Nachrichten (überwiegend Inlands-Nachrichten) und Pressemeldungen im November/Dezember 2014
 
24.12.2014
Hallo liebe LUSTBLÄTTCHEN-LeseInnen,
 
wir (Das Rosa-Lüste-Team) wünschen Euch ein angenehmes Hineingleiten,
in das Jahr 2015, das aufgrund der derzeitigen sogenannten Weltlage
keinen besonderen Optimismus verheißen kann.
 
Dennoch wünschen wir Euch und uns ein schönes und zufriedenstellendes Jahr 2015.
 
Euer LÜSTBLÄTTCHEN und Rosa-Lüste-Team
 
 
23.12.2014
Vom Stand der Dinge
Wie ist die Lage der Lesben und Schwulen zu Beginn des Jahres 2015. Was ist erreicht und was müssen wir noch für unsere Gleichstellung erreichen?

In den Jahren 2009 bis 2011 hat Jim Rakete exklusiv für das Deutsche Filmmuseum Legenden, Macher und Talente des deutschsprachigen Kinos fotografiert. Entstanden ist die Porträtreihe „Stand der Dinge“, die sich zu einer umfangreichen Schau für die neuen Ausstellungsräume des Filmmuseums entwickelte. Die Schau im Filmmuseum wie der fast gleichnamige Film haben nichts mit unserem Thema zu tun, nur die Überschrift passt. Uns geht es um etwas anderes:
„Wichtig ist, dass wir unsere Komfortzone verlassen“, hat der ARD-Toleranz-Beauftragte gesagt. Im Rahmen dieser Themenwoche fand dann im HR-Fernsehen auch eine Diskussion mit dem selbsterklärten „homophoben“ Matthias Matussek statt. Und der Moderator und Redaktionsleiter Meinhard Schmidt-Degenhard rechtfertigte sich hinterher noch mit dem Satz: „Meines Wissens ist Homophobie nicht zwangsläufig menschenverachtend.“
(Was ist denn dann? js) Aus dieser Komfortzone werden wir gerade gründlich vertrieben: aus dem Glauben, dass wir hinter bestimmte Standards nicht mehr zurückfallen würden.
Mit diesen Sätzen schließt Stefan Niggemeier seine Rede, die er am 1. Dezember 2014 in der Paulskirche in Frankfurt zum Weltaidstag gehalten hat. (Siehe auch S. 15 in diesem Heft). Wir Lesben und Schwulen werden also von Homophoben aus der Konfortzone vertrieben, in der wir uns sicher geglaubt hatten.
Stefan Niggemeier nutzte die ARD-Themenwoche „Toleranz“ um den Stand der Dinge aufzuzeigen.
Über einem schwarzen Mann stand die Frage: „Belastung oder Bereicherung?“ Und über einem sich zärtlich zugewandten Männerpaar die Frage: „Normal oder nicht normal?“
Als das eine Welle von Widerspruch und Empörung auslöste, musste sich ARD-Koordinator Hans-Martin Schmidt rechtfertigen. Er sagte:
„Dass die Kampagne provoziert, war gewollt, wobei der Grad der Provokation sicherlich im Auge des Betrachters variiert. Wichtig ist bei dem Thema ja, dass wir unsere Komfortzone verlassen.“

