November - Dezember 2018
 
Ausstellung im Gießener Rathaus
"Verantwortung für die Vergangenheit übernehmen und Akzeptanz für die Gegenwart und Zukunft fördern."
Gießen. Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung "Unverschämt. Lesbische Frauen und schwule Männer in Hessen von 1945 bis 1985." heute im Gießener Rathaus gemeinsam mit Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz erklärte Staatssekretär Kai Klose, Bevollmächtigter des Landes für Integration und Antidiskriminierung, in Wiesbaden: "Vor dem Hintergrund des ehemaligen §175 StGB, der männliche Homosexualität über viele Jahrzehnte unter Strafe stellte, tragen wir eine besondere Verantwortung. Die staatliche Unterdrückung, die Schwule und Lesben lange Zeit erfahren haben, war gegen die freie Entfaltung der Persönlichkeit gerichtet und führte zu Repression und Verurteilungen. Dadurch haben Generationen von Lesben und Schwulen in der Bundesrepublik gesellschaftliche Abwertung, Ausgrenzung und Stigmatisierung erlebt, ihre Biografien wurden beeinträchtigt, ihre Lebenswege nachhaltig geprägt."
Susanne Stedtfeld, Leiterin der Stabsstelle Antidiskriminierung im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, machte in Vertretung des Staatssekretärs und Bevollmächtigten für Integration und Antidiskriminierung deutlich, dass die Ausstellung nicht in der Beschreibung der Vergangenheit stehen bleibe, sondern Mut für Gegenwart und Zukunft mache: "Sie dokumentiert neben den Schicksalen auch die Geschichte der Emanzipationsbewegungen, in denen viele Menschen unter großem Einsatz, mit viel Leidenschaft und hohen persönlichen Risiken dafür gekämpft haben, dass dieses Unrecht beendet wird und stattdessen Anerkennung, Akzeptanz und Wertschätzung gesellschaftlich gelebt werden."
Auch die Gießener Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz betont, dass sie besonders stolz darauf ist, dass Gießen für das vielfältige Engagement zur Stärkung von LGBTI*Q in der Region und darüber hinaus bekannt ist. "Gießen ist und bleibt bunt, das zeigt auch unser großes Engagement in der Zusammenarbeit mit zahlreichen LGBTI*Q - Gruppen und Initiativen aus der Stadt Gießen", so Grabe-Bolz.
Die Ausstellung wird bis zum 7. Januar 2019 im Gießener Rathaus zu sehen sein. Stedtfeld verwies darauf, dass der Hessische Landtag am 12. September 2012 mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossen habe, sich bei den Opfern des §175 zu entschuldigen. Die wissenschaftliche Aufarbeitung ist auch Teil des Hessischen Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt. Dieser beinhaltet zahlreiche Maßnahmen zur Förderung von Akzeptanz von LSBT*IQ, also Personen, die lesbisch, schwul, bisexuell, trans*-, intergeschlechtlich oder queer sind.
Abschließend bemerkte Klose in Wiesbaden: "Akzeptanz und Wertschätzung für Vielfalt sind nicht selbstverständlich, sie erfordern ständigen Einsatz. Wir müssen uns jeden Tag dafür starkmachen, dass das Erreichte bewahrt und weitere Verbesserungen erreicht werden - sowohl von staatlicher als auch gesellschaftlicher Seite. Besonders in den Bereichen Inter und Trans* ist hier aktuell viel zu tun."
Hintergrundinformationen:
Der Hessische Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt wurde im Frühsommer vergangenen Jahres vom Kabinett beschlossen und der Öffentlichkeit vorgestellt. Die im Hessischen Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt enthaltenen Maßnahmen fördern die Akzeptanz von LSBT*IQ in Hessen.
Auftragnehmer für das Forschungsprojekt zur Aufarbeitung der Opfer des ehemaligen §175 StGB in Hessen war der Verein Freunde des Schwulen Museums e.V. (Berlin) als Träger des Schwulen Museums Berlin (www.schwulesmuseum.de<http://www.schwulesmuseum.de>). Aufgrund der Tatsache, dass staatliche Repression nicht nur schwule Männer, sondern auch lesbische Frauen betraf, hat sich das Hessische Ministerium für Soziales und Integration als Auftraggeber für ein "Drei-Säulen-Modell" entschieden. Dieses Modell berücksichtigte neben der Dokumentation der strafrechtlichen Verfolgung schwuler Männer aufgrund des ehemaligen § 175 StGB (erste Säule) auch die Darstellung der Geschichte der nicht-strafrechtlichen Unterdrückung schwuler Männer bis hin zu den Emanzipationsbewegungen (zweite Säule) und die Geschichte der Ausgrenzung und Repression lesbischer Frauen und ihrer Emanzipationsbewegung (dritte Säule).
