Nachrichten (überwiegend Inlands-Nachrichten) und Pressemeldungen im Juni 2014
 
30.06.14
PRESSEMITTEILUNG
Verlässlicher Partner tritt ab
Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e.V. zum angekündigten Rücktritt des EKD-Ratsvorsitzenden Schneider

Die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e.V. würdigt das Engagement des scheidenden Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider. Dieser war, so HuK-Sprecher Markus Gutfleisch, in seiner vierjährigen Amtszeit ein verlässlicher Partner für die Modernisierung des Familienbegriffes innerhalb der evangelischen Kirche. Seine rheinische Landeskirche hat in den 1980er Jahren als eine der ersten mutig die Diskussion über homosexuelle Lebensformen aufgenommen und gehörte zu den innerkirchlichen Taktgebern dieser Debatte.
Sowohl bei der Verabschiedung des Pfarrdienstgesetzes 2010 als auch bei der der Orientierungshilfe zur Familienpolitik 2014 zeigte sich Schneider als kluger Moderator mit klarer Position. Von innerkirchlichen Kritikern ließ er sich nicht beirren. Als Sozialethiker sprach er sich für eine Orientierung an Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und Verantwortung aus, wie sie in heterosexuellen wie homosexuellen Partnerschaften gelebt wird. Allerdings zögerte er in einem Interview noch 2013, die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare mit der Ehe gleich zu stellen.
Mit seinem Entschluss, sich nun vermehrt um seine krebskranke Frau zu kümmern, bestätigt er seine theologische Überzeugung durch persönliches Verhalten. Das verdient Anerkennung. Von seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger, den die EKD-Synode im November wählen wird, erwartet die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche, dass der Kurs der Modernisierung im Umgang mit unterschiedlichen Lebensformenentschlossen fortgesetzt wird. „Die Evangelische Kirche darf sich in gesellschaftlichen Debatten nicht ducken, sondern muss das Evangelium für alle verkünden. Dazu gehört auch mal der Streit mit denen, die Ausgrenzung betreiben und sich dabei auf die Bibel berufen wollen“, so Markus Gutfleisch von der Ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche.
https://www.huk.org
 
Wichtige Informationen bei Queer.de:
 29.06.2014
Meilenstein
Vor 25 Jahren: DDR schafft Sonderstrafrecht gegen Homosexuelle ab
http://www.queer.de/detail.php?article_id=21846
 
29.06.2014
Streit um Bildungsplan
Stuttgart: Mit Böllern und Ironie gegen die Homo-Gegner
http://www.queer.de/detail.php?article_id=21847
 
10.06.2014
Vor 20 Jahren: Streichung von § 175 StGB
Rehabilitierung der Opfer und volle Gleichstellung
Am 11. Juni 1994 wurde § 175 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Dazu erklärt Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
Zwanzig Jahre nach der Streichung von 175 StGB müssen die Opfer der strafrechtlichen Verfolgung von Homosexualität endlich rehabilitiert und entschädigt werden. Weit über 50.000 Männer wurden in der Bundesrepublik nach 1949 wegen homosexueller Handlungen verurteilt. Bis heute sind die Urteile nicht aufgehoben worden, die Menschen nicht rehabilitiert. Diese schweren Menschenrechtsverletzungen an schwulen Männern im demokratischen Staat müssen endlich umfassend aufgearbeitet werden. § 175 steht als Symbol für die Unterdrückung, Verfolgung und Einkerkerung von Menschen nur weil sie anders liebten. Seine endgültige Beseitigung war ein Meilenstein in der Geschichte der Bürgerrechte. 45 Jahre Kampf waren notwendig, bis dieses antihomosexuelle Sondergesetz endlich abgeschafft werden konnte.
Gerade angesichts der brutalen Verfolgungsgeschichte gegenüber homosexuellen Menschen ist es unfassbar, dass starke politische Kräfte bis heute volle Gleichstellung bekämpfen und selbst eine angemessene Behandlung von
Homosexualität im Schulunterricht massiv anfeinden. Vorurteile und Homophobie sind weiterhin virulent. Die richtige Konsequenz aus der Geschichte des § 175 muss lauten: Endlich volle rechtliche Gleichstellung durch Öffnung der Ehe. Nur wenn Deutschland in der eigenen Gesetzgebung gleiches Recht für alle schafft, kann es auch international glaubwürdig gegen Menschenrechtsverletzungen auftreten.
Lesben- und Schwulenverband LSVD
http://www.lsvd.de
 