Der Redner bleibt bei dem Begriff „Konfortzone“ und meint dann:
„Der Begriff passt ganz gut zum heiklen Begriff der „Toleranz“, die ja im Gegensatz zur „Akzeptanz“ ein Gedulden und ein Ertragen von etwas beschreibt, das man eigentlich ablehnt oder einem zumindest unangenehm ist — etwas, das mindestens außerhalb der eigenen Komfortzone liegt.“
Offensichtlich hat man unter den Menschen der „schweigenden Mehrheit“ unterdessen genug davon, sich mit irgendwelchen Andersartigen also auch mit Schwulitäten abzugeben, die man eher hasst. Die „Schweigende Mehrheit“ hat übrigens unter Führung der NPD so langsam begonnen, sich demonstrativ auf den Weg zu machen.
Er lautet auf Homosexuelle bezogen ungefähr so: Ihr habt doch in den vergangenen Jahren schon so viele eurer Forderungen erfüllt bekommen, jetzt gebt auch Ruhe, hört auf, uns mit weiteren Forderungen zu behelligen — und über-haupt: mit eurer Andersar-tigkeit. Die Logik geht ungefähr: Ihr musstet auffallen, um gegen eure Diskriminierung zu protestieren. Nun gibt es keine Diskriminierung mehr, jetzt könnt ihr auch aufhören, aufzufallen. Es ist der Wunsch, mit der weitgehenden Gleichstellung von Homosexuellen würden die Homosexuellen verschwinden. Das ist doppelt falsch. Es ist falsch, weil es so tut, als gebe es keine Diskriminierung mehr. Und es ist falsch, weil der Wille, sich nicht mehr verstecken und verstellen zu müssen, so zentral ist für den Kampf von Lesben und Schwulen — die Sichtbarkeit ist nicht nur Zweck, sondern auch Ziel.
Der Redner Niggemeier trifft mit seinen Beobachtungen den Stand der Dinge und meint:
Über dem Diskurs liegt ein Gefühl von: Jetzt nehmt Euch mal nicht so wichtig. Und: Irgendwann muss auch mal gut sein.
Dahinter formuliert sich auch immer öfter, scheinbar aus der Mitte der Gesellschaft, eine erstaunlich selbstbewusst formulierte Ablehnung von Gleichstellung und Akzeptanz.
Der frühere „Spiegel“-Ressortleiter und heutige „Welt“-Autor Mathias Matussek nennt sich stolz und höchstens viertelironisch „homophob“. Der Katzenkrimi-Autor Akif Pirincci wütet gegen die „Verschwulung“ der Gesellschaft.
Es formiert sich ein Widerstand, besonders massiv in der Frage, wie sexuelle Vielfalt in der Schule behandelt werden soll.
Versuche, Homosexualität nicht nur als Form von Sexualität zu behandeln, sondern als ein Thema, das ganz selbstverständlich in allen Fächern eine Rolle spielt, werden als Versuche der „Sexualisierung“ diffamiert und als Umerziehungsversuch bekämpft.

Die Reden zum Weltaidstag 2014 in der Paulskirche sind absolut lesenswert. JS
 
Gehaltene Reden
http://www.frankfurt-aidshilfe.de/content/veranstaltung-der-paulskirche-das-ende-der-toleranz
Die Reden liegen dort als pdf-Dateien zum Runterladen bzw. Lesen vor und sind auch mit Youtube verlinkt.
Christian Setzepfandt: Das Ende der Toleranz und der Weg zur Akzeptanz
Stefan Niggemeier: Raus aus der Komfortzone
Margarete von Galen: Rechtsentwicklung zur Prostitution - Bevormundung und Kontrolle
Herbert Gschwind: Rückkehr der Scham?
Es lohnt sich, diese Texte zu lesen bzw. über Youtube anzuhören.
 
21.12.2014
Hallo liebe LUSTBLÄTTCHEN-LeseInnen,
wir (Das Rosa-Lüste-Team) wünschen Euch zum Tannenbaumfest schöne und geruhsame Tage des Entspannens und der Nachdenklichkeit.
Euer LÜSTBLÄTTCHEN und Rosa-Lüste-Team
 
