- Nachrichten (überwiegend
Inlands-Nachrichten) und Pressemeldungen im August 2014
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- 01.08.2014
Aurich erhält
Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz
Karl Heinrich Ulrichs (1825-1895) gilt als "erster Schwuler
der Weltgeschichte" (Volkmar Sigusch)
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- Unter dem Titel oben gibt
es einen Artikel bei Queer.de, wo Ihr erfahrt, dass die kleine
norddeutsche Geburtsstadt von Karl Heinrich Ulrichs nun auch
einen Ulrichsplatz erhält. Ihr findet den Artikel hier.
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- Wie es der Zufall will, haben
wir in der August-Ausgabe des LUSTBLÄTTCHENs darauf hingewiesen,
dass Ulrichs vor 150 Jahren in München auf dem Juristentag
die anwesenden Juristen in Aufregung versetzte, als er verlangte,
in allen deutschen Staaten die Verurteilung homosexueller Männer
zu beenden.
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- Die erste Ulrichsstraße
gibt es übrigens schon seit vielen Jahren in München,
auch die CSU hat dieser Umbenennung zugestimmt. Vielleicht war
den Stadtverordneten der CSU nicht klar, dass der damalige als
Humanist bekannte Herausgeber einer Zeitschrift in lateinischer
Sprache der erste Mensch war, der sich als Teil einer "Menschenclasse"
sah und outete, den die "räthselhafte Natur" ihr
eine Geschlchtsnatur eingepflanzt hat, welche der allgemein gewöhnlichen
entgegengesetzt ist.
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- Hier finden wir nicht nur
den "ersten Schwulen der Weltgeschichte", sondern eben
auch noch den ersten Schwulenbewegten der Weltgeschichte, denn
er und sein Freundeskreis könnte man die erste politische
Schwulengruppe nennen. Und seine zahlreichen Schriften wurden
auszugsweise auch von Magnus Hirschfeld
in dessen Schriften verwendet, allerdings an manchen Stellen
eher entschärft.
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- Es lohnt sich, sich mit Ulrichs und seinen
Arbeiten zu beschäftigen. Auch ist die Reaktion von Friedrich
Engels auf Ulrichs Ansinnen lesenswert:
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- Als sich Ulrichs in der Hoffnung auf Unterstützung
aus der Arbeiterbewegung an Marx wandte, dass im sich abzeichnenden
Deutschen Reich nicht das preußische Recht mit der Verurteilung
der Homosexualität eingeführt werden solle, übersandte
Marx dies an Friedrich Engels, dem Kritiker der bürgerlichen
Doppelmoral, der wie folgt reagierte:
Das ist ja ein ganz kurioser Urning´
(Ulricht erfand für Männer mit homosexueller Identität
die Bezeichnung Urning´), den Du mir da geschickt
hast. Das sind ja äußerst widernatürliche Enthüllungen.
Die Päderasten fangen an, sich zu zählen und finden,
daß sie eine Macht im Staate bilden. Guerre aux cons,
paix aux trous-de-cul (Krieg den Fotzen, Friede den Arschlöchern)´,
wird es heißen. Es ist nur ein Glück, daß wir
persönlich zu alt sind, als daß wir noch beim Sieg
dieser Partei fürchten müßten, den Siegern körperlichen
Tribut zahlen zu müssen. (MEW, Bd 32, S. 324)
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- Volkmar Sigusch nun, der Ulrichs für
den ersten Schwulen hält, wertet die Arbeit von Ulrichs
wie folgt. Der Name Volkmar Sigusch hat für die Kämpfer
der 68er Sexrevolte einen guten Namen.
- Als Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft
in Frankfurt untersucht er in "Karl Heinrich Ulrichs, der
erste Schwule der Weltgeschichte" die Bedeutung von Ulrichs
und hält in einem streitbaren Essay Ulrichs
für den eigentlichen Gründer der schwulen Bewegung.