Eine als "Pocketausstellung" konzipierte Broschüre zur Ausstellung kann auf den Seiten des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration unter
https://soziales.hessen.de/integration/antidiskriminierungsstelle-hessen/herzlich-willkommen-bei-der-hessischen heruntergeladen werden.
Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde neben der Wanderausstellung auch ein Forschungsbericht erstellt. Die wissenschaftliche Aufarbeitung wurde von den beiden Historiker_innen Dr. Kirsten Plötz und Marcus Velke erarbeitet und im Rahmen eines Fachtages am 22.06.2018 im Rahmen eines Fachtages vorgestellt. Der Forschungsbericht kann in Kurz- und Langfassung ebenfalls von der Website heruntergeladen werden.
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Hessisches Ministerium für Soziales und Integration
Sonnenberger Straße 2/2a
65193 Wiesbaden
 
 
 
30.11.18
Welt-AIDS-Tag: HIV-Prävention stärken und modernisieren
Die soziale Situation von Menschen mit HIV und AIDS verbessern
Anlässlich des Welt-AIDS-Tages am 01. Dezember erklärt Axel Hochrein, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) erinnert an die vielen Menschen, die den Kampf gegen die Immunschwächekrankheit verloren haben. Auch heute leiden weltweit Millionen an der Immunschwächekrankheit, an mangelnder gesundheitlicher Versorgung, an Ausgrenzung und Verelendung. Vorurteile, religiöse Dogmen und nationalistische Ideologien behindern vielerorts wirksame Prävention. Die Bundesrepublik ist aufgefordert, sich auf sämtlichen Ebenen für den Kampf gegen AIDS und für die Menschenrechte der Betroffenen mit aller Kraft zu engagieren.
In Deutschland können inzwischen die meisten Menschen mit einer HIV-Infektion dank der medizinischen Fortschritte und Versorgung ein selbstbestimmtes Leben führen. Sie sollten auch ein angst- und diskriminierungsfreies Leben führen können. Sein Leben selbstbewusst, offen und ohne Angst vor Ausgrenzung gestalten zu können, ist eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Prävention und wirksame Therapie. Präventionsbotschaften und Vermittlungsmethoden müssen ständig auf die veränderte Wahrnehmung von HIV und AIDS überprüft und aktualisiert werden. Die Prävention muss die ganze Vielfalt der Beziehungs- und Lebensformen und sexuellen Begegnungen im Auge haben. Sie muss passgenaue und realistische Wege für verantwortliches Verhalten aufzeigen.
Als Safer Sex gelten neben der Verwendung von Kondomen auch die HIV-Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) sowie Schutz durch Therapie. PrEP kann bei dauerhafter oder anlassbezogener Anwendung vor Risikosituationen eine HIV-Infektion verhindern. Wir fordern den kostengünstigen Zugang und die Kostenübernahme durch die Solidargemeinschaft. Der LSVD setzt sich für eine Verstärkung und bessere finanzielle Ausstattung der Präventionsarbeit im Bereich von HIV, anderen sexuell übertragbaren Krankheiten und Hepatitis ein. Mittel, die heute in der Prävention gespart werden, müssen morgen, um ein Vielfaches erhöht, für die Patientenversorgung ausgegeben werden. Das gilt auch hinsichtlich PrEP. Private und gesetzliche Krankenkassen sollten in der Finanzierung der HIV-Prävention engagiert mitwirken. Auch die Pharmaindustrie muss sich hier engagieren.
Menschen mit HIV, in besonderem Maße aber an AIDS erkrankte Menschen, haben aufgrund der verbesserten Therapien heute eine deutlich gestiegene Lebenserwartung. Das muss sich auch im Versicherungswesen und im Bereich der Alterssicherung widerspiegeln. Hier stehen HIV-positive Menschen vor dem Problem, dass es ihnen nicht möglich ist, neben der staatlichen Alterssicherung oder der für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konzipierten Riester-Rente eine private Alterssicherung zu erreichen, da private Versicherungen den Abschluss von Verträgen mit HIV-positiven Menschen ablehnen. Die Erwerbsunfähigkeitsrenten sind aber an die gleiche Entwicklungsformel wie Altersrenten gebunden. Damit wird eine Abwärtsspirale in die Verarmung im Alter eingeleitet. Der LSVD fordert eine Sozialpolitik, die den besonderen Lebensumständen der Menschen mit HIV und AIDS gerecht wird und ihnen ausreichende Renten im Alter ermöglicht.