 
18.12.2014
Verbrechen aus Hass wiegen immer gleich schwer
Regierungsentwurf für Hasskriminalitätsgesetz ist diskriminierend
Der Rechtsausschuss führt am 17.12.2014 eine Anhörung zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung durch, mit dem „rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende“ Ziele des Täters als Strafzumessungsgrund in der Strafzumessungsregel des § 46 StGB besonders hervorgehoben werden sollen. Dazu erklärt Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) erachtet den Gesetzentwurf der Bundesregierung für unzureichend.
Wir begrüßen es zwar ausdrücklich, dass rassistische Motive nun explizit benannt werden sollen. Es ist jedoch völlig unverständlich, dass anderen Formen der Hasskrimi-nalität im Gesetzentwurf mit der Sammelrubrik „sonstige menschenverachtende“ Motive unsichtbar gemacht werden.
So wird alltägliche Gewalt gegen Lesben, Schwule und Transgender nicht bekämpft, sondern tabuisiert und fortgeschrieben.
Der Katalog der Hassdelikte, der seit 2001 vom Kriminalpolizeilichen Meldedienst für die Erfassung politisch motivierter Kriminalität verwandt wird, hat sich bewährt und sollte übernommen werden.
Dort wird Hasskriminalität definiert als alle Straftaten, die „sich gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszuge-hörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status richten“.
Wenn man aus dem Katalog nur einzelne Kriminalitätsformen herausgreift, wird von der Bundesregierung signalisiert, dass sie die anderen Formen grup-penbezogener Menschenfeindlichkeit für nicht so gravierend hält. Doch Verbrechen aus Hass wiegen immer gleich schwer.
Wir erleben immer wieder, dass die Polizei bei Straftaten gegen Lesben, Schwule und Trans-gender nur den Tathergang ermittelt, aber sich nicht bemüht, aufzuklären, welche Beweggründe die Täter veranlasst haben, Lesben, Schwule und Transgender als Opfer auszusuchen.
Auch die Staatsanwaltschaften nehmen solche Straftaten oft nicht ernst und verweisen die Opfer von Beleidigungen, tätlichen Beleidigungen und Sachbeschädigungen auf den Pri-vatklageweg.
Ein Gesetz, das Homo- und Transphobie klar benennt und verurteilt, würde in den Behörden zu mehr Sensibilisierung und Unterstützung für die Betroffenen führen.
Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen weist mit seinem inklusiven Ansatz in seinen Regelungsvorschlägen zu den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) und zu § 130 StGB in die richtige Richtung.
Es ist deutlich wirksamer, wenn Kriminalität aus gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit umfassend angegangen werden soll.
http://www.lsvd.de
 
03.12.2014
EuGH: Von homosexuellen Asylbewerbern darf kein sofortiges Coming-out verlangt werden
Bei ihrer Befragung muss ihre Intimsphäre gewahrt werden
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat heute eine für die deutsche Asylpraxis wichtige Entscheidung verkündet (Rechtssache C-148/13, C-149/13 und C-150/13). Dazu erklärt Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):
Homosexuelle Asylsuchende werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den Verwaltungsgerichten als unglaubwürdig abgelehnt, wenn sie sich nicht sofort bei der ersten Befragung als homosexuell outen. Vielen lesbischen und schwulen Flüchtlingen ist es aber wenige Tage nach ihrer Ankunft in Deutschland (noch) nicht möglich, offen über ihre sexuelle Identität und entsprechende Verfolgung zu berichten. Ein Outing vor fremden Mitarbeitenden in Behörden stellt für diese Menschen eine immense Barriere dar. Wenn sie aber den eigentlichen Fluchtgrund erst später vorbringen, wird das nicht selten als „gesteigertes Vorbringen“ abgetan, d. h. den Flüchtlingen wird vorgehalten, sie hätten diese Gründe bereits in der ersten Anhörung mitteilen können (und müssen); der neue Vortrag sei unglaubhaft.
Dieser Praxis hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EuGH) heute einen Riegel vorgeschoben. Er hat klargestellt, dass die Asylbehörden die Aussagen von homosexuellen Asylsuchenden nicht allein deshalb als unglaubwürdig werten dürfen, weil sie ihre sexuelle Ausrichtung nicht sofort als Verfolgungsgrund geltend gemacht haben.
Außerdem hat der EuGH Befragungen, die die Intimsphäre der Asylbewerber verletzen, verboten.
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Damit wird endlich eine missbräuchliche Praxis der deutschen Asylbehörden und Verwaltungsgerichte beendet, der bisher immer wieder vergeblich gerügt worden ist.
 
