Januar-Februar 2015
 
20.02.2015
Bundesländer wollen ZDF
als lesben- und schwulenfreie Zone
LSVD protestiert gegen geplante Ausgrenzung aus dem ZDF-Fernsehrat
(20.02.2015) Zu den Beratungen der Bundesländer über den neuen ZDF-Staatsvertrag erklärt Henny-Engels, Sprecherin des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland:

Lesben, Schwule oder Transgender sollen aus den ZDF-Gremien weiter ausgeschlossen bleiben. Das sieht der Entwurf für den neuen ZDF-Staatsvertrag vor, auf den sich die 16 Landesregierungen Ende Januar 2015 geeinigt haben.
In einem Protestbrief an alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder fordert der Lesben- und Schwulenverband (LSVD), die diskriminierende Ausgrenzung zu korrigieren. In dem Schreiben heißt es unter anderem:
„Als 1961 der erste ZDF-Staatsvertrag unterzeichnet wurde, war männliche Homosexualität in Bundesrepublik Deutschland noch strafbar (§ 175 StGB). Schwule Männer waren schwerer menschenrechtswidriger Strafverfolgung ausgesetzt. Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle/Transgender und Intersexuelle (LSBTI) wurden insgesamt damals von großen Teilen der Politik und Gesellschaft extrem geächtet. Ihnen wurde ein selbstbestimmtes Leben in freier Selbstentfaltung verweigert, ebenso eine gerechte Teilhabe in der Gesellschaft und ihren Institutionen.
Es ist für uns unfassbar, dass der gesellschaftliche Bereich LSBTI auch im Jahr 2015 weiter aus den Gremien des ZDF ausgeschlossen bleiben soll, dessen Sendungen laut § 5 des Staatsvertrages „auf ein diskriminierungsfreies Miteinander hinwirken“ sollen. 54 Jahre nach Unterzeichnung des ersten ZDF-Staatsvertrages wird LSBTI weiterhin Teilhabe verweigert. Mit dieser Ausgrenzung wird Diskriminierung in unerträglicher Weise fortgeschrieben.“