Auch die Sozialhilfe und das ALG II decken den spezifischen Bedarf nur unzureichend ab. Hier setzen wir uns für die Anerkennung anderer Mehrbedarfe ein, um flexibel auf die gesundheitliche Situation von Menschen mit HIV und AIDS reagieren zu können. Auch bei den Kostenträgern von Rehabilitationsleistungen ist angesichts der stark verlängerten Lebenserwartung von Menschen mit HIV/AIDS ein Umdenken erforderlich.
Pressemitteilung als pdf
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ist ein Bürgerrechtsverband und vertritt Interessen und Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI). Gleiche Rechte, Vielfalt und Respekt – wir wollen, dass LSBTI als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität akzeptiert und anerkannt werden.
http://www.lsvd.de
 
 
24.11.2018
Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen
Lesben- und transfeindliche Gewalt ist geschlechtsspezifische Gewalt
(24.11.2018) Anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen am 25. November erklärt Henny Engels,
Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
Geschlechtsspezifische Gewalt richtet sich gegen Frauen, die gegen Geschlechterstereotype aufbegehren. Mit ihrem
Auftreten, Erscheinen oder ihren Partnerschaften verstoßen lesbische, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche
Frauen oftmals gegen vorherrschende Normen, Konventionen und Zwänge, wie Frauen auszusehen, zu sein oder zu
begehren und lieben zu haben. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert daher die explizite Adressierung lesben- und transfeindlicher Gewalt bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention, dem Übereinkommen des
Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.
Die Istanbul-Konvention fordert ausdrücklich positive Aktionen, um dafür Sorge zu tragen, dass Präventionsmaßnahmen speziell den Bedürfnissen schutzbedürftiger Personen entsprechen und meint dabei explizit auch lesbische, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Frauen. Diese Gruppe muss daher auch in dem von der Bundesregierung versprochenen Aktionsprogramm zur Prävention und Unterstützung von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern, der bundesweiten Öffentlichkeitskampagne zur Ächtung von Gewalt gegen Frauen sowie dem von Bundesfamilienministerin Giffey eingerichtete Runde Tisch von Bund, Ländern und Kommunen adressiert und berücksichtigt werden.
Prävention und Bekämpfung lesben- und transfeindlicher Gewalt beginnt mit der Sichtbarmachung. Bislang wird diese
Form geschlechtsspezifischer Gewalt weder in den Zahlen zu gegen die sexuelle Orientierung gerichteter Hasskriminalität noch in der Auswertung von Gewalt gegen Frauen explizit berücksichtigt. Der LSVD fordert daher
eine Reform der polizeilichen Erfassungssysteme, damit Hasskriminalität detailliert aufgeschlüsselt und in ihren
realen Ausmaßen gesellschaftlich sichtbar wird.
In seiner Stellungnahme zum Staatenbericht der Bundesregierung zur Verwirklichung des UN-Übereinkommens
zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CEDAW) hat der LSVD notwendige Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen lesbische, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Frauen aufgeführt. Alle Frauen haben ein Recht darauf, gewalt-, angst- und diskriminierungsfrei über sich, ihr Leben, ihren Körper und ihre Partnerschaften und Familien bestimmen zu können.
Hintergrund
Auszüge aus dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention)
Stellungnahme des Lesben- und Schwulenverband (LSVD) zum kombinierten siebten und achten CEDAW-Staatenbericht der Bundesregierung von Deutschland
Pressemitteilung als pdf
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ist ein Bürgerrechtsverband und vertritt Interessen und Belange
von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI). Menscherechte,
Vielfalt und Respekt – wir wollen, dass LSBTI als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität akzeptiert und anerkannt werden.
Mit Ihrer Spende und / oder Mitgliedschaft können Sie uns und unsere Arbeit für "Gleiche Rechte, Vielfalt und
Respekt" unterstützen. Vielen Dank.
 
 
21.11.18
Bundesbildungsministerin Karliczek ignoriert Studien zu Regenbogenfamilien, um eigene Vorurteile zu pflegen
Forschungen über Entstehung und Beharrlichkeit von Homophobie und Transfeindlichkeit wären wichtiger
(21.11.2018) In einem Interview fordert die Bundesbildungsministerin Anja Karliczek eine Langzeitstudie über Kinder, die in Regenbogenfamilien aufwachsen. Dazu erklärt Axel Hochrein, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
Wie viele Studien braucht die Bundesbildungsministerin Karliczek noch, um ihre Vorurteile gegenüber Familien mit
gleichgeschlechtlichen Eltern aufzugeben? Zahlreiche Studien belegen bereits, dass es den Kindern, die von gleichgeschlechtlichen Paaren aufgezogen werden, mindestens genauso gut geht wie Kindern, die in gemischtgeschlechtlichen Partnerschaften großgezogen werden. Es ist einer Bundesbildungsministerin unwürdig, den
Forschungsstand konsequent zu ignorieren, um die eigenen Vorurteile zu pflegen.