Hintergrund
Drei Männer hatten vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt, nachdem ihre Anträge auf Asyl in den Niederlanden abgewiesen wurden. Die von den Antragstellenden angegebene homosexuelle Identität wurde von den zuständigen Behörden als unglaubhaft abgelehnt.
Urteil des Europäischen Gerichtshofs
http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2014-12/cp140162de.pdf
Asylrecht für Lesben und Schwule
http://www.lsvd.de/recht/andere-rechtsgebiete/asylrecht.html
LSVD-Bundesverband
Hauptstadtbüro
http://www.lsvd.de
 
30.11.14
Welt-AIDS-Tag: Aufklärung darf nicht nachlassen
Prävention muss weltweit an der Lebenswelt der Menschen ansetzen
Anlässlich des Welt-AIDS-Tages am 01. Dezember 2014 erklärt Axel Blumenthal, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) gedenkt anlässlich des Welt-AIDS-Tages den vielen Millionen Menschen, die den Kampf gegen die Immunschwächekrankheit verloren haben. Zugleich gilt es Solidarität und Unterstützung mit HIV-positiven und an AIDS erkrankten Menschen zu zeigen. Es ist erschreckend, dass es nach wie vor Menschen gibt, die aus Unwissenheit oder Vorurteilen HIV-Positiven oder an AIDS erkrankten Menschen etwa nicht die Hand geben wollen. Die meisten Menschen können heute in Deutschland aufgrund der medizinischen Fortschritte und Versorgung auch mit einer HIV-Infektion ein selbstbestimmtes Leben führen und in jedem Beruf arbeiten. Tabuisierung, Diskriminierung und Stigmatisierung sind folglich fehl am Platz.
Dennoch ist jede Neuinfektion eine Infektion zu viel. Zielgruppengerechte Aufklärung und Prävention bleiben weiterhin unabdingbar. Dazu gehört selbstverständlich eine Aufklärung an Schulen, die auch nicht-heterosexuelle Menschen anspricht und informiert. AIDS-Prävention muss mit der Stärkung schwuler und bisexueller Männer und ihrer rechtlichen und gesellschaftlichen Gleichberechtigung einhergehen. Je offener Menschen mit ihrer sexuellen Identität umgehen können, desto reflektierter setzen sie sich mit Präventionsanforderungen auseinander.
Doch der Kampf gegen HIV und AIDS ist ein weltweiter Kampf. In vielen Staaten stehen HIV-positiven und AIDS erkrankten Menschen die medizinischen Fortschritte nicht zur Verfügung. Deutschland muss sich daher im Zuge seiner Entwicklungszusammenarbeit daran beteiligen, dass der Zugang zu Informationen, Kondomen und Gesundheitsversorgung für alle gesichert ist.
Ein Engagement gegen HIV und AIDS ist ohne den Kampf gegen die Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen nicht möglich. Die Deutsche Bischofskonferenz hat betont, dass HIV / AIDS auch eine Realität innerhalb der Kirche ist und der Kirche daher eine entscheidende Rolle im Kampf gegen HIV und Aids zukommt. Nimmt sie diese Rolle ernst, dann muss für eine Sexualmoral einstehen, die an der Realität der Menschen ansetzt und nicht an moralischen Dogmen. Eine erfolgreiche HIV-Prävention meint nicht die Propagierung von Enthaltsamkeit, sondern Aufklärung über die Übertragungswege, Zugang zu Kondomen und die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Sexualität.
Der Einsatz gegen HIV / AIDS muss daher auch ein Einsatz für die Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern sein.
LSVD-Bundesverband
Hauptstadtbüro
http://www.lsvd.de
 