 
09.06.2014
Bündnis startet Plakatkampagne zur Fußball-WM
Botschaft gegen Homophobie auf 1.000 Plakatflächen

Das Berliner Bündnis gegen Homophobie startet morgen eine stadtweite Plakatkampagne gegen Homophobie im Fußball. „Für eine Fußballkultur – so tolerant wie Berlin“, lautet die Sensibilisierungskampagne der Vereinigung der heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft Berlins.
„Wir arbeiten und leben in Berlin, wir lieben Berlin. Warum? Weil Berlin eine der offensten und deshalb auch kreativsten Städte der Welt ist. In unserer Image-Kampagne für das Bündnis gegen Homophobie setzen wir diese Vorbildfunktion von Berlin ein, um an die Fußball-Fans zu appellieren: Werdet endlich so liberal und offen wie Berlin“, so Jörn Kriebel, Geschäftsführer der Berliner Werbeagentur HELDISCH, die als Bündnismitglied die Kampagne 2014 entwickelt hat.
Bereits zum viertel Mail unterstützt auch die WALL AG die Sensibilisierungskampagne des Bündnisses gegen Homophobie mit über 1.000 Flächen im aufmerksamkeitsstarken Citylight-Format (CLP). Die Kampagne, getragen vom Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) und dem Land Berlin, startet am 10. Juni parallel zur Fußball Weltmeisterschaft und läuft bis Mitte des Sommers.
Im Bündnis gegen Homophobie haben sich knapp 80 Unternehmen und Organisationen aus Kultur, Sport und Gesellschaft zusammengeschlossen. Die jährliche Sensibilisierungskampagne wird dabei maßgeblich von den Mitgliedern HELDISCH Werbeagentur und WALL AG getragen.
Um aktiv gegen Homophobie einzutreten setzt der LSVD Berlin-Brandenburg im Auftrag der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen – Landesantidiskriminierungsstelle (LADS), das von ihm initiierte Bündnis gegen Homophobie im Rahmen der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ um.
LSVD Berlin-Brandenburg
http://www.berlin.lsvd.de
 
 
04.06.14
Lebenspartnerschaften sind genauso gemeinnützig wie die Ehe
Die Union will das aber nicht im Gesetz lesen
Zur zweiten und dritten Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung steuerlicher Regelungen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erklärt Axel Hochrein, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) kritisiert den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Es ist eine Frechheit, dass die Union schon wieder Wege gefunden hat, sich über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinweg zu setzen. Die SPD als Koalitionspartner von Frau Merkel erinnern wir erneut an ihr Versprechen: „100% Gleichstellung nur mit uns“. Kaum in der Regierung, heißt das jetzt: „Soviel Gleichstellung wie die Union zulässt.“
Deshalb fordern wir die Abgeordneten auf, im Bundestag stattdessen den Anträgen der Opposition zuzustimmen, die die Umsetzung der Verfassungsgerichtsrechtsprechung garantieren.
Im Regierungsentwurf wird behauptet, die vollständige Gleichbehandlung solle in allen steuerlichen Belangen hergestellt werden. Tatsächlich aber hat die Union wieder eine bürokratische Hürde errichtet. Vereine, die sich für den Schutz von Ehe und Familien einsetzen, sind gemeinnützig und damit steuerlich begünstigt. Dem Einsatz für den Schutz von Lebenspartnerschaften wird von der Großen Koalition dagegen weiter die Gemeinnützigkeit verweigert.
Ebenso diskriminierend wie familienfeindlich ist es, dass die steuerliche Gleichstellung beim Kindergeld nicht rückwirkend erfolgt. Aus ideologischer Verbissenheit wird zu Lasten der Kinder in Regenbogenfamilien Politik gemacht. Das ist einfach nur schäbig.
Dieses hartnäckige Beharren auf Diskriminierung zeigt auch Wirkung im Alltag. So ist es den Finanzbehörden immer noch nicht gelungen, die EDV umzustellen und neutrale Formulare zu entwickeln. Wenn das Finanzamt die gemeinsame Veranlagung endlich anerkannt hat, geht der Bescheid an „Frau Peter Mustermann“ oder „Herrn Barbara Musterfrau“. Ein Jahr nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist das Steuersystem immer noch Ausdruck fortgesetzter Diskriminierung von Lesben und Schwulen.
LSVD-Bundesverband
Hauptstadtbüro
http://www.lsvd.de
http://www.hirschfeld-eddy-stiftung.de
 
