- Grußwort zur 60. LUST, zur
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83. LUST und 3. LUSTBLATT,
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- Liebe LeserInnen der 94. Print-LUST, Frühling
08
Unter uns gesagt ...
Na also, jetzt ist Frühlingsanfang und Ostern und wir zittern
eher im kalten Regen oder im Hagel, als dass wir draußen
mit Frühlingsgefühlen Ostereider suchen.
Übers Wetter zu schimpfen, das macht sich immer gut, weil
man dabei mit viel Zustimmung rechnen kann.
Hoffen wir, dass es bei der kommenden, der Sommerausgabe dann
doch etwas wärmer ist.
Der Weltfrauentag hat uns auch in diesem Jahr dazu angeregt,
eine Bestandsaufnahme der Frau-enpolitik und der Frauenbewegung
zu machen, obwohl, so richtig Neues gibts da nicht.
Der Leitartikel in dieser Frühlingslust ist auch der längste
Artikel, aber das Thema war es uns einfach wert, hier doch etwas
genauer hinzuschauen.
Wie oft benutze ich zum Beispiel das Wort normal
gedankenlos im positiven Sinne, dabei ist mit der Festlegung
von Normalität die Ausgrenzung von dem Unnormalen verbunden.
Das ist einer der vielen Bereiche, die der Leitartikel belegt
und behandelt. Es geht um die gesellschaftliche Konstruktion
des Körpers, also eines Zusammenhangs, von dem uns immer
vermittelt wird, dass die Körperlichkeit, die Weiblichkeit
und die Männlichkeit, dass das alles zusammen eher biologischen
Ursprungs ist, weshalb man da auch gar nichts machen kann. Und
all die, die als unnormal bezeichnet werden, haben eben Pech.
Das müssen wir, denke ich, uns nicht gefallen lassen, zumal
solche Auffassungen nicht mal wissenschaftlich begründet
sind, sondern politisch oder religiös.
Ganz besonders perfide kommt es mir vor, wenn im Zusammenhang
des Organhandels rein Marktwirtschaftlich argumentiert wird,
dass der Körper das Eigentum des Menschen ist, der ihn deshalb
auch stückweise verkaufen dürfe. Dies trifft dann ganz
besonders auf arme Menschen zu, die so versuchen, ihr Leben zu
verbessern.
Also über das alles geht es in dem langen Leitartikel, für
den auch das Titelblatt steht. Das Ausschlachten von Menschen
lässt mich überleiten zu einem anderen Thema, nämlich
zu den Ostermärschen.
Dass das Recht auf Kriegsdienstverweigerung (das Recht eines
jungen Mannes, sich nicht in Situationen zu begeben, wo er verstümmelt
oder getötet werden kann oder er das mit anderen machen
soll) dieses Recht hat in der gängigen Rechtsprechung nichts
mit einem Menschenrecht zu tun, sondern mit einem Gewissenskonflikt,
den man dann haben kann, wenn man religiöse Vorbehalte hat.
Ist man nun gar nicht religiös wie ungefähr 40% unserer
Bevölkerung, dann wird es auch sehr schwer, das Überprüfen
eines Gewissenkonfliktes zu bestehen.
Die Lesben- und Schwulenszene kennt Solidarität und Teile
der Szene haben den Anspruch, Bewegung zu sein. Gibt es für
diesen Anspruch eine Rechtfertigung, gibt es Ziele, die erreicht
werden sollen und gibt es dazu eine Strategie und eine Taktik?
Mit diesem Thema beschäftigen wir uns in dieser Ausgabe
der LUST, indem wir auch selber Vorschläge zu den Zielen,
der Strategie und der Taktik machen. Dieses Thema war eigentlich
nicht für diese Ausgabe vorgesehen, aber es drängte
sich uns förmlich auf, angesichts von Diskussionen in und
außerhalb unserer Szene.
Was könnte eigentlich die Homo-Ideologie sein,
von der von evangelikalen und auch, wie man sieht, von katholisch-fundamentalisitischen
Kreisen schwafelt. Sie vernichtet angeblich ganze Staaten, wo
sie Einfluss gewinnt und ist gefährlicher als der islamische
Terror.
Das verbreiten solche Leute, die uns ständig demütigen,
beleidigen, niedermachen und diese ihre men-schenrechtsfeindliche
Ideologie und ihr moralistische Eifern auf ihren Gottesglauben
als Rechtfertigung abwälzen.
Nicht in diese Ausgabe der Zeitschrift LUST haben wir einen Kommentar
zur Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst und die
Mogelpackung des Abgebotes von 5% von Innenminister Scheuble.
Der Tarifvertrag soll auf 2 Jahre festgelegt werden, das heißt
also, wenn wirklich 5% vorgesehen wären, dann wären
das pro Jahr nur 2,5%. Dies würde nicht einmal die Preissteigerungen
ausgeglichen. Entscheidend wäre der Zeitpunkt, wann diese
5% gezahlt werden sollen. Und da bieten die Arbeitgeber tatsächlich
ab Februar nur 2,5% an.
Alle Medien, die von 5% schwadronieren, nehmen also am Rosstäuschertrick
des Innenministers Scheuble teil. Im Oktober käme dann noch
1% dazu und im März nächsten Jahres 0,5%. Selbst wenn
man diese Prozentzahlen nun tatsächlich zusam-menzäht,
als gelte dies von Anfang an, kommt man nicht auf 5%. Gleichzeitig
soll ohne Lohnausgleich die Arbeitszeit angehoben werden, und
zwar ab Juli um eine halbe Stunde und ab Januar 09 um eine weitere
halbe Stunde.
Also Schwindel wohin man schaut. Soll man deshalb nirgendwo mehr
hinschauen, damit man im Frühjahr optimistisch sein kann,
trotz des Wetters?
Viele Frühlingsgefühle wünschen wir Euch,
Euer Joachim von der LUST
- (joachim-schoenert@lust-zeitschrift.de)