110. Print-Ausgabe, Frühling 2012
 
12. Festival des mittel- und osteuropäischen Films in Wiebaden
Vom 18. bis 24.04 fand es in verschiedenen Kinos und Veranstaltungssälen statt. Wir hätten im bombastischen Programm sicher übersehen, dass es etwas Spezielles für unsere Szene oder genauer unsere Bewegung gab.

3 Kurzfime aus unterschiedlichen Staaten des ehemaligen Jugoslavien gab es, die sich speziell mit der Homophobie in den Familien bzw. den Ländern auseinandersetzten.

Am Sa. 21.04. sahen wir die 3 Kurzfilme und hörten einer Podiumsdiskussion der 3 Filmemacher bzw. Hauptakteure zu. Die 3 Filme waren waren in den Originalsprachen und der 1. war deutsch, die beiden anderen waren englisch untertitelt. Die Podiumsdiskussion war ebenfalls ausschließlich in englischer Sprache. Leider kann ich keinen Anspruch darauf erheben, alles richtig verstanden zu haben, da die Zeit meines Schulenglischs lange her ist und ich mich ansonsten nahezu ausschließlich kommunikativ in der deutschen Sprache bewege.
 
Die Filme:
SERBIA_BOY_26

Deutschland 2011, Regie: Nicole Vögele, 9 MIN, DVD, Farbe, deu, srp OmeU
„Nebojsas Familie kann nicht damit leben, dass dass er schwul ist. Er wiederum kann icht ohne die Familie leben und gerät so in einen extremen inneren Konflikt.“ Dies steht im Programmheft.
Die Mutter belästigt ihn ständig, dass er wegen seines Alters bald heiraten müsse, der Vater sieht im Fernsehen eine Reportage über einen CSD und brüllt rum, dass er sein Kind erschlagen würde, wenn es schwul wäre. Der Sohn hält sich an die Mutter, die ihn zu verwöhnen versucht, was er sich gerne gefallen lässt. Das haben wir gesehen.

TA TA SE DESILO SA PONOSOM?
(WHAT HAPPENED TO PRIDE)
Serbien 2012, Regie: Biljana Pekusic, Boban Stojanovic, Adam Puskar, 25 MIN, Blu-ray, Farbe, OmeU
„Die Dokumentation erntlarvt das scheinheilige Verhalten der politischen Eliten gegenüber der LGBT-Gemeinde und deren Bemühen, eine Parade zu organisieren.“ Programmheft.
Zu sehen waren zwei Männer in einem Park der eine erzählte, der andere fragte. Es ging um eine Pride-Aktion (CSD-Parade) zu der, wie in der Podiumsdiskussion erklärt wurde, letztlich ca 100 Personen kamen. Gegen diese standen ca 6.000 rechtsgerichtete gewalttätige Demonstranten. Ca. 5.000 Polizisten versuchten, die 100 Personen zu schützen, die nur ca. 200 Meter in diesem Park zusammen laufen durften.
 
TO JE NASE DIJETE
(THAT'S OUR CHILD)
Bosnien und Herzegowina 2010, Regie: Elma Islamovic,
15 MIN, DVD, Farbe, OmeU
„Die fehlende Akzeptanz der Eltern und die überwiegend in-tolerante Öffentlichkeit machen es den vorgestellten Homo- und Transsexuellen aus Bosnien unmöglich, sich den Wunsch nach einem `normalen´ Leben erfüllen zu können.“ soweit das Programm. Zu sehen waren einige homosexuelle Personen, die interviewt wurden. Bei der Podiumsdiskussion erklärte Sasa Gavric erst einmal, dass es in diesem kleinen Staat Bosnien und Herzegowina 3 Ethnien (Serben, Kroaten und Muslime) 3 Religionen (Orthodoxe, Katholiken und Muslime), 3 Verwaltungen mit je-weils anderer Gesetzgebung, 3 Kulturen und Schulsysteme, 3 Armeen gibt. Es gebe nach 15 Jahren noch immer gegenseitige Schuldzuweisungen und Vorbehalte. Der Wunsch nach einem unbehelligten (normalen) Leben sei also erst einmal vorrangig.
 
PodiumsteilnehmerInnen:
Dana Budisavljevic (Hulahop Film and Art Production, Zagreb), Sasa Gavric (Sarajevo Open Centre), Boban Stojanovic (Queeria Center Belgrade) Moderation: Claudia Stützel (Homonale Filmgruppe, Wiesbaden)
 
Podiumsdiskussion:
Natürlich gab es auch Fragen und Auffassungen zur Machart der Filme. Doch letztlich überwogen Gespräche über die Lage von Lesben, Schwulen und Transsexuelle in den Staaten nach der (bürger)-kriegerischen Zerschlagung des einstmals bedeutenden Staates Jugoslavien.

Die ZuschauerInnen und Zuhöhrer begriffen wohl, dass für die geschundene und verrohte Bevölkerung andere Fragen dominieren als Menschenrechte und Minderheitenrechte. 15 jahre nach dem Krieg gibt es dort immer noch Kriegsgewinner und Verlierer statt Mitmenschen.

In einzelnen größeren Städten gibt es zaghafte Ansätze einer lesbisch-schwulen Szene, die gefährlich und gefährdet ist, jedoch Anlaufstelle für Lesben, Schwule und Transsexuellen aus den ländlichen Regionen dieser kleinen Staaten ist. (rs/js)
 
 
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