 
04.06.14
Berlin: Wanderausstellung „Transgeschlechtliche Menschen in der Arbeitswelt“ eröffnet
Zur heutigen Eröffnung der Wanderausstellung „Transgeschlechtliche Menschen in der Arbeitswelt“ im Foyer der SAP AG erklärte die Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen, Dilek Kolat: „Transgeschlechtliche Menschen sind beim Zugang zu Arbeit oder am Arbeitsplatz mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Doch auch auf Seiten von Vorgesetzten, des Teams und dem weiteren Umfeld bestehen oft Unsicherheiten. Es fehlt schlichtweg an Informationen und Erfahrungen, um mit dem Thema Transgeschlechtlichkeit angemessen umzugehen.“
Die Grundrechteagentur der Europäischen Union hat in einer breit angelegten Studie festgestellt, dass beispielsweise 30 Prozent der Trans*Menschen von Diskriminierungen bei der Jobsuche berichten, 47 Prozent am Arbeitsplatz niemals offen mit ihrer Transidentität umgehen würden und lediglich 21 Prozent am Arbeitsplatz ihre Transidentität offen ausleben.
„Gleiche Chancen bei der Jobsuche zu erwirken und diskriminierungsfreie Arbeitsbedingungen sicherzustellen sind wichtige Anliegen meiner Politik, können aber nicht durch politische Maßnahmen allein realisiert werden. Es braucht darüber hinaus auch stets eine enge Zusammenarbeit und Beteiligung der verschiedenen Akteurinnen und Akteure im Bereich Arbeit, um zu Lösungsstrategien zu kommen, die auch tatsächlich gelebt werden und funktionieren. Umso mehr freue ich mich, dass die SAP AG sich bereit erklärt hat, als erstes Unternehmen diese Wanderausstellung in ihren Räumen auszustellen“ so Kolat weiter.
Um die Situation von transgeschlechtlichen Menschen im Bereich Arbeit und Beruf zu verbessern hat die Landesantidiskriminierungsstelle der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen gemeinsam mit Schlüsselpersonen aus der Arbeitswelt, Unternehmen, Verwaltungen und Trans*Organisationen das Projekt Trans* in Arbeit durchgeführt und Empfehlungen zur Verbesserung der Situation von transgeschlechtlichen Menschen in der Arbeitswelt entwickelt. „Ich bewundere den Mut der Portraitierten, sich mit ihrer Identität öffentlich zu zeigen. Damit ermutigen sie andere transgeschlechtliche Menschen, offen auf Stellensuche zu gehen oder einen Transitionsprozess am Arbeitsplatz zu wagen. Und sie appellieren mit ihren Bildern an Arbeitgebende, sich für Trans*Menschen zu öffnen und das Potential zu erkennen, das in dieser Öffnung steckt“ so Arbeitssenatorin Kolat.
Die Wanderausstellung entstand im Rahmen der Umsetzung des Projektes Trans* in Arbeit unter künstlerischer Leitung der Fotografin Anja Weber und besteht aus 12 Einzelporträts von transgeschlechtlichen Menschen. Die Portraitierten sind in ganz unterschiedlichen Berufen und Arbeitsumfeldern zu sehen: in Büros, Produktions- und Dienstleistungsbetrieben, als Lehrende, als LKW-Fahrende. Die Bilder laden ein, über die Lebensgeschichten, Diskriminierungs- und Erfolgserfahrungen transgeschlechtlicher Menschen nachzudenken.
Die Ausstellung ist bis zum 10. Juni bei der SAP AG zu sehen und anschließend im Sonntags-Club e.V. bis voraussichtlich 25. Juni 2014.
Trans* in Arbeit wird finanziell unterstützt durch das PROGRESS Programm der Europäischen Union.
Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen
 