29.11.2014
Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg
Mehr als 30 Organisationen verabschieden Klaus Wowereit feierlich
Lesben- und Schwulenverband sammelt Dankesgrüße
Die feierliche Verabschiedung von Klaus Wowereit am 10. Dezember 2014 im Roten Rathaus unterstützen Vertreterinnen und Vertreter von über 30 Berliner Organisationen und Initiativen. Mit einem Meer aus Regenbogenflaggen soll Klaus Wowereit als Regierender Bürgermeister unter dem Motto „Danke Wowi! Berlin ist und bleibt bunt.“ verabschiedet werden. Der anschließende Sektempfang wird von der NH Hotel Group Berlin gesponsert.
Der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) sammelt bis 4. Dezember 2014 um 12 Uhr Dankesgrüße. Organisationen, aber auch Privatpersonen können Ihre Dankes- und Abschiedsgrüße an Klaus Wowereit an joerg.steinert@lsvd.de senden. Jede Organisation kann eine eigene A3-Seite gestalten. Bilder und Grafiken sollten eine größtmögliche Auflösung (300 dpi auf A3) haben. Die Grüße werden Klaus Wowereit in Form eines Buches am 10. Dezember überreicht.
Mittwoch, 10. Dezember 2014, 16.00 Uhr
Feierliche Verabschiedung „Danke Wowi! Berlin ist und bleibt bunt.“Foyer des Roten Rathauses, Rathausstraße 15, 10178 Berlin.
http://www.berlin.lsvd.de
 
 
27.11.14
Finnland öffnet die Ehe, Deutschland schaut weiter zu
Gleichstellung ist eine zentrale Antwort auf Homophobie

Das finnische Parlament hat heute die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ermöglicht. Dazu erklärt Axel Hochrein, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) gratuliert Finnland zu seinem Votum für gleiche Rechte, Vielfalt und Respekt. Während in Deutschland die Union mit Bauchgefühlen Diskriminierung legitimiert und es der SPD an Durchsetzungsvermögen fehlt, hat Finnland sich dazu entschieden, Lesben und Schwule nicht weiter als Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse zu behandeln.
Deutschland fällt derzeit bei der Gleichberechtigung gegenüber anderen westlichen Ländern noch weiter zurück. Gerade angesichts der neuen homophoben Mobilisierung ist es bestürzend, dass in der Bundespolitik Stagnation bei der Gleichstellung stattfindet. Denn die demokratische Antwort auf die homophobe Mobilisierung muss heißen: Öffnung der Ehe. Denn nur so kann eine Bundesregierung den homophoben Ideologien der Ungleichwertigkeit glaubwürdig entgegentreten. Der finnische Ministerpräsident Alexander Stubb betonte zu Recht, dass die Eheöffnung eine Menschenrechtsfrage ist: „Das ist eine Frage der Menschenrechte, der Geschlechtergleichstellung und der Gleichbehandlung“, so Stubb.
Die Eingetragene Lebenspartnerschaft hat viel gebracht, sie war ein gesellschaftlicher und rechtlicher Erfolg, aber sie ist letztlich doch ein Übergangskonstrukt. Die Zeit ist längst reif für die Öffnung der Ehe. Denn nur so wird zum Ausdruck gebracht: Für lesbische Bürgerinnen und schwule Bürger darf real wie symbolisch kein minderes Recht gelten. Der Bundesrat hat es mit seinem Entschluss vom März 2013 vorgemacht, wie gleiche Rechte auch in Deutschland realisiert werden können: Öffnung der Ehe durch Änderung von Paragraph 1353 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Die Abstimmung im finnischen Parlament war vom Fraktionszwang freigegeben. Wir erwarten, dass die SPD aus der Erfahrung von einem Jahr in Koalition mit der blockierenden Union und absolut keinen Fortschritten bei der Gleichstellung, darauf hinwirkt, dass auch in Deutschland die Abstimmung über die Eheöffnung frei gegeben wird. Die Mehrheit im Parlament ist dazu da.
Wir wollen keine Sonderrechte, sondern Gleichstellung. Das ist eine zentrale Antwort auf Homophobie.
LSVD-Bundesverband
Hauptstadtbüro
http://www.lsvd.de
 
