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Liebe LeserInnen der Sommer-LUST!

Unter uns
Sommeranfang ist, und die Sommer-LUST ist auf dem Rechner fertig. Leider eine Woche später als ich versprochen hatte, aber eben doch noch im Rahmen. Am Wochenende drucke ich sie, dann wird sie verschickt und gleichzeitig muss ich schon das regionale Juli-LUSTBLÄTTCHEN machen. Hat man denn nicht mal ein Wöchlein Zeit für ein bisschen Rumfaulenzen in seiner Rentnerzeit?

Viele Termine lasse ich mir entgehen, für die ich angeblich Zeit hätte, als Rentner, so hatte ich mir das vorher gedacht. Aber so ist es nicht.

Ich lese gerade, dass die Bundeswehr zum Überwachen eines Genfeldes eingesetzt wurde. Verdammt noch mal, in was für einem Staat leben wir denn eigentlich? Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist doch gesetzlich gar nicht möglich. Welche Signale senden denn da Schäuble und Jung in die Bevölkerung? Und das für ein Gen-Mais-Feld.
 
Und Genprodukte lehn die Bevölkerung mehrheitlich ab. Soll dafür die Bundswehr im Inneren eingesetzt werden, und durchzusetzen, was die Bevölkerung nicht will und was gesetzlich auch verboten ist? Dann der Bundeswehreinsatz mit Tornados gegen die Demonstranten. Der Staat hat doch das Grundrecht der Demonstration zu schützen. Oder irre ich mich da?

Und da ist es schon schwer erträglich, wenn Demonstranten nicht den Verursachern dieses Protestes ihre Schilder und Reden zukommen lassen können, sondern den Bäumen neben den Feldwegen. Und wenn man in einer Innenstadt demonstriert, ist es noch schwerer erträglich, dass sich Polizisten, wie beim Zugang zum Kundgebungsplatz in Rostock geschehen, in einer Weise verhalten, die deutlich macht, dass sie hier nicht das Grundrecht des Demonstrierens schützen.

Nazis überfallen Schauspieler und die Polizei guckt zu und verhaftet die selbsternannten Wächter von No-Go-Areas nicht. In welchem Staat leben wir denn? Gnauer: Wohin bewegt sich denn dieser Staat?

Kann ich noch unbefangen diese Kritik an diesen Entwicklungen zum Ausdruck bringen, oder werde ich deshalb schon observiert? Forscht jemand schon über das Internet auf meinem Rechner nach, vielleicht weil ich mich schon öfter gegenüber solchen Vorgängen kritisch äußerte?
 
Wie sieht es denn mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit aus, wenn man eine andere als die erwünschte Meinung äußert?

In vielen osteuropäischen Ländern kann man von Menschenrechten für Lesben und Schwule (für andere auch) nicht sprechen. Und von der demokratischen Selbstbestimmung, was die frei gewählte Partnerschaft und Lebensführung auch nicht. Schon gar nicht von einer demokratischen Teilhabe an den gesellschaftlichen Prozessen im jeweiligen Lande. Vor allem scheint es so zu sein, dass die Trennung zwischen Staat und Religion, ein wichtiger Pfeiler von Demokratie, nicht deutlich eingehalten wird, bestenfalls organisatorisch.
 
Das ist ja auch bei uns auch noch nicht so richtig durch, und es ist auch noch nicht so lange her, dass homosexuelle Menschen hier eher bekämpft wurden.

Das alles geht mir leider durch den Kopf, wenn ich über die Ereignisse nachdenke, die in der letzten Zeit passiert sind und die sich daher auch in dieser Ausgabe der LUST niederschlagen.
Kann man denn zum Sommeranfang 07 nicht auch andere, schönere und sommerliche Gedanken haben?

Doch sicherlich. Die Zeit der CSDs ist im Gange, die Homosexuellen und ihre Rechte sind in die Diskussion um Menschenrechte in den osteuropäischen Staaten geraten und da werden wir bzw. unsere osteuropäischen Freunde möglicherweise auch für andere Ziele funktionalisiert.

Unsere Kritik an den Zwillingen in Polen hat nichts mit Ausländer- oder Polenfeindlichkeit zu tun, sondern mit unserer grundsätzlichen Kritik an Zuständen, die unseren homosexuellen Freunden in anderen Ländern das Leben schwer machen.

Ich freue mich schon auf den Frankfurter CSD mit seiner Solidarität mit den polnischen Lesben und Schwulen. Aber vorsicht, dass nicht auch wir für eine deutsche Politik funktionalisiert werden, die vielleicht auch nicht so leicht durchschaubar ist.

Immerhin, ein „nationales Mahnmal“ für die homosexuellen Naziopfer, besonders „Die Männer mit dem Rosa Winkel“ wird realisiert. Der deutsche Staat hat so die Möglichkeit, sich öffentlich von der staatlichen Verfolgung homosexueller Menschen zu distanzieren.

Das wird auch nicht dadurch unterlaufen, dass die EMMA-Herausgeberin bei diesem Mahnmal an schwulen Klappensex denken muss, denn das hat eher etwas mit ihrer eigenen Phantasie zu tun und ihrer antischwulen und politischen Haltung und nicht mit dem Denkmal.

Mag sein, dass diese LUST-Ausgabe in diesen politisierten Zeiten auch etwas politischer ist als andere Ausgaben, das macht aber auch ihre Aktualität aus.

Wir, die LÜSTLINGE, wünschen Euch eine „heiße“ Sommerzeit und die LUST, Euch ein bisschen wohl fühlen zu können und Euch auch, z.B. beim CSD, gesellschaftspolitisch einzubringen.

Euer Joachim von der LUST
(joachim-schoenert@lust-zeitschrift.de)