Statt die xte Studie über Regenbogenfamilien, fordert der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) eine Politik, die dem
Kindeswohl in Regenbogenfamilien tatsächlich zu Gute kommt. Regenbogenfamilien müssen in ihren diversen
Konstellationen endlich rechtlich anerkannt werden, zum Beispiel, indem auch zwei miteinander verheiratete Frauen
von Geburt an rechtlich anerkannte Eltern werden können.
Karliczek sollte lieber eine Studie in Auftrag geben über die Frage, wie Homophobie und Transfeindlichkeit entstehen
und warum sie sich so hartnäckig halten. Der LSVD fordert die Förderung einer umfassenden interdisziplinären
Erforschung der Abwehr, Feindlichkeit und Gewalt gegen Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI). Die Erkenntnisse wären sicherlich auch für Karliczek gewinnbringend.
Außerdem sollte das Bundesbildungsministerium eine diskriminierungsfreie Forschung und Bildung fördern. Es gibt zwar inzwischen vermehrt Forschung über die Lebenssituation von (LSBTI) in Deutschland, ebenso zu Diskriminierung und LSBTI-Feindlichkeit. Dennoch sind noch viele sozialwissenschaftliche Forschungen heteronormativ angelegt. In ihnen bleiben LSBTI als Teil der Bevölkerung häufig unberücksichtigt. In den Hochschulen, in Forschung und vor allem in der Lehre muss die Lebenssituation von LSBTI endlich angemessen berücksichtigt werden. Das betrifft viele Fakultäten, z.B. Rechtswissenschaft, Sozialwissenschaften, Geschichtswissenschaft, Theologie, Psychologie, Medizin und insbesondere auch alle Sparten der Pädagogik. Die Vermittlung von Informationen über die Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identität muss ein selbstverständlicher Bestandteil der Studiengänge und Lehrinhalte werden. Die entsprechenden Studienordnungen sind dahingehend zu ändern und zu ergänzen.
Quellen
What does the scholarly research say about the well-being of children with gay or lesbian parents?
Studien: Viel Wärme wenig Konflikte in Regenbogenfamilien
Pressemitteilung als pdf
https://www.lsvd.de/fileadmin/pics/Dokumente/PMs/2018_11_21_Bildungsministerin_Karliczek.pdf
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20.11.18
Hassgewalt bekämpfen
Transgender Day of Remembrance (TDoR)

(20.11.2018) Anlässlich des heutigen internationalen Transgender Day of Remembrance (TDoR) erklärt Gabriela
Lünsmann, Mitglied des Bundesvorstands des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) gedenkt am heutigen Transgender Day of Remembrance all jenen, die Opfer transfeindlicher Gewalt wurden. Hassgewalt ist die massivste Ausdrucksform von Transfeindlichkeit. Sie zielt
nicht nur auf die Menschen als Individuen, sondern immer auch darauf, ganze Bevölkerungsgruppen einzuschüchtern und in die gesellschaftliche Unsichtbarkeit zu drängen.
Für die Innenministerien in Bund und Ländern ist Gewalt gegen transgeschlechtliche Menschen kein relevantes Thema.
So wird Hasskriminalität gegen transgeschlechtliche Personen noch nicht einmal gesondert erfasst. Der LSVD fordert daher eine Reform der polizeilichen Erfassungssysteme, damit Hasskriminalität detailliert aufgeschlüsselt und in ihren realen Ausmaßen gesellschaftlich sichtbar wird.
Erforderlich ist zudem ein Bund-Länder-Programm gegen Gewalt gegen Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und
intergeschlechtliche Menschen (LSBTI). Neben kriminologischer Forschung und Rechtstatsachenforschung muss auch die Entwicklung zielgenauer Konzepte zu Prävention, zur Aus- und Fortbildung von Polizei und Justiz sowie zur ausreichenden Unterstützung von Opferhilfe-Einrichtungen Ziel dieses Bund-Länder-Programms sein. Länder und Kommunen müssen die Arbeit von LSBTI-Anti-Gewalt-Projekten angemessen fördern.
In den Bestimmungen zur Hasskriminalität, die 2015 in das Strafgesetzbuch eingeführt wurden, müssen ausdrücklich
auch LSBTI-feindliche Motive benannt werden. Denn alle Erfahrung zeigt: Wenn homophobe und transfeindliche
Hasskriminalität nicht ausdrücklich im Gesetz benannt ist, werden diese Motive in der Praxis der polizeilichen und
staatsanwaltlichen Ermittlungen und damit auch bei der Strafzumessung kaum Beachtung finden.