14. November 2014
Gesetzesentwurf zu Hasskriminalität macht Homo- und Transphobie unsichtbar
Alltägliche Gewalt gegen Lesben, Schwule und Trans* muss Berücksichtigung finden
Bundesjustizminister Heiko Maas hat einen Gesetzentwurfs gegen Hasskriminalität (Drucksache 18/3007) vorgelegt, mit dem das Strafgesetzbuch geändert werden und auf die Tatmotive Bezug genommen werden soll. Anlässlich der heutigen ersten Lesung im Bundestag erklärt Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):
Ein Gesetzentwurf zur Hasskriminalität, der Homophobie und Transphobie totschweigt, ist diskriminierend. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) kritisiert den Gesetzentwurf der Bundesregierung als unzureichend und erwartet Nachbesserung durch das Parlament. Wir begrüßen, dass „rassistische“ Motive nun explizit im Strafgesetzbuch benannt werden sollen. Völlig unverständlich ist aber, warum der neue Gesetztest ebenfalls häufig vorkommende Motive für Hasskriminalität, wie Homophobie und Transphobie, nicht beim Namen nennen will, sondern in die Sammelrubrik „sonstige menschenverachtende“ Motive abschiebt.
Alle Erfahrung zeigt: Wenn homo- und transphobe Hasskriminalität nicht ausdrücklich genannt ist, finden diese Beweggründe in der Praxis der polizeilichen Ermittlungen und strafrechtlichen Bewertung zu wenig Beachtung. Das gilt auch für die Aus- und Fortbildung. Ein Gesetz gegen Hasskriminalität, dass alle Erscheinungsformen klar benennt, würde zu mehr Sensibilisierung in Polizei und Justiz führen und damit auch die Opfer dieser Straftaten ernst nehmen.
Täter, die aus Hass auf Schwule, Lesben oder Transgender zuschlagen, zielen darauf, diese aus dem öffentlichen Raum in die Unsichtbarkeit zu treiben. Es ist ein fatal falscher Weg, wenn nun die Bundesregierung ihrerseits Homophobie und Transphobie tabuisiert und unsichtbar macht.
Eine konsequente Bekämpfung von Gewalt darf sich zudem nicht in Strafverfolgung erschöpfen, sondern erfordert Präventionsmaßnahmen. Der von der Bundesregierung versprochene Aktionsplan gegen Homophobie muss endlich angegangen werden. Eine freie Gesellschaft muss allen Menschen garantieren, jederzeit an jedem Ort ohne Angst und Anfeindung verschieden sein zu können.

Hintergrund
Gewalt gegen Lesben, Schwule und Transgender gehört immer noch zum Alltag. Das bestätigen Überfalltelefone, Polizeistatistik und Medienberichte. Homo- und transphobe Gewalt richtet sich jedoch nicht nur gegen Lesben, Schwule oder Trans*, sondern auch gegen all jene, denen eine Zugehörigkeit zu dieser gesellschaftlichen Gruppe zugeschrieben wird.
 