 
01.06.2014
Schwusos: „Wir kämpfen weiter - stopp homophobia“
Zum Tourstart der diesjährigen CSD-Trucktour der SPD in Dresden am heutigen Samstag erklärt der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Lesben und Schwulen in der SPD (Schwusos), AnsgarDittmar:

"Es ist wieder soweit - die Saison der Christopher-Street-Day Paraden in den Städten beginnt. Es werden wieder in den kommenden Monaten mehrere Millionen Menschen in Deutschland bei den Paraden dabei sein und für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans - und Intergeschlechtlichen kämpfen. Dieses Jahr umso mehr - nicht nur international, sondern auch in Deutschland ist viel zu tun.
Deswegen werden wir unter dem Motto "Wir kämpfen weiter - stopp homophobia" sowohl die Situation in Deutschland als auch international beleuchten. Nach der Bundestagswahl konnten wir uns in den Koalitionsverhandlungen nicht mit unseren Gleichstellungsthemen durchsetzen, was gerade für uns Schwusos bitter ist. Die hartnäckige Weigerung des Koalitionspartners führt dazu, dass unsere Projekte volle Gleichstellung und "Öffnung der Ehe" in absehbarer Zeit nicht umgesetzt werden.
Dennoch kämpfen wir weiter für unsere Überzeugungen, dass die volle Gleichstellung und die Öffnung der Ehe zwingend umgesetzt werden müssen. Wir sehen die SPD als Partei der Menschenrechte weiterhin an der Seite der Lesben und Schwulen - auch wenn der Koalitionsvertrag sie in dieser Frage in Fesseln gelegt hat. Und es gibt noch viel zu tun, um die Lebenssituation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans - und Intergeschlechtlichen zu verbessern. Die zunehmende, zum Teil offen vorgetragene Homophobie zeigt, dass viel mehr in Aufklärung und Beratung zu leisten ist. Hier gibt es zwar schon best practice Initiativen, die sehr gut Arbeit leisten - die jedoch in vielen Bundesländern noch nicht umgesetzt werden oder - wie die Debatte in Baden-Württemberg gezeigt hat, durch zum Teil nicht akzeptable Proteste bekämpft werden. Auch in Sachsen, wo dieses Jahr unsere Tour startet hat noch erheblichen Nachholbedarf.
Dass die diesjährige CSD Trucktour in Dresden beginnt, ist nur Folgerichtig, da Sachsen bundesweites Schlusslicht bei der rechtlichen Gleichstellung von Lesben und Schwulen ist. Dass die schwarz-gelbe Koalition im Landtag gleichgeschlechtlich liebende Menschen ganz offen diskriminiert, wurde in der Vergangenheit durch Äußerungen prominenter sächsischer Politiker wie Bettina Kudla oder Steffen Flath deutlich.
Umso wichtiger ist es, dass am heutigen Samstag auf dem CSD in Dresden die SPD und unser Spitzenkandidat für die Landtagswahl Martin Dulig, Flagge zeigt und für ein buntes und vielfältiges Sachsen zu demonstriert.
Jedoch dürfen wir auch nicht die Situation in anderen europäischen Nachbarstaaten und weltweit aus den Augen verlieren. Die zunehmende Homophobie vor allem in Russland, aber auch in anderen osteuropäischen Staaten ist beschämend, die Verfolgung von Homosexuellen in vielen Ländern inakzeptabel und zu bekämpfen. Insofern sagen wir auch deutlich: "stopp homophopbia" - einen anderen Menschen auch des gleichen Geschlechts zu lieben ist ein Menschenrecht und wir werden Menschenrechtsverletzungen konsequent bekämpfen. Das ist unser politischer Anspruch!"