Hintergrund zum Transgender Day of RemembranceIm November 1998 wurde in den USA die afro-amerikanische
Transfrau Rita Hester ermordet. Am darauffolgenden Freitag versammelten sich über 250 Menschen, um ihrer Trauer und Wut über den Mord Ausdruck zu geben. Seitdem findet der Transgender Day of Remembrance jährlich am 20. November statt.
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14.11.18
Junge Union fällt mit Homophobie und Wehrmachtsverherrlichung auf
LSVD fordert konsequentes Einschreiten vom Bundesvorsitzenden Ziemiak

(14.11.2018) Presseberichten zufolge hat eine rund fünfzehnköpfige Gruppe der Jungen Union Hessen im Rahmen
einer „Exkursion“ nach Berlin und nach einem Treffen mit ihrem Bundesvorsitzenden Paul Ziemiak am 9. November in einer Berliner Gaststätte homophobe Parolen („Schwuchteln“) gegrölt und das „Westerwaldlied“ angestimmt. Dazu erklärt Axel Hochrein, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ist entsetzt über die Ausfälle von Vertretern der Jungen Union. Wir erwarten von Paul Ziemiak als Bundesvorsitzenden der Jungen Union unverzüglich Aufklärung über diesen Vorfall. Die Junge Union muss sich von diesem Verhalten unmissverständlich distanzieren und glaubwürdig und konsequent gegen
homophobe und wehrmachtsverherrlichende Tendenzen in ihrer Organisation einschreiten. Das hat der LSVD auch in einem offenen Brief an Ziemiak deutlich gemacht.
Die Junge Union ist die Jugendorganisation von CDU und CSU. Beide Parteien trugen in der Vergangenheit die
politische Hauptverantwortung dafür, dass homosexuelle Menschen in der Bundesrepublik auch nach Ende des
Nationalsozialismus noch jahrzehntelang menschenrechtswidrig staatlich verfolgt wurden. Erst im letzten Jahr hat der Bundestag die Opfer dieser Verfolgung rechtlich rehabilitiert. Umso unfassbarer ist es, dass sich offenbar Mitglieder der Jungen Union in beleidigenden homophoben Ausfällen ergehen.
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14.11.2018
Unser Druck hat gewirkt: Die Koalition hat nachgegeben
Die rückwirkende Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Ehegatten im Einkommensteuerrecht ist beschlossene Sache

(14.11.2018) Der Bundestag hat am 08.11.2018 beschlossen, dass gleichgeschlechtliche Ehegatten rückwirkend im
Einkommensteuerrecht gleichgestellt werden, wenn sie ihre Lebenspartnerschaft bis zum 31.12.2019 in eine Ehe
umwandeln und bis zum 31.12.2020 die Aufhebung der Steuerbescheide beantragen, die nach der Gleichstellung im
Jahre 2013 nicht mehr geändert werden konnten, weil sie bereits bestandskräftig waren oder weil die Festsetzungsfrist abgelaufen war.
Dazu erklärt Manfred Bruns, Justiziar des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
Die Steuerverwaltung ist 2017 vom Eheöffnungsgesetz (BGBl. I S. 2787) überrascht worden. Dort steht in Art. 3 Abs. 2, dass für die Ehegatten nach der Umwandlung ihrer Lebenspartnerschaft in eine Ehe der Tag der Begründung ihrer Lebenspartnerschaft weiterhin maßgebend bleibe. Dazu wird in der Begründung gesagt, man habe mit dieser Regelung die noch immer bestehende Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartner mit Ehegatten rückwirkend beseitigen wollen.
Das war der Steuerverwaltung zu viel. Sie befürchtete hohe Rückforderung und behauptete deshalb, eine rückwirkende Aufhebung schon bestandskräftiger Bescheide sei vom Gesetzgeber nicht gewollt. Das Bundesfinanzministerium hat
versucht, diese Auffassung in dem Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung des Eheöffnungsgesetzes unterzubringen, über den der Bundestag gerade berät. Auch die gegenteilige Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg vom 31.07.2018 (1
K 92/18) hat das Bundesfinanzministerium nicht beeindruckt. Das Finanzamt musste gegen das Urteil Revision Bundesfinanzhof einlegen.
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) hat mit Briefen und Gesprächen immer wieder versucht, das Bundesfinanz- und das Bundesjustizministerium umzustimmen, und darauf hingewiesen, dass die Betroffenen empört seien, dass ausgerechnet zwei SPD-geführte Ministerien die Gleichstellung wieder so torpedierten wie früher die
CDU/CSU.
Der LSVD ist daher froh, dass der Streit jetzt beendet ist. Das vom Bundestag am 08.11.2018 beschlossene
Jahressteuergesetz (vgl. BR-Drs. 559/18) enthält in Art. 13 eine klare Regelung. Sie ist zugleich eine gesetzliche
Interpretation des Art. 3 Abs. 2 EheöffnungsG, die auch für die rückwirkende Gleichstellung bei der
Grunderwerbsteuer und beim Familienzuschlag Klarheit bringt.
