage, das Wichtige eines Jahres festzuhalten. Er hält das fest, was wir als Wichtiges von einem Jahr festhalten sollen. Und nun blicke ich mal auf mein vergangenes Jahr zurück.

Da wäre zuerst mal die Demokratie, die wir alle brauchen, denn hätten wir sie nicht, könnten wir nicht als Lesben oder Schwule oder Transen usw. unbehelligt leben. Daher ist sie uns wichtig, auch wenns mal um andere Sachen geht.

Andere wollen anderes, aber wenn alles demokratisch zugeht, kann ja jeder so leben, wie er es braucht, so lange er nicht andere gegen ihren Willen zu irgendetwas zwingen will. Das wäre dann der Gegensatz von Demokratie.

Was war das im verflossenen Jahr für ein Mediengeschrei, als der gewählte griechische Regierungschef Papandreou sein Volk erst einmal darüber abstimmen lassen wollte, ob es so viel von ihrer Lebensqualität einsparen will, wie die großen Konzerne und Banken und daher auch EU-Regierungen es wollen, damit man auch mit griechischen Werten wieder gewinnbringend spekulieren kann.

Rentenkürzungen? Arbeitszeitverlängerung ohne Bezahlung? Preiserhöhungen? Lohnkürzungen? Ur-laubskürzungen? Darüber wollte er abstimmen lassen. Plötzlich war das Geschrei auf den internationalen Finanzmärkten noch größer als bis-her, denn solche Demokratie möchten sie wohl nicht, und nun regiert ein Banker das Land, und die Konservativen in Griechenland, die eine scheinbar linke Opposition gegen Papandreou machten, sind nun mit in der Übergangsregierung.

Im SPIEGEL wurde noch geklagt, dass die Gewerkschaften in Griechenland immer noch mächtig seien. Werden also nun die Regierungsparteien ohne Opposition Griechenland wieder auf Kurs bringen? Auf den Kurs, mit dem sich dort für die Investmentbanker wieder Geld machen lässt?

Der Gewinn des einen ist eben der Verlust des anderen. Man kann jetzt raten, wer verdienen wird und Gewinne machen wird und wer zu zahlen hat. Unter solchen Bedingungen kann man das Volk doch nicht abstimmen lassen, das macht man in anderen Zeiten.

Vorher konnte man dort schon Geld machen, aber nicht so viel, dass die internationalen Banker damit zufrieden sein konnten.

Dem Volk wird gesagt, dass es über seine Verhältnisse lebt, denn es hatte einen zu großen Anteil am Gewinn, der doch vollständig den Bankern gehört.

Es sieht wohl so aus, als ob man dies nun radikal ändern will Dann lohnt sich auch das Griechenlandge-schäft wieder.

Und die Bevölkerung, wird die dabei mitmachen? Vermutlich wird bei den nächsten Wahl die konservative Partei regieren können. Die hat dann weniger Skrupel, mit den Gewerkschaften und der unzufriedenen Bevölkerung so umzugehen, dass die Geschäfte laufen. Das sehen wir ja in Ungarn und sahen wir in Italien, wo jetzt auch ein Banker regiert und der Medien-Millionär in Rente gehen kann.

Demokratie ist sicher demokratischer, wenn die Banker nicht die Regierung und die Medien kontrollieren können.

Oder will man in Deutschland gar keine Demokratie mehr? Da gibt es durchaus vieles, was dafür spricht. Oder man weiß nicht, was Demokratie im eigentlichen ist: Volksherrschaft, also die Herrschaft des Volkes und nicht über das Volk. Wieso konnte so ein junger unerfahrener Mann aus reichem adligen Hause, dem alles in den Schoß fällt und dem alles geboten wird, so schnell Minister werden, und zwar gleich in mehreren Ressorts?

Wie man die Welt sieht, das eigene Leben und das Leben der Menschen, wenn einem alles gelingt, da man das Geld und die Leute hat, die alles für diesen jungen Mann machen, das war an der benotung seiner Doktorarbeit zu erkennen: Summa cum laude, mit höchstem Lob. Und wie sie entstanden sein mag, also auf welche Weise, das ärgerte dann doch auch all die anderen Menschen, die ihren Doktortitel haben, denn was ist der dann noch wert, wenn man damit so einfach durchkommt?

Und so kam die Kritik dann eben vorwiegend aus den eigenen konservativen Reihen, und das konnte dann icht so einfach ausgesessen werden, wie das in konservativen Kreisen möglich ist, wenn die Kritik von unten oder von weiter links kommt.