Diese Ausgrenzung ist offenbar erst in den letzten Monaten bewusst politisch so entschieden worden. Denn in Eckpunkten der Länder zur künftigen Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrats vom Oktober 2014 waren LSBTI noch ausdrücklich bei den gesellschaftlichen Gruppen genannt, die im ZDF-Fernsehrat zukünftig vertreten sein sollen. Der Sinneswandel ist völlig unverständlich.
Gerade angesichts der auch in Deutschland wieder stärker zu vernehmenden homophoben und transphoben Stimmen, die z.B. Putins Unterdrückungsmaßnahmen gegen LSBTI bejubeln, ist die Politik erst recht in der Verantwortung, sich solch menschenverachtenden Haltungen entgegenzustellen. Die heutige Vielfalt unserer Gesellschaft muss sich endlich auch in den Rundfunk- und Fernsehräten abbilden.
Den Protestbrief können Sie hier aufrufen:
http://lsvd.de/fileadmin/pics/Dokumente/Politik/Musterbrief_zum__ZDF_Staatsvertrag_Rheinland-Pfalz.pdf
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Glaubwürdige Menschenrechtspolitik lässt Selbstkritik zu
Große Koalition muss Unabhängigkeit des Deutschen Instituts für Menschenrechte sichern.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte soll gemäß der Vereinbarung im Koalitionsvertrag einen gesicherten rechtlichen Status erhalten und auf Grundlage der Pariser Prinzipien auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Dazu erklärt Henny Engels, Sprecherin des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Deutschland braucht eine unabhängige nationale Menschenrechtsinstitution, die ihre Aufmerksamkeit auch auf die Menschenrechtslage im eigenen Land richtet. Das ist nicht nur eine Frage der Glaubwürdigkeit. Vielmehr weiß der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) aus eigener Erfahrung, dass Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierung nicht nur anderswo sondern auch in Deutschland vorkommen. Das zu benennen ist eine der zentralen Aufgaben nationaler Menschenrechtsinstitutionen. Denn die Möglichkeit unabhängiger Kritik an staatlicher Politik ist gerade Ausdruck der Stärke eines demokratischen Rechtsstaats.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat sich sowohl national wie international einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Die Große Koalition hat sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass das Institut in seiner jetzigen Verfassung eine stabile Grundlage auf Basis der „Pariser Prinzipien“ erhalten soll. Umso weniger haben wir Verständnis dafür, dass sich die Große Koalition nicht auf den Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Maas einigen kann. Dieser würde nämlich dem Institut sowohl die notwendige gesetzliche Grundlage geben als auch dessen Unabhängigkeit sichern.
Wir fordern die Große Koalition auf, dieser im Koalitionsvertrag vereinbarten Selbstverpflichtung unverzüglich nachzukommen. Sie muss allen Bestrebungen, die Unabhängigkeit des Instituts einzuschränken oder gar abzuschaffen, entschieden entgegenzutreten.
Hintergrund
Das Deutsche Institut für Menschenrechte wurde am 7.3.2001 durch einen Bundestagsbeschlusses vom 7.12.2000 gegründet. In der Begründung seines Beschlusses berief sich der Bundestag auf die 1993 von den Vereinten Nationen verabschiedeten „Pariser Prinzipien“, die den Staaten die Einrichtung einer Nationalen Menschrechtsinstitution empfehlen. Das Internationale Koordinationskomitee der Nationalen Menschenrechtsorganisationen hat das Deutsche Institut für Menschenrechte als den Pariser Prinzipien entsprechend akkreditiert. Seit November 2013 läuft das Re-Akkreditierungsverfahren. Der Akkreditierungsausschuss wird auf einer gesetzlichen Grundlage bestehen. Dies geschieht aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen nationalen Menschenrechtsinstitutionen. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, das Deutsche Institut für Menschenrechte auf eine stabile Grundlage entsprechend den Pariser Prinzipien zu stellen.
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06.02.15
460 Fälle von Zwangsverheiratung in Berlin
Krisenwohnung für homosexuelle Männer fehlt – Grab von Hatun Sürücü verwahrlost

Eine Umfrage des Berliner Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung hat ergeben, dass im Jahr 2013 insgesamt 460 Fälle von Zwangsverheiratung bekannt geworden sind. Hier finden Sie die Zusammenfassung der Umfrage zu Zwangsverheiratung.
Anlässlich des 10. Todestages von Hatun Sürücü hat der Berliner Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung zudem einen Forderungskatalog erstellt.
Hierzu erklärt Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg (LSVD):
„Auch Lesben und Schwule leiden unter falschen Ehrvorstellungen in Familien, sie werden Opfer von Gewalt und Zwangsverheiratung. Noch immer fehlt es an Krisenwohnungen für Männer, die zum Bespiel aufgrund ihrer Homosexualität zwangsverheiratet werden sollen. Der Staat vernachlässigt diesbezüglich seine Fürsorgepflicht.
Der Lesben- und Schwulen fordert zudem Politik und öffentliche Verwaltung auf, dafür Sorge zu tragen, dass das Grab von Hatun Sürücü würdig gepflegt wird und nicht weiter verwahrlost.“
Seit 1999 werden Lesben und Schwule mit Migrationshintergrund im LSVD-Zentrum für Migranten, Lesben und Schwule (MILES) dabei unterstützt, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Erfahrung der Arbeit zeigt, dass es insbesondere einen Bedarf an Krisenwohnungen für schwule Männer im Erwachsenenalter gibt.
Seit 2002 beschäftigen sich der Berliner AK gegen Zwangsverheiratung und die Unterarbeitsgruppe „Schulaktionen gegen Gewalt”, die von der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg koordiniert werden, mit dem Thema Zwangsverheiratung. In den oben genannten Gremien sind die Berliner Antigewaltprojekte, Krisen- und Zufluchtseinrichtungen, TERRE DES FEMMES, der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg, Frauenhäuser, Schulen, Rechtsanwältinnen, Polizei, Jugendämter und Jobcenter, die mit dem Thema konfrontiert sind, vertreten.
LSVD Berlin-Brandenburg
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14.01.2014
Österreichischer Verfassungsgerichtshof:
Verbot der gemeinschaftlichen Adoption durch Lebenspartner verstößt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
Das gilt natürlich genauso für das deutsche Verbot der gemeinschaftlichen Adoption durch Lebenspartner.