 
12. November 2014
Stärkung von Lesben und Trans* in Subsahara-Afrika
Ein Projekt in Botswana, Sambia, Namibia, Simbabwe und Südafrika
Vortrag von Uta Schwenke, LSVD-Bundesvorstand
Wie lässt sich die Handlungsmacht von lesbischen, bisexuellen und transidentischen (LBT) Menschenrechtsverteidigerinnen in Subsahara-Afrika stärken und ihre politische Strategien bündeln? Wie können internationale Menschenrechtsstandards und eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von LBT unterstützt werden? Das Projekt „Allianzenbildung“ hat dazu ein Konzept entwickelt. Ziel des vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützten Projekts ist das Empowerment und überregionale Vernetzung mit Fokus auf die Länder Botswana, Sambia, Namibia, Simbabwe und Südafrika.
Uta Schwenke betreut für den LSVD/Hirschfeld-Eddy-Stiftung das Projekt, hat den Kick-off in Johannesburg besucht und stellt das Projekt und die laufende Arbeit vor. Dabei gibt sie einen Überblick über die Heraus- und Anforderungen für die Projektpartnerinnen vor Ort, aber auch für die Betreuung von Deutschland aus.
Das Projekt wurde zusammen mit der Coalition of African Lesbians (CAL) entwickelt und wird von CAL als Projektpartnerin über drei Jahre vor Ort durchgeführt. Initiiert wurde es vom LSVD / Hirschfeld-Eddy-Stiftung und zusammen mit filia.die frauenstiftung auf den Weg gebracht.
Wann: Bochum, Freitag, den 21. November 2014, 18.30 Uhr
Wo:
Ottilie-Schoenewald-Weiterbildungskolleg Mensa, Wittener Str. 61, 44789 Bochum, Eintritt frei.
Eine Veranstaltung in Kooperation mit EXILE, der LAG-Lesben in NRW, dem LSVD NRW und der Rosa Strippe e.V, im Rahmen der Reihe „Crossings and Alliances“ der Hirschfeld-Eddy-Stiftung: http://www.hirschfeld-eddy-stiftung.de/vernetzung/crossings-alliances/
 
 
11. November 2014
Bedford-Strohm: Moderner Theologe mit Durchsetzungskraft
Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e.V. zur Wahl des neuen
EKD-Ratsvorsitzenden
Die Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche beglückwünscht den Bayerischen Landesbischof Bedford-Strohm zu seiner Wahl als Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Der neue Vorsitzende gilt als offen und dialogfähig. In heißen Debatten des Jahres 2013 stellte er sich hinter die von der EKD veröffentlichte Orientierungshilfe "Zwischen Autonomie und Angewiesenheit – Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken". Darin bezeichnet die evangelische Kirche erstmals homosexuelle Beziehungen als
"gleichwertig" mit heterosexuellen Ehen. „Die Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche erwartet vom neuen Ratsvorsitzenden, dass er sich künftig für die volle Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans-Menschen und Intersexuellen in der Kirche einsetzen wird“, sagt Markus Gutfleisch, Sprecher der HuK.
Bis diese verwirklicht ist, sind auch in den Evangelischen Landeskirchen noch manche Baustellen zu bewältigen. Eine davon betrifft die Situation der Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans-Menschen und Intersexuellen, die im kirchlichen Dienst arbeiten.
Als Bayerischer Landesbischof trug Bedford-Strohm dazu bei, dass schwule Pfarrer und lesbische Pfarrerinnen grundsätzlich mit Partner/Partnerin im Pfarrhaus leben dürfen. Allerdings unterliegt dies in der
Bayerischen Lan-deskirche nach wie vor einer diskriminierenden Einzelfallprüfung. Hier muss der Bischof in seiner eigenen Kirche nachsteuern.
Christliche Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-Menschen und Intersexuelle sehen in der Evangelischen Kirche Deutschlands einen Partner, der sich in den letzten 20 Jahren deutlich zu mehr Akzeptanz bewegt hat. Viele Landeskirchen haben neue theologische Erkenntnisse aufgegriffen. Dieser Weg muss weitergehen. Im Dialog
mit katholischen und orthodoxen Christinnen und Christen dürfen sich die Protestanten nicht wegducken. Auch weltweit ist der Einsatz der evangelischen Kirche für die Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans-Menschen und Intersexuellen dringend gefragt. Leider beruft sich die Verfolgung bestimmter Personengruppen nicht selten auf angebliche religiöse Grundlagen.