Auf das neue Gesetz können sich die Betroffenen allerdings erst berufen, wenn es im Bundesgesetzblatt verkündet
worden ist. Vorher muss der Bundesrat noch zustimmen. Das ist aber hinsichtlich des Art. 13 nur eine Formalie.
Hintergrund zur Rechtslage
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ist ein Bürgerrechtsverband und vertritt Interessen und Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI). Menscherechte, Vielfalt und Respekt – wir wollen, dass LSBTI als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität akzeptiert und anerkannt werden.
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13.11.2018
Richterposten CDU
PM zum Vorschlag Stephan Harbarth als Bundesverfassungsrichter (Veröffentlichung am 13. November 2018) Stephan Harbarth als Kandidat für das höchste deutsche Richteramt ungeeignet
Bis vor kurzem wurde noch CDU-Staatssekretär Günter Krings, der sich in den vergangen Jahren immer wieder gegen die Gleichstellung von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten positionierte, als Favorit für einen frei werdenden Richterposten am Bundesverfassungsgericht gehandelt. Nicht zuletzt auch aufgrund der Ablehnung der SPD ist dieser Vorschlag nun vom Tisch. Laut einem Bericht im Spiegel will die Union nun ihren Abgeordneten Stephan Harbarth für das höchste deutsche Richteramt nominieren. Harbarth hat sich in der Vergangenheit jedoch auch gegen eine Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen sowie trans*, inter* und queeren Menschen (LSBTTIQ*) positioniert. So sprach er sich gegen eine Erweiterung des Diskriminierungsschutzes für LSBTTIQ* aus. Ebenso vertritt er die Meinung, dass die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare verfassungswidrig sei.
Hierzu erklärt die Bundesvorsitzende der SPDqueer, Petra Nowacki:
Als Arbeitsgemeinschaft für Akzeptanz und Gleichstellung lehnen wir die Nominierung von Stephan Harbarth für das frei werdende Amt am Bundesverfassungsgericht entschieden ab. Es wirkt befremdlich, dass die Union nach dem LSBTTIQ*-Gegner Günter Krings mit Harbath nun einen nicht minder umstrittenen Kandidaten ins Rennen schicken will. Nicht nur, dass Harbarth sich mit der inakzeptablen Begründung, dass er ein Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen im Grundgesetz verankert sehe, gegen die Öffnung der Ehe aussprach. Auch den Schutz von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten lehnt Harbarth ab.
Dies ist Haltung fällt umso schwerer ins Gewicht, als die am Bundesverfassungsgericht zu besetzende Position den Ersten Senat betrifft. Dieser ist für Grundrechte zuständig. Das Bundesverfassungsgericht ist oberste Hüterin unserer Grundrechte, zu denen auch Gleichberechtigung und der Schutz vor Diskriminierung zählen.
Mit seinen inhaltlichen Positionen ist Stephan Harbarth daher als Kandidat für das höchste deutsche Richteramt ungeeignet.
SPDqueer Arbeitsgemeinschaft der SPD für Akzeptanz und Gleichstellung PETRA NOWACKI, BUNDESVORSITZENDER
 
 
13.11.18
Um Freiheit, Gleichheit und Respekt muss täglich neu gerungen werden
Unterstützt mit Eurer Spende uns und unsere Arbeit
Liebe Freund*innen,
zerstörte Gedenkstätten, Hassreden im Bundestag und in den Landtagen, Gewalt auf offener Straße gegen LSBTI. Lange her? Leider nein. Geschehen in Deutschland 2018.
Das gesellschaftliche Klima hat sich in diesem Jahr weiterhin spürbar abgekühlt. Minderheiten aller Couleur stehen wieder im Fokus verbaler und tätlicher Übergriffe. Tabugrenzen wurden deutlich und bewusst verschoben. Besonders in den Diskussionen in den sozialen Medien stehen allzu oft Fakten und Sachlichkeit einer Flut von Aggressionen, Beleidigungen und Hetze gegenüber.Die Lage in Deutschland passt in das Bild einer gesamteuropäischen Entwicklung. Dunja Mijatovic, Menschenrechtskommissarin des Europarats, zufolge war die Abwertung von LSBTI im zurückliegenden Jahr besonders schlimm. Hass auf lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen ist in Europa laut der Menschenrechtskommissarin des Europarates erschreckend weit verbreitet. In vielen europäischen Ländern hinderten Vorurteile und Gewalt LSBTI daran, frei und sicher zu leben, so Mijatovic.