In einem heute veröffentlichten Urteil vom 11.12.2014 (Az. G 119-120/2014-12) hat der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschieden, dass das Verbot der gemeinschaftlichen Adoption eines Kindes durch Lebenspartner gegen Art. 8 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 EMRK verstößt. Da das österreichische Recht die Stiefkindadoption durch Lebenspartner zulasse, sei es „inkohärent“, gleichzeitig die gemeinschaftliche Adoption zu verbieten. Das Verbot könne auch nicht mit dem Schutz der Ehe oder der traditionellen Familie gerechtfertigt werden, da die gemeinschaftliche Annahme eines Kindes durch Lebenspartner die Ehe nicht gefährden könne. Dazu erklärt Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt das Urteil des österreichischen Verfassungsgerichtshofs (VfGH) mit dem er das Adoptionsverbot für gleichgeschlechtliche Partner aufhebt. Die deutsche Bundesregierung sollte das österreichische Urteil zum Anlass nehmen, das deutsche Verbot der gemeinschaftlichen Adoption durch Lebenspartner nun endlich ebenfalls zu beseitigen.
Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, dass „rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen“, beseitigt werden. Dazu gehört auch die Ungleichbehandlung beim gemeinsamen Adoptionsrecht. Statt ihren homophoben Markenkern zu pflegen, müssen die Union und Kanzlerin Merkel endlich ihre Bauchgefühle überwinden und sich an den Koalitionsvertrag und die Europäische Menschenrechtskonvention halten. Die SPD sollte auf die Einhaltung des Koalitionsvertrags drängen und die versprochenen 100% Gleichstellung so konsequent umzusetzen, wie sie das bei anderen Wahlversprechen getan hat. Die ganz einfache Lösung dafür: Die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Damit wäre die Ungleichbehandlung von homo- und heterosexuellen Paaren endlich vom Tisch.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 19.02.2013 zur Sukzessivadoption von Kindern durch Lebenspartner festgestellt, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe (1 BvL 1/11 u. 1 BvR 3247/09 juris, BVerfGE 133, 59. Dem hat sich der Bundesgerichtshof inzwischen angeschlossen (Beschl. v. 10.12.2014 - XII ZB 463/13 juris). Es wird Zeit, dass die Koalition das endlich umsetzt.
 
Hintergrund
Das Verbot der gemeinschaftlichen Adoption von Kindern durch Lebenspartner hat in Deutschland praktisch keine Bedeutung mehr, weil Lebenspartner es dadurch umgehen können, dass sie ein Kind nacheinander adoptieren. Das ist sogar in ein und demselben Termin möglich. Der Familienrichter kann zunächst die Annahme des Kindes durch einen der Lebenspartner beschließen und den Beschluss diesem Lebenspartner sofort aushändigen. Damit ist der Beschluss wirksam und sofort rechtskräftig (§ 197 FamFG i.V.m. § 15 Abs. 2 FamFG und § 173 ZPO). Deshalb kann der Familienrichter sofort danach den Beschluss über die Annahme des Kindes durch den anderen Lebenspartner fassen und dem anderen Lebenspartner aushändigen. Die Zulassung der gemeinschaftlichen Adoption wäre deshalb auch eine Verfahrensvereinfachung und würde die Belastung der Familiengerichte verringern.
Link zur Pressemitteilung und Entscheidung des VfGH:
https://www.vfgh.gv.at/cms/vfgh-site/attachments/4/7/7/CH0003/CMS1421221451546/adoptionen_ep_presseinformation.pdf

https://www.vfgh.gv.at/cms/vfgh-site/attachments/4/7/7/CH0003/CMS1421221451546/adoptionen_ep_entscheidung.pdf
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