Viel von dem, was die Bewegung ausmacht,
nahm Ulrichs als Einzelkämpfer voraus: öffentliche
Widerreden, Demonstrationen und Anklagen; Streitschriften und
Eingaben an die Gesetzgeber und ihre Kommissionen; Vernetzung
der Genossen, Einrichten eines Archivs des Pro und
Kontra und damit der Individual-, Sozial- und Kriminalgeschichte
bis dahin Gesichtsloser; Auflisten berühmter Männer
der Vergangenheit, die Männer geliebt haben sollen; Androhen,
namhafte Urninge der Gegenwart als solche zu entlarven, heute
Outing genannt; Umwerben und Auflisten der sich für eine
Entpönalisierung (Entkriminalisierung, js.) aussprechenden
Nichturninge; Konzeption eines Urningbundes, Eirichten
einer Unterstützerkasse für in Not geratene Gleichgesinnte;
Gründen einer ersten Zeitschrift für sie; und nicht
zuletzt das, was erst einhundert Jahre später kollektiv
möglich wurde: öffentliches Sichbekennen, heute Coming-out
genannt alles, wohlgemerkt, nicht im 20 Jahrhundert, sondern
bereits vor 130 Jahren. (Sigusch, Klappentext)
So lesen wir staunend im Buch von Sigusch Einzelne Exemplare
seiner (Ulrichs´) Schriften waren bis nach Petersburg und
St. Louis gelangt, so daß er schließlich mit
einer weitzerstreuten Schaar bürgerlicher wie adliger
Mannliebhaber im geistigen Verkehr stand, darunter
Fabrikbesitzer und Handwerker, bayrische richterliche Beamte
im activen Staatsdienst, preußische Offiziere
im activen Militairdienst. Nach und nach wurde es doch
ein wenig lächerlich, all diese ehrenwerten Herren
kurzweg für Sünder und Verbrecher zu erklären.
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- Ulrichs erreichte zwar nicht die größeren
Massen der Urninge in den großen Städten, diese
stumpfsinnige Heerden, denen es nur um ihr Vergnügen
ging. In einem kleinen Kreis ehrenhafter Naturgenossen
aber entwickelte sich dank seiner Bemühungen ein ebenso
neuartiges wie kostbaren Gut: das genossenschaftliche Bwußtsein.
Das widerum hatte etwas zur Vorraussetzung, was den Werth
seines Strebens in ganzer Größe ausmachte,
wie ihm ein 25jähriger Urning aus Wien schrieb, etwas, was
der humane Kern seines Kampfes ist: Selbstachtung.
(Sigusch, a.a.O. S. 19 f)
Drei Jahre nach Ulrichs´ Tod gab Hirschfeld dessen
Schriften neu heraus, leider mit geringer Pietät
stark kastriert, wie F. Karsch-Haack ebenso lapidar
wie treffend bemerkte. Das, was Hirschfeld nicht in seine Politik
passte, zensierte er, beispielsweise Ulrichs´ unverkrampfte
Einstellung zum Analverkehr ... (Sigusch, a.a.O. S. 39
f) Was hätte wohl Ulrichs dem Magnus Hirschfeld
auf die Verstümmelung seiner Schriften und damit seiner
Gedanken geantwortet?
- Und was hätte er zu Hirschfelds erster,
1896 unter dem Pseudonym Th. Ramien veröffentlichten Theorie´
gesagt? Einerseits sah Hirschfeld die Liebe der Männer und
Frauen zu Personen des eigenen Geschlechts als etwas irgendwie
Natürliches an (...). Andererseits aber verglich er die
Liebe der Sappho und des Sokrates mit einer angeborenen
Mißbildung, welche anderen Hemmungen der Evolution, der
Hasenscharte, der Epispadie, der geteilten Gebärmutter,
dem Nabelbruch usw. gleichartig an die Seite zu setzen ist.
- Wie aber wäre dem aufrichtigen Ulrichs
zumute gewesen, wenn er hätte erleben müssen, daß
die zwei Jahre nach seinem Tod von vier Männern, darunter
Hirschfeld, am 15. Mai 1897 in Charlottenburg bei Berlin vollzogene
Gründung des Wissenschaftlich-humanitäre Komitees (WhK)
von heute lebenden Kanonisierern der Geschichte der Sodomiten,
Päderasten, Urninge, Konträrsexuealen, Homosexuellen
und Schwulen aus Gründen der paßgenauen Zentenarität
zur Geburtsstunde der Schwulenbewegung verklärt
wird, obgleich es zeitige Schwule noch gar nicht gab, den bekennenden
Urning und historisch vorzeitigen Schwulen Ulrichs und seine
Aktivitäten sehr wohl.
(Ulrichs a.a.O. S. 40 f)
- Man könnte hier noch mehr schreiben,
aber das passt nicht in die Rubrik nachrichten, und alles, was
ich über ulrichs schreiben könnte, findet Ihr ja auch
in unserem Artikelarchiv. js