Zeitenwende? Nein! Der LSVD nimmt die Herausforderungen an! Unterstützt uns mit Eurer persönlichen Spende und
sichert unseren gemeinsamen Wertvorstellungen erhöhte Aufmerksamkeit und Durchschlagskraft.Zusammen mit unseren Partner*innen in Europa, Unterstützer*innen aus Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft halten wir rechten, autoritären und religiös-fundamentalistischen Gesinnungen oder einem Familienbild der 1950er Jahre unsere Wertvorstellungen entgegen - für ein vielfältiges und buntes Deutschland in einem demokratischen und vielfältigen Europa, in dem Minderheiten ihren festen Platz in der Gesellschaft haben.
Der LSVD vertritt LSBTI, unsere Werte werden jedoch inzwischen von einer breiten Mehrheit der Gesellschaft
getragen. Darauf bauen wir. Zur Europawahl im kommenden Jahr wollen wir diese Kräfte mobilisieren. Mit
Sensibilisierungsarbeit und konkreten Projekten in Deutschland und auswärts.
Mit dem „Regenbogenparlament“ im Rahmen des Projekts „Miteinander stärken“ konnte der LSVD in diesem Jahr ein
neues Forum ins Leben rufen, mit dem die Entwicklung nachhaltiger Strategien und der Aufbau zivilgesellschaftlicher Allianzen gegen Homosexuellen- und Trans*feindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus eine neue Plattform gefunden hat. Fortsetzung folgt!
Unser Part für 2019 ist klar definiert. LSBTI in die Verfassung, Vielfalt und Akzeptanz sichern und fördern sowie rechten Tendenzen und Angriffen auf die Menschenrechte von Minderheiten entgegentreten. Zusammen mit der aufgeschlossenen Mehrheitsgesellschaft in diesem Land.
Möglich macht unsere Arbeit Eure Unterstützung, für die wir uns ganz herzlich bedanken möchten. Und auch fürs neue Jahr bitten wir um Eure ideelle und finanzielle Unterstützung. Macht Euch weiter in Euren Familien, Freund*innen- und Bekanntenkreisen stark für den LSVD und werbt für unsere gemeinsamen Positionen und Ziele.
Unterstützt uns mit Eurer persönlichen Spende und sichert unseren gemeinsamen Wertvorstellungen erhöhte Aufmerksamkeit und Durchschlagskraft. Schon 20, 50 oder 100 Euro können viel bewirken. Spenden ist ganz einfach
und auch online möglich.
SPENDENKONTOLSVD e.V.
Bank für Sozialwirtschaft Köln
IBAN: DE30 3702 0500 0007 0868 00
BIC: BFSWDE33XXX
Jeder Euro hilft.Mit Eurer Spende, leistet Ihr einen starken Beitrag, damit Deutschland auch weiterhin bunt und vielfältig bleibt.
Vielen Dank dafür.
 
 
08.11.18
Algerien, Marokko und Tunesien sind Verfolgerstaaten
Bundestag darf keinen Freifahrtschein für Kriminalisierung von Homosexualität ausstellen
(08.11.2018) Anlässlich der Ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Einstufung Georgiens, der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen
Republik als sichere Herkunftsstaaten erklärt Marion Lüttig, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und
Schwulenverbandes (LSVD):
Die Einstufung der Maghreb-Staaten als sogenannte sichere Herkunftsstaaten wäre eine skandalöse Verharmlosung der
dortigen Menschenrechtslage. Staaten, die Homosexualität kriminalisieren, sind nicht sicher, sondern sind Verfolgerstaaten. Für Lesben und Schwule besteht in allen drei Ländern Verfolgungsgefahr. Sie sind gezwungen, ihre
Homosexualität zu verbergen, da sie andernfalls schwerwiegende Übergriffe und Diskriminierung durch staatliche wie nichtstaatliche Akteure zu befürchten haben. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert den Bundestag auf, dieses Gesetzesvorhaben zu Fall zu bringen.
Erst 2017 hat der Bundestag ein Gesetz zur Rehabilitierung der Opfer des Homosexuellen-Paragraphen 175 auch in der Bundesrepublik verabschiedet. Es wäre fatal, wenn er nun Staaten für „sicher“ erklärt, die ein ähnliches menschenrechtswidriges strafrechtliches Verbot von Homosexualität in ihrer Gesetzgebung haben. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung verstößt gegen geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und stellt Menschenrechtsverfolgungen einen Freifahrtschein aus. Gerade für lesbische, schwule, bisexuelle und transgeschlechtliche (LSBTI) Asylsuchende aus diesen Ländern bedeutet diese Einstufung zudem, dass sie faktisch
von einer fairen Prüfung ihrer Asylgründe ausgeschlossen werden.
LSBTI-Geflüchtete aus „sicheren Herkunftsstaaten“ können sich zwar auf ihre Verfolgung wegen ihrer sexuellen
Orientierung oder Geschlechtsidentität berufen, aber das Verfahren ist so verkürzt, dass sie es schwer haben, die
ihnen drohende Verfolgung geltend zu machen. Sie haben keinen Zugang zu fachkundiger Beratung und ausreichendem Rechtsschutz. Oft wissen Geflüchtete nicht, dass eine Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung oder
Geschlechtsidentität ein anerkannter Fluchtgrund ist.
LSBTI flüchten nach Deutschland aus Ländern, in denen Homosexualität oder Trans/Intergeschlechtlichkeit massiv
geächtet und tabuisiert sind. So ist es vielen zunächst (noch) nicht möglich, offen über ihre sexuelle Orientierung und/oder Geschlechtsidentität und entsprechende Verfolgung zu berichten, wenn es ihre bisherige Überlebensstrategie war, diese gegenüber Dritten geheim zu halten. Ein Coming-out vor fremden Behördenmitarbeiter*innen stellt für sie eine immense Barriere dar. Auch befürchten viele eine Weitergabe ihrer Informationen etwa an das Herkunftsland. Damit für LSBTI faire und qualifizierte Asylverfahren tatsächlich gewährleistet sind, muss diese Ausgangssituation umfassend und kultursensibel kompetent berücksichtigt werden.
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ist ein Bürgerrechtsverband und vertritt Interessen und Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI). Menscherechte, Vielfalt und Respekt – wir wollen, dass LSBTI als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität akzeptiert und anerkannt werden.
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06.11.18
OSZE lässt Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien untersuchen
Auslösung des Moskauer-Mechanismus ist ein wichtiger Schritt für die Aufarbeitung der Taten und Bestrafung der Verantwortlichen

Berlin, 06. November 2018. Auf Druck von 16 Mitgliedsländern, darunter auch Deutschland, hat die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am vergangenen Donnerstag ihren „Moskau-Mechanismus“ ausgelöst, um die bereits im April 2017 bekanntgewordenen schweren, homo- und transphob motivierten Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien aufzuklären. Dazu erklärt Axel Hochrein, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt die Auslösung des „Moskau-Mechanismus“ der OSZE. Es ist
höchste Zeit, dass eine Erkundungsmission entsandt wird, damit die unglaublichen Grausamkeiten, Morde und
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien untersucht, in einem Bericht dokumentiert werden und politische wie
rechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen haben.
Auch der LSVD hatte sich in einem Schreiben an Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, gewandt und um
die Unterstützung Deutschlands bei der Einleitung des Moskauer-Mechanismus gebeten.Deutschland muss weiterhin hartnäckig bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf Aufklärung der Morde, Bestrafung der Schuldigen und sofortigen Stopp der Verfolgung bestehen. Des Weiteren müssen die bislang veröffentlichten schrecklichen Berichte Einfluss auf die Entscheidungen über laufende Asylverfahren haben.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) darf nach Kenntnis der derzeitigen Situation die Asylanträge lesbischer, schwuler, bisexueller und transgeschlechtlicher Tschetschenen nicht ablehnen. Eine Aufforderung, Schutz in
anderen Teilen Russlands zu suchen, ist angesichts der dortigen Menschenrechtslage ebenfalls keine Alternative. Zu groß ist die Gefahr, dass die Familien den Wohnort erfahren, die Geflüchteten dort angreifen oder ermorden.
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Hintergrund
Anfang April 2017 berichtete die russische Zeitung Nowaja Gaseta erstmalig von einer brutalen Verfolgungswelle durch
staatliche Milizen gegen schwule und bisexuelle Männer in Tschetschenien. Danach wurden seit Februar 2017 drei schwule Männer ermordet, über 100 weitere Männer von staatlichen Milizen willkürlich in Geheimgefängnisse verschleppt und dort gefoltert. Dem tschetschenischen Parlamentsvorsitzenden Magomed Daudow wird eine direkte
Beteiligung vorgeworfen. Im April 2018 gab es neue Berichte über anhaltende außergesetzliche Haft und Folter, die sich auch gegen lesbische und transgeschlechtliche Frauen richten. Im Juni 2018 hat auch der Europarat einen detailliert recherchierten Bericht zu den Vorkommnissen veröffentlicht .Die Auslösung des Moskauer-Mechanismus ist die Konsequenz aus der Weigerung russischer Behörden im Rahmen des Wiener Mechanismus zu kooperieren und stattdessen die Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen in der teilautonomen Region Tschetschenien weiterhin zu
verschleppen oder zu behindern.
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ist ein Bürgerrechtsverband und vertritt Interessen und Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI). Menscherechte, Vielfalt und Respekt – wir wollen, dass LSBTI als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität akzeptiert und anerkannt werden.
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