Schnell ist er dann in die USA gereist, doch unerwartet schnell kam er auch wieder zurück, wo ein guter Posten der EU auf ihn wartete. Tja, die gutbezahlten Posten bei der EUZ, die haben schon so manchem geholfen. Wollen die Deutschen vielleicht gar zurück zu einer Monarchie? Sind sie dann glücklich? Natürlich ohne Leibeigenschaft oder andere Formen der Unterdrückung. Oder doch auch mit, wenns halt dazugehört?

Wir haben ja in unserer deutschen Geschichte schon so manches erlebt. Nun ja, wir selber nicht, aber unsere Vorfahren, deren Nachkommen wir sind, was uns wahrscheinlich gar nicht so sehr interessiert.

Als vor Jahren der schnelle Versuch der rotgrünen Bundesregierung scheiterte, die NPD zu verbieten, waren es die vielen V-Männer (und Frauen?), die diesem Ansinnen im Weg standen. Damals fragten wir uns, was diese V-Männer denn eigentlich bewirken sollen. Lenken die im Auftrag des Staates die NPD ind weniger Rechtsradikale oder lenkt die NPD die für die Sicherheit und dem Schutz der Verfassung zuständigen Staatsorgane in ihrem Sinne?

Wenn wir uns darüber aufregen, dass irgendwo Nazis aufmarschieren und das zeigen bzw. verkünden wollen, was grade in ihre Strategie passt, kommen immer wieder die mäßigenden Stimmen.

Wir seien ja heutzutage eine Demokratie, also anders als damals, im Vorfeld der Nazi-Machtergreifung in unserem Lande, wo in den Behörden überall viel Nazis in den Schlüsselpositionen saßen, eine Machtergreifung oder ähnliches könnte der-zeit überhaupt nicht passieren, da ja alle so demokratisch seien. Man brauche also gar keine Angst zu haben und eine Gegenbewegung gegen die Nazis sei daher nicht dringend notwendig, eher verfassungsfeindlich und müsse vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

Na da kann man sich ja beruhigt zurücklehnen und ganz zufrieden sein. Der Staat hat das Gewaltmonopol, die Staatsorgane werden und davor schützen, dass irgendwann Nazis in die Kneipen unserer Szene oder die Wohnungen bekannt-gewordener Lesben oder Schwule gestürzt kommen und mit uns so umspringen, wie man dies aus der Erinnerung früherer Opfer in deren Büchern erfahren konnte, wenn diese zu den Überlebenden gehörten.

Und nun dies. Eine rechtsgerichtete Mörderbande konnte offensichtlich lange unbekannt Mitmenschen ermorden. Und die Medien haben nicht so richtig darüber berichtet, um welche Täter und Opfer es hier ging. Und die Behörden haben die Morde ständig „aus den Augen verloren“. Wozu sind denn die vielen V-Leute in der Rechten Szene überhaupt gut, so viele, dass man die NPD nicht verbieten konnte, wenn sie die Netzwerke nicht kennen, die solche Mör-derbanden über Jahrzehnte tragen? Weil in diesen Netzwerken V-Leute sitzen, die dies verhindern?

Ich muss Euch sagen, dass ich ganz schön erschrocken bin, als solche Zusammenhänge nun zunehmend ans Licht kommen, wenn sie über-haupt ans Licht kommen.

Was mache ich nun, wenn ich wieder mal von rechten Anrufern bedroht werde? Kann ich dann überhaupt noch zur Polizei gehen?

Wo sind denn jetzt die überall rumhängenden Steckbriefe, die wir aus der Zeit der RAF-Mörder noch kennen?
 
Wo sind jetzt schon beim ersten dieser Morde die entsprechenden Artikel gegen rechts, die ich noch aus den Zeiten der RAF-Mörder gegen links kenne?

Propagandamaterial wie dieses Paulchen-Panter-Video hat es doch gegeben, und erst jetzt erfährt man davon. Dazu ist doch eine größere Hintergrundszene notwendig, die es offensichtlich gibt. Die NSU-Mörder sind verhaftet bzw. unter merkwürdigen Umständen tot. Waren das alle?

Moment mal, habt Ihr Angst, solche Fragen zu stellen? Soll man sich da doch lieber ganz raushalten?
Könnte ja sein, dass man auf deren schwarzen Listen steht, wenn man sie ärgert? Bersser abtauchen und sich um nichts kümmern, denn wer weiß. was da noch kommt?

Wenn schon es so weit ist, mit unserer Demokratie und dem Rechtsstaat, dann kann man nicht einfach beruhigt ins Bett gehen.
Das sagt Euch Eure Tante